99m merksamkeit Ausstellungen von Mädchenschulen besucht und grössten- theils bemerkt, dass der Ausdruck vKunstarbeitenn wohl mit dazu bei- getragen haben mag, dass eine Menge von Arbeiten hergestellt worden sind, wobei buntes und stylloses Zeug im Uebermass angewendet und da- durch das Auge im höchsten Grade beleidigt wurde. Es würde demnach bei einer Revision des Gesetzes der Ausdruck "Kunstarbeitenu gänzlich fallen zu lassen, und demjenigen, was neben der Haushaltungskunde so wichtig für die allgemeine Volksschule für Mädchen ist, nämlich den weib- lichen Handarbeiten, eine grössere Aufmerksamkeit zuzuwenden sein, u. zw. jenen weiblichen Arbeiten, welche für irgend ein Gewerbe von Nutzen sind, damit die Mädchen die in der Volksschule erworbenen Fertigkeiten im praktischen Leben zum Vortheile der Gesellschaft verwerthen können. Der Ernst des Lebens. der gerade in Oesterreich an die Mittelclassen so sehr herantritt, verlangt unbedingt, dass den Mädchen schon in der Jugend der Gedanke nahe gelegt wird, sich einst durch die erworbenen Fertigkeiten ihr Brod zu verdienen. Denn in Oesterreich speciell lebt ein Theil der Gesellschaft permanent im Ausnahmszustande. Der Bürgerstand ist grösstentheils ohne Besitz; Wien gehört nebst Petersburg zu denjenigen Städten, wo das Verhältniss der Häuseranzahl zu der Zahl der Bewohner das allerungünstigste ist. Die wenigsten Mädchen befinden sich in Situa- tionen, dass sie für den Fall, als sie keine Ehe eingehen, mit Beruhigung in die Zukunft sehen können. Im sechzehnten und siebzehnten Jahrhun- dert war die gesicherte Existenz jener Mädchen, welche keine Ehe ein- gingen, eine Regel, heute ist sie eine Ausnahme. Insbesondere in dem ungeheuer zahlreichen grösseren und kleineren Beamtenstande walten ungünstige Verhältnisse in dieser Hinsicht vor. Darum muss vor Allem die Sorge darauf gerichtet sein, dass die Mädchen schon in der Volks- schule sich gewisse Fertigkeiten aneignen , dass wenn sie später einmal} darauf angewiesen sein sollten, sich selbst ihr Brot zu verdienen, sie hiezu auch in den Stand gesetzt sind. Die Frage also, welche Fertigkeiten den Mädchen schon in der Volksschule beigebracht werden sollen, ist eine für Oesterreich ungemein wichtige, denn es handelt sich hiebei um die Schaf- fung einer Basis, damit die Mädchen künftighin auch allein ihren Erwerb finden können. Es wird daher bei der Revision des Gesetzes darauf Rück- sicht genommen werden müssen, dass nicht nur die im jetzigen Systeme berücksichtigten Fertigkeiten gelehrt werden, sondern auch iene, welche nach localen oder äusseren Bedürfnissen geeignet sind, den Mädchen das Fortkommen zu erleichtern. Ferner scheint es mir unerlässlich nöthig, dass ein Paragraph eingefügt werde, worin auf die gewerbliche Bildung der Mädchen Rücksicht genommen ist. Die Mädchen sollen in der Volks- schule und von ihren Eltern darauf hingewiesen werden, dass sie schon frühzeitig ihren künftigen Erwerb ernsthaft in's Auge fassen, und es wird eine solche Verfügung nach allen Seiten hin von den besten Consequenzen begleitet sein. Es.würde sich dann bald zeigen, dass die oft so verderb-