lenken, denn es ist ja bekannt, dass der Retable am Hochaltar der Votivkirche ein Werk
der österreichischen Bronzeindustrie ist, und dass dieser Retable das grbsste und her-
vorragendste Erzeugniss dieses lndustriezweiges auf kirchlichem Gebiete ist, welches
überhaupt in österreichischen Landen existirt. Auch ist an dem Ciburiumaltare der
Votivkirche Galvannplastik (in dem figuralen Theile) und Email in reichem Masse ver-
wendet worden. Die Monumentalbauten in Wien, die noch ihrer inneren Decoration
harren, werden gewiss Anlass bieten, die Kräfte der heimischen Bronzeintlustrie in an-
gemessener Weise zu verwerthen. In diesem Jahre werden noch zwei ganz hervorragende
Werke der Bronzetechnik an das Licht der OeEentlichkeit treten, nämlich das Beethoven-
Monument in Wien und jenes für den Abt Reitenberger in Marienbad. Mit besonderem
lnteresse verfolgte das Publicum die verschiedenen Stadien des Bronzegusses, welche die
kaiserliche Erzgiesserei der Herren Pönninger u. Röhlich in so klarer Weise zur An-
schauung zu bringen verstanden hat. Nichts fördert das Laienpublicum mehr als Aus-
stellungen ähnlicher Art. (Wr. Abdpst.)
Literaturboricht.
Venezianische Stickmusterbücher.
l. Tagliente: Esemplariu nuovo etc. Facsimile eliotipico dalla stampa originale del
1531. Venedig, 1879. 4x
ll. Pagan: Opera nova etc. Facsimile elintipico dalla stampa originale del 1546.
Venedig, 1879. 4.
Herr Ongania, der Nachfolger in der ehemaligen Münster'schen Buchhandlung
in Venedig, setzt mit rühmlichem Eifer die Publication der seltenen venezianischen Stick-
musterhücher des i6. Jahrhunderts fort. Die gegenwärtig vorliegenden Bücher enthalten
eine Reihe von sehr interessanten Mustern für Stickereien , auf welche wir die Aufmerk-
samkeit unserer Leser ganz besonders lenken. Leider sind die Preise dieser auf helio-
typischem Wege ausgeführten Reproductionen (zu 40-50 Francs) viel zu hoch, als
dass sich diese Reproductionen in den Schulen einbürgern könnten. Ueberdies sind sie
auch meistens nur in einer Auflage von m0 Exemplaren gemacht. Besonders interessant
ist das Stickmusterbuch von Tagliente 153t; es enthält eine Vorrede und ein fünf Seiten
langes Schlusswort. Aus demselben geht hervor, dass Herr Giouanantonio Tagliente einen
grossen Theil der Blätter selbst gezeichnet hat. dass er aber auch die Zeichnungen von
verschiedenen Meistern benützt hat, ohne Zweifel Zeichnungen von Deutschen, dann auch
Muster, die er moreschi und arabeschi nennt und die oifenbar den damals beliebten orienta-
lischen und ober-italienischen Tauschirarbeiten entnommen sind. Auch sieht rnan aus der
sehr ausführlichen Auseinandersetzung, dass der Unterricht für die Stickerinnen in syste-
matischer Weise ertheilt wurde. Die erste Tafel gieht jene Muster. welche ganz einfach
sind, und dann, meint er, sollte man nach und nach auf schwierige Muster übergehen. Er
führt eine Reihe von Stickarten an mit ihren eigenthümlichen Benennungen, die oifenbar
damals in der Mode waren: den punto chiamato Damaschino, punto rilevato, punto a lilo,
punto sopra punto, punto ingascato(?), punto Ciprioto, punto croceato, punto pugliese,
punto seritto, punto incroceato, punto inaere, punto fatto su la rete, punto amaglieta,
punto disfilato et punto di raccumme. Und er meint, man könne noch mehr Stickarten
anführen.
Auch aus dem Werke von Pagan ergiebt sich, dass verschiedene Muster in einem
solchen Musterbuche vereinigt sind. Er führt auch an, dass die Damen, welche sticken wollen,
sich auch mit dem Zeichnen beschäftigen sollen und wünscht, dass dieselben nach und
nach auch die menschliche Figur zu zeichnen verstehen lernen. Es unterliegt wohl keinem
Zweifel, dass diejenigen, welche eine Blume oder eine Figur sticken wollen , es in der
Zeichenkunst soweit gebracht haben sollen, dass sie Gegenstände nach der Natur zu
zeichnen vermögen. Aus diesem Grunde fuhrt er auch in seinem Sticltmusterbuch Blumen
und Thiere auf, welche in damaliger Zeit bei Stickereien zur Verwendung kamen.
Vorlagewerke für Schulen.
Soeben ist die u. Lieferung der Kunsgewerblichen Vorlageblatter, herausgegeben
von Reg-Rath Prof. Jos. Storck, ausgegeben worden. Dieselbe enthält je ein Blatt
der zehn Sectionen, u. zw. Sect. l. Spitzen-Einsätze, italienisch, I6. Jahrhundert; Sect. ll.
Bucheinband aus geschnittenem und stampirtem Leder, Entwurf von Prof Jos. Stnrck;
Sect. lll. Sessel, Intarsia-Arbeit, desgL; Sect. lV. Venezianer Glaser, I6. Jahrh.; Sect. V.
Fnyence-Schussel, Delfter Arbeit, 17. Jahrh.; Sect. Vl. Weihwasser-Behälter, franzüsisch,
16. .lahrh.; Sect. Vll. Diptychon, ital., 17. Jahrh.; Sect. Vlll. Schüssel, ital., 16. Jahrh.;
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