noch als echter, voller Quattrocentist, obgleich seine Kunstthatigkeit dem Datum nach (bis 1513) ins 16. Jahrhundert hinüberreichte. Sowie uns die Fresken von Benozzo Gozzoli in der Cappella Riccardiana in Florenz unter dem Przltext der heiligen Reise der drei Könige eine mediceische Hofcavalcade in ihrer ganzen festlichen Entfaltung aufweisen, so zeigen uns die Fresken der Dombibliothek von Siena das ganze Um und Auf der clericalen Prachtreprasentation jener Tage. Der Vortrag wies darauf hin, wie erst die hohe Kunst des Cinquecento das richtige Maß und Gleichgewicht der Compusition, der Oekqnotnie in der Anordnung fand; in der Verwendung des Details wurde das Wesent- liche von dem Zufälligen und Entbehrlichen geschieden, und nur so viel Beiwerlt zu- gelassen, als zur Versinnlichung der Situation dienlich schien. Die Darstellungsweise der Fruhrenaissance war noch nicht wählerisch in ihrer Composition, sie hielt sich der Er- scheinung der Dinge gegenüber für verpflichtet, bis in die letzte Einzelheit hinein. Und eben wegen dieser freudigen Treue der Wiedergabe haben die Quattrocentobilder - namentlich die cyklischen Darstellungen - trotz aller naiv-liebenswürdigen Mangel in der Losung der Hauptaufgabe eine urkundlich culturgeschichtliche Bedeutung ohne Gleichen. Dies gilt ganz besonders von dem sienesischen Bildercyklus Pinturicchios Der Vortrag gruppirte nur probeweise die reiche Ftllle seines Details. Einmal linden wir da vorzß liche Muster von decorativer Kleinarchitektur und Tektonik. So auf dem sechsten Bild (gAeneas Sylvius erhalt den Cardinalshut) das Modell eines edel stilisirten Altars im reinsten Quattrocentostil; dann auf dem zweiten, dritten, vierten und neunten Wand- gemälde verschiedene Typen von Thronen, theils mehr decorativ, theils feierlich- monumental, als gebaute Kathedren. Auch die Textrie ist reichlich bedacht; an Pracht- teppichen ist kein Mangel; die Staattgewander in reicher Musterung und Goldbrocat - namentlich jenes von Kaiser Friedrich lll. bei der Dichterkrönung des Aeneas Silvius (3. Bild) und bei der Verlobung mit Eleonore von Portugal vor der Porta Camullia Siena's - sind Preisstnclte der Kunstindustrie. Dazu kornmen als exquisite Beispiele von Bildstickerei auf dem siebenten Wandgemälde (Aeneas Sylvius zum Papst erhoben) die Kapuzen der Vespermantel der Bischbfe mit Heiligenbildern. Nicht zu übersehen sind die Tapetenmuster, die sich gelegentlich auf jenen Fresken vorfinden; so das Dessin in der Thronnische von Bild 4, jenes von dem Antipendium des Altars auf Bild 6, und ganz besonders die Tapete der Hinterwand mit dem reichen moresken Muster aul Bild 9 (Canonisation der Katharina von Siena). Auch die eigentliche Tapezierdecoration meldet sich in den Baldachinen mehrfach an, ebenso die Heraldik und Wappenstilisirung, dazu kommt das malerische Behagen in der sorgsamen Detaillirung des Costums, in der exacten Behandlung der Waifen, der Lanzen und Hellebarden. Und wo wieder Bücher zum Requisit der Scenerie geboren - wie auf dem achten Bilde (Concil zu Mantua) - ist die Kalligraphie der Codcxschrift mit den schönen Initialen nicht minder gewissen- haft wiedergegeben. Der Vortragende wollte durch die Anführung dieser interessanten Details nur schließlich darauf hinweisen, wie neben so vielen Gemalden der Quattro- centisten besonders dieser monumentale Bildercyklus eine lehrreiche, gemalte Urkunde und Illustration für die Kleinkünate jener reichen Zeit abgibt. Literatur - Bericht. Prinz Eugen von Savoyen als Kunstfreund. Von Albert Ilg. Wien, Karl Graeser, 188g. 8". 46 S. 60 kr. Dieses Schriftchen ist die Wiedergabe eines Vortrages, welchen der Autor vor Kurzem im Oesterr. Museum hielt, und um der Persönlichkeit willen, welchem derselbe galt, heißen wir die rasche Veröffentlichung desselben willkommener denn je. Wir werden darin zunächst über zwei Punkte belehrt: wie viel noch in unserer heimischen Kunstgeschichte zu arbeiten ist, wenn einer der größten Kunstfürderer, welchen. Oester- reich jemals besaß, noch keine erschöpfende Würdigung dieser Seite seines Lebens gea funden hat, und zweitens, welchen großen Schwierigkeiten eine solche Arbeit bei uns in Folge früherer Vernachlässigung und Scnrtirung der Archivnlien unterliegt. Albert llg, dessen rastlosem Eifer wir bereits so mannigfache Ehrenrettung bezüglich der vaterlnn- dischen Kunstgeschichte verdanken, hat nun auch die angedeutete Lücke ausgefüllt, wenn- gleich vorerst blos provisorisch, so doch in einer Weise, dass wir ihm selbst wider- sprechen müssen, wenn er sein Gemälde von Eugens Bedeutung für Oesterreichs Kunst- geschichte nur eine magere Skizze ohne Details und Farben nennt. lm Gegentheile ist seine Brochure eine sehr lehrreiche und mit Begeisterung geschriebene Schilderung jenes Theiles von der Biographie des Prinzen Eugen, welche bisher über seinen militärischen und politischen Verdiensten zu sehr in den Hintergrund gedrängt war. Wir erhalten hier