474 sich mit der Kunst Venedigs und Padua's beschäftigen wollen. Den Naturalismus und akademischen Classicismus bekämpfte er unermüdlich in seinen Schriften. Seine technischen Studien machte er an der Paduaner Universität; er versuchte sich augh als Architekt in der Gothik. Er hat nicht wenig dazu beigetragen, seinen Landsleuten die Bedeutung der mittel- alterlichen Architektur und die in dem damaligen Venedig wenig geschätzten Quatrocentisten (Pellegrino da S. Daniele, Carpaccio, Cima da Coneglianu u. s. f.) nahe zu legen. Wie hoch und festbegründet das Ansehen E. Selva- tico's war, zeigte sich in der Zeit der Gründung des Königreichs Italien. Er wurde in allen wichtigen Kunstangelegenheiten Italiens als Beirath von der italienischen Regierung beigezogen. In späteren Jahren litt er an einer hochgradigen Schwäche des Augenlichtes, so dass seine schriftstellerische Thätigkeit sich auf ein Minimum beschränkte. Er hatte einen lebhaften Geist und war anregend in der Conversation; aber einer der wenigen Italiener, welchen ein sonor klingendes Organ versagt ist. In den letzten Jahren lebte er zurückgezogen in seiner Vaterstadt, welche ihm eine Reihe von kunsthistorischen Schriften verdankt, darunter zwei eingehende Guida's (1842 und 1869), herausgegeben in Verbindung mit mehreren Schrift- stellern Padua's aus Anlass des Congresses der italienischen Gelehrten im Jahre 1842; die mittelalterlichen Baudenkmale Padua's hat er wiederholt monographisch behandelt. Keine seiner Mongraphien hat soviel Anerkennung gefunden, als jene der Capellina degli Scrovegni nell' Arena di Padua (1836). Mit Mantegna und Squarcione hat er sich wiederholt beschäftigt, mit ersterem besonders in der Le Monniefschen Ausgabe des Vasari (Bd. V. ed. 1849. S. 181 -242.) Seine kleinen Schriften sind zweimal gesammelt worden. (L'Artc nella vita degli artisti, racconti storici. Firenzo Barbera 1870 und Scritti d'Arte. Ebendaselbst 1859.) Seine anderen zahlreichen Schriften sind theils kunsthistorischer Natur und vorzüglich Venedig gewidmet, theils beschäftigen sie sich mit Künstleterziehung und Kunstunterricht. Mit der im Jahre 1842 erschienenen Schrift nSull educazione del Pittore storico odierno Italianon trat er den akademischen Traditionen entgegen; dieselben Tendenzen verfolgt seine Schrift wlntorno alle condizione presenti delle Arti del Disegno, Venezia 1858.) Von seinen Venedig behandelnden kunsthistorischen Schriften verdienen besonders hervorgehoben zu werden seine nStudj sulla architettura in Veneziau (Venedig 1847), sie sind mit Geist und ästhetischer Kritik geschrieben. Grosse Polemik erregte sein mit Lazzari dem gelehrten Numismatiker und Vorstand des Museums Correr herausgegebener Guida artistico e storico a Venezia, Venedig 1872. Selvatico und Lazzari traten den geschäftsmässig gemachten Guiden und den auf die Unwissenheit der Fremden speculirenden Guidaschreibern, welche jede Richtigstellung von Daten als einen unpatriotischen Act be- trachteten, entgegen. Die Guidenliteratur ist zwar in Ober-Italien nicht so vernachlässigt, wie in der deutschen Literatur, und auch in der neuen mo- Idernen italienischen Literatur gibt es gute Guida's (wie der von Mailand von