210 sichtlich ihrer Festigkeit, Dauerhaftigkait etc. genaue Untersuchungen durchzuführen. Das Land würde durch rationelle Ausbeutung dieses Ma- terials ungemein gewinnen, denn es würde sich bei eingehender Prüfung zeigen, dass heutigen Tags eine Menge von Steinmaterialien verwendet werden, welche den Einflüssen der Witterung nicht einmal einige Jahr- zehnte Widerstand leisten können, dass hingegen in Tirol Steinarten vorhanden sind, welche die grösste Beachtung verdienen, Festigkeit mit Dauerhaftigkeit verbinden. Der Porphyr, der bei Meran gebrochen wird, der graue Granit aus den Brüchen von Grasstein sind vorzüglicher Qualität und werden doch nur selten verwendet. Der Marmor von Schlanders, Laas und Sterzing kann mit jedem Marmor der Welt rivalisiren, mit Aus- nahme jenes von Paros und theilweise von Carrara. Der Marmor vom Vintschgau und Sterzing ist andern Marmorgattungen nicht blos rück- sichtlich seiner Schönheit gleichzustellen, sondern er übertrifft die letzteren sogar durch seine grosse Dauerhaftigkeit. Wer die Triurnphpforte am Aus- gange der Maria-Theresienstrasse in Innsbruck betrachtet, die im Jahre 1765 errichtet wurde, sieht, welche Schönheit der Tiroler Marmor beibe- hält und welche Dauerhaftigkeit derselbe hat. Die grossen Figuren von Bernini, die in Carrara-Marmor ausgeführt, die Engelsbrücke in Rom zieren, sind ganz schwarz geworden; man erkennt kaum die Modellirung. Die grossen Apostelfiguren Petrus und Paulus unmittelbar vor der Peters- kirche sind heutigen Tags nach wenigen Jahrzehnten theilweise schon von schwarzen Pilzen überzogen und werden in wenigen Jahren ebenso wenig kenntlich sein, wie die Figuren auf der Engelsbrücke. Die Figuren und Reliefs an der Triumphpforte in Innsbruck dagegen leuchten noch heute im vollen Glanze, trotz der dortigen Witterungsverhältnisse und trotzdem dieselben an der Wetterseite liegen. Nirgends zeigen sich jene gefährlichen Pilzbildungen, denen der Carrara-Marmor unterworfen ist. Auf dem Fried- hofe zu Meran und auf anderen Tiroler Friedhöfen kommen Grabdenk- mäler aus dem 16. Jahrhundert vor und noch zeigt sich keine Spur einer Veränderung an denselben. Man sollte glauben, dass in einem Lande, welches ein so kostbares Material in einer solchen Menge besitzt, die Aus- beutung desselben anzutreEen sein müsste, und dass besonders in jenen Thälern, in welchen die Marmorbrüche sich befinden, ein grosser Wohl- stand sich bemerkbar machen sollte. Und doch, wie mühsam arbeiten sich jene Industriellen durch, welche in diesen Gegenden die Marmorbriiche eröffnet haben. Wir haben seit den Zeiten der Kaiserin Maria Theresia nach dieser Richtung hin volkswirthschaftlich nur sehr geringe Fortschritte gemacht. Damals war eine Zeit der Blüthe für die österreichische Marmor- industrie, seither sind wir hierin von Jahrzehnt zu Jahrzehnt zurückge- gangen und haben den wälschen Händlern mit Carrara-Matnor die Wege geebnet. Erst jetzt ist eine kleine Besserung bemerkbar. Der Trientiner Marmor wird allerdings industriell rationeller ausgebeutet und wird jetzt in Wien vielfach verwendet; die Wälschtiroler entfalten ein grösseres kauf-