39 setzungen die Zwecke der Kunstgewerbeschule direct und indirect auch in der Volks- schule ihre Berücksichtigung finden können, ware nicht geradezu auszuschliessen. Warum sollte es nicht möglich sein, in Stadten, wo sich sogenannte Fachschulen befinden (und diese befinden sich denn doch nur dort, wo eine bestimmte Hausindustrie gepflegt wird), derlei Fachschulen mit den oberen drei Classen einer acht-_ classigen Volksschule in Verbindung zu bringen? tt- und xzjahrigen Knaben kann man schon zumuthen, dass sie ausser ihren Schulstunden gewisse technische Fertig- keiten pflegen und zwar unter der Mithilfe praktischer Männer, dass sie gewisse Hantie- rungen, die sie später bei ihrem Kunstgewerbe brauchen können, bereits lernen. Dieser Anschauung entspringt ia auch die Idee unserer "Schulwerkstattenu. Und diese Schul- werkstätte wird jedenfalls eine andere sein müssen für Knaben und für Mädchen, in Wien und in den verschiedenen Orten; sie kann nicht einem allgemeinen, für das ganze Reich zu Grunde gelegten Lehrplane entsprechen, sondernje mehr sie indivldualisirt wird, desto mehr wird sie den thatsächlichen Bedürfnissen entsprechen. Daher können wir Lehrer wohl Vorschlage machen, aber die Hauptaufgabe in dieser Beziehung fällt den Schul- behörden zu; diese haben sich mit praktischen Männern in's Einvernehmen zu setzen, haben mit weiser Berücksichtigung der thatsachlichen, also der Ortsverhaltnisse, des Schüler- und auch des Lehrermaterials, dieser Angelegenheit ihre Aufmerksamkeit und ihre eventuelle Unterstützung zuzuwendem- Schliesslich theile ich die Vorschläge mit, welche Referent in Antrag bringt. Es sind dies folgende: u. Die durch das neue Volksschulgesetz eingeführte achtjährige Schulpßicht ist nicht nur im Hinblick auf die nothwendige allgemeine Schulbildung der Jugend unbedingt gerechtfertigt, sondern sie liegt auch im Interesse der physischen Entwicklung derselben, da sie die zu frühe, also verderbliche Verwendung der Jugend zu harter Arbeit verhütet. Die achtjahrige Schulpflicht ist daher eine humane, der künftigen Generation zum Segen gereichende Institution, die zugleich einen volkswirthschaftlichen Werth hat. 2. Immer muss es die Hauptaufgabe der Volks- und Bürgerschule bleiben, eine zeit emässe, ausreichende, allgemeine Schulbildung zu vermitteln und darf irgend ein Fac unterricht nur insofern mit ihr verbunden werden, als er diese ihre Hauptaufgabe der Vermittlung einer allgemeinen Bildung nicht beeinträchtigt. 3. Es empfiehlt sich jedoch allerdings im Interesse einer harmonischen Bildung der Jugend, dass auch die physische Arbeit in der Schule ihre Berücksichtigung finde. 4. Damit dies aber in einer pädagogischen Grundsätzen entsprechenden Weise ge- schehe, sollen die Lehrerbildungsanstalten den künftigen Lehrern Gelegenheit bieten, sich in dieser Richtung entsprechend vorzubereiten. 5. Die Schulbehörden werden gebeten, in Erwägung ziehen zu wollen, inwiefern die bestehenden oder noch zu gründenden gewerblichen Fachschulen mit den Volks- schulen in Verbindung _zu bringen waren, damit sie sich gegenseitig unterstützen. 6. Es möge" an die Handels- und Gewerbekammer das Ersuchen gestellt werden, .die Frage der Lehrerwerkstatten zu discutiren, Enqueten von Gewerbetreibenden zu diesem Behufe zu berufen und in ernste Erwägung zu ziehen, in wie weit dieselben das bis jetzt vielfach mangelhafte Lehrlingswesen zu beeinflussen im Stande seien. 7. Es sollen aus dem Kreise der Gewerbetreibenden, etwa aus den einzelnen Ge- nossenschaften, Arbeitsinspectoren gewählt werden, welche sich von der Verwendung und den Fortschritten der Lehrlinge zu überzeugen hatten. 8. Solche Meister, denen nachgewiesen werden kann, dass sie ihre Lehrjungen zu einseitig oder überhaupt in ungenügender Weise ausbilden, sollen zur Verantwortung ge- zogen werden können. 9. Für Lehrlingsarbeiten aller Gewerbe rnogen Preise ausgeschrieben und tüchtige Meister, die sich diesbezüglich auszeichnen, sollen mit einer zweckentsprechenden Aner- kennung bedacht werden. So wird der Volksschule künftig der Vorwurf erspart sein, als verfolge sie selbst- süchtige, das Gewerbe- und Kunstgewerbewesen schädigende Zwecke, als wäre sie ein Seitenzweig der grossen Non-possumus-Partei; so werden aber auch die mangelhaften oder ungenügenden Leistungen des heranwachsenden Gewerbestandes hintangehalten und die Schuld d ort gefunden werden, wo sie sich thatsächlich befindet: in der Mangel- haftigkeit der Ausbildung unseres jungen Gewerbestandes durch viele Meister. In wiefern man den traurigen socialen Verhältnissen wirksam entgegen zu treten vermag, das zu untersuchen ist aber nicht Sache der Volksschullehrer, sondern anderer Factorenw R. v. Eitelberger.