2025 jetzt, wo man den Kunstgewerben wieder eine erhöhte Aufmerksamkeit zuwendet, in Tirol eine Reihe von Fachschulen gegründet worden sind, die mehr oder weniger schon in der einheimischen Industrie wurzeln und deren Aufgabe es ist, diese Industrie zu veredeln und sie dem Weltmarkte zuzuführen. In Cles, in Cortina d'Ampezzo, in Tione, in St. Ulrich, in Laas, in Predazzo, in Proveis, in Feldkirch, in Irnst existiren solche vom Handelsministerium gegründete Schulen. In Innsbruck ist eine grössere gewerbliche Zeichen- und Modellirschule vorn Unterrichtsministerium in das Leben gerufen worden. Der Tiroler hat auch Sinn für die künst- lerische Ausstattung in Haus und Kirche, so dass sich in diesem Alpen- lande der Hausbau, insbesondere das Wohnhaus des Landbewohners, eigenthümlich gestaltet hat. Die Aufnahme von charakteristischen Bauern- häusern älteren Datums, wäre eine schöne Aufgabe für jüngere Architekten. Das städtische Wohnhaus und die Kirchen Tirols folgen dem Zeitge- schrnacke; die Architektur ist für einen grossen Theil Europa's eine inter- nationale Kunst, die nicht nach localen Gesichtspunkten erörtert werden kann. Der kirchliche Sinn, der den Tirolern, insbesonders der Landbe- völkerung eigen ist, wendet sich mit Vorliebe der Kunst in der Kirche zu. Es gibt wohl keine bessere Familie und kein wohlhabenderes Bauern- haus, wo nicht ein kirchliches Bild zu finden wäre. Die Malerei hat daher ein ausgiebiges Feld. Neben dem peintre artiste gibt es Bauernmaler und eine Art Schule für diese Bedürfnisse. Unter den Malern, welche für die Kirche arbeiten, nehmen Mader und Plattner eine geachtete Stellung ein. Für Kirchenschmuck ist immer Geld vorhanden, und die Kirchen in Tirol würden wohl viel reicher an Kunstschätzen sein, wenn sie nicht von reisenden Kunsthändlern vom lnlande und Auslande fast systematisch aus- geplündert worden wären, und wenn nicht der moderne Unverstand, der diese künstlerische Beschäftigung für Kirchen und die künstlerisch-religiöse Inspiration geringschätzt, manche Quelle der Künstlerbeschäftigung ver- stopft hätte. Rühmt sich doch ein ausländischer Kunsthändler, er habe aus Tirol allein 20 schöne gothische Altäre weggeschleppt, und ist nicht eine bekannte Kunstanstalt in München bemüht, Tirol mit Werken kirch- licher Kunst zu versehen, die früher im Lande selbst erzeugt wurden? Wohin man kommt, von Kirche zu Kirche, hört man bei Nachfragen: wdas ist aus der M. . .'schen Anstaltß, und so entgeht dem Lande nicht blos eine Einnahmsquelle, sondern auch eine Quelle ausgiebiger künst- lerischer Beschäftigung. Wie viel an Knnstschätzen trotz den Verschlep- pungen noch im Lande vorhanden ist, davon hat die kunstarchäologische von Dr. Schönherr einsichtig geleitete Abtheilung auf der Innsbrucker Ausstellung beredtes Zeugniss abgelegt. Es wäre leicht gewesen, das Dop- pelte und Dreifache auszustellen, wenn der Raum dazu vorhanden gewesen wäre; und nicht blosßder reiche und vornehme Bewohner hat das Material für diese archäologische Ausstellung geliefert, sondern ein nicht geringer Theil stammte von Besitzern aus Gesellschaftskreisen, die in anderen Län-