209 dern von eigentlichen Kunstwerken ganz entblösst sind. Aber es war wahr- lich sehr gut, dass eine Veranlassung geboten wurde, Tirol über sich selbst zu orientiren. Es wird jetzt klarer und zielbewusster seinen Aufgaben gerecht werden können, die es in Zukunft zu lösen haben wird. Wie jung gewisse Zweige der Industrie in Tirol noch sind, hat die Ausstellung be- wiesen. Zum ersten Male kam ein Klavier zur Ausstellung, welches im Lande selbst erzeugt wurde, zum ersten Male kam wieder nach langer Zeit ein Ofen mit glasirten Kacheln zur Geltung! Wenn irgend eine That- sache das Sinken des Kunstgewerbes bezeichnet, so ist es diese. Tirol ist voll von schönen alten glasirten Oefen; es unterliegt keinem Zweifel, dass diese Oefen, welche man in Tirol findet, mit ihrem reichen orna- mentalen Schmuck und mit reizenden Emailfarben im Lande erzeugt wurden; wahrscheinlich in Hall '). Wahre Prachtstücke sind im Schlosse Ambras, das jetzt einer künstlerischen Wiedergeburt entgegen sieht. Die Baugewerbe, die überall in der österreichischen Monarchie in lebhaftem Aufschwunge sich befinden, haben in Tirol bisher nur in Herrn Hut er einen Repräsentanten gefunden, der zum ersten Male die verschiedenen Baugewerbe in einem grossen Etablissement zu Innsbruck vereint. Die ' Eisenindustrie in Jembach wagt sich erst jetzt an die Lösung künstle- rischer Aufgaben. Die Kunsttischlerei hat einige gute Arbeiten unter dem Einflusse der jungen gewerblichen _Zeichen- und Modellirschule geliefert, die von dem Talente der Tiroler Tischler; Zeugniss geben. Sind diese Anfänge einer lebhafteren industriellen Bewegung in hohem Grade be- merkenswerth und lehrreich, so gibt es aber auch einzelne Institute von bereits bewährtem Rufe, wie z. B. die Glasmalereianstalt in Innsbruck (geleitet von Dr. Jele), ein Institut, mit dem sich keine ähnliche Anstalt im deutschen Reiche messen kann. Ihr schliesst sich würdig die Neu- hausefsche Anstalt für Mosaik an. Zwei Materialien sind es vor Allem, welche die Natur den Tirolern in reichem Masse bietet und welche gewissermassen zu reicherer Nutzbar- machung auffordern, nämlich Stein und Holz. Diese beiden Materialien können und sollen künftighin ergiebige Hilfsquellen des Landes werden. Auf der Ausstellung war vorzugsweise Trientiner und Laaser Marmor vertreten. Die Holzschnitzerei war durch die Schulen in St. Ulrich und lmst und durch Arbeiten aus dem Grödener Thale vertreten. Der Trientiner Marmor wird industriell am meisten verarbeitet und findet überall Ein- gang; die Marmorbrüche im Vintschgau und Sterziug hingegen, lassen noch Vieles zu wünschen übrig. Es wäre wohl der Mühe werth, über die Fundorte für Marmor und Porphyr genauere Nachforschungen anzustellen, als dies bisher der Fall war und über die verschiedenen Steinarten rück- )') Die Beweise für diese Behauptung befinden sich jetzt im Oeslerr. Museum. Es sind dies Ueberreste von Modeln und Kacheln aus einer Emailöfenfabrik aus dem 16. Jahr- hundert, die sich in diesen Tagen in Hall gefunden haben.