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Unger's Radirungen bezeugt jene große Strömung in der Production;
deren Verdienst liegt nicht blos in ihrem eigenen Werthe, sondern auch
in der Art und Weise, wie sie uns vorgeführt werden. Seien dieselben
dick oder trocken, glänzend oder matt, tief schwarz oder licht, kräftig
oder zart, schwer oder schwingend leicht, immer sind ihre Farbentöne
voll beabsichtigt. Das ist es, was unser berühmter Radirer Jules Jacquee
mart immer verfolgt hat, er ein Meister ohne Frage, das ist es, was auch
W. Unger offenkundig anstrebt.
Diese zweite Abtheilung des Werkes W. Unger's zählt 70 Nummern.
Mannigfaltiger vielleicht als die erste, umfasst sie alle Style und alle Perio-
den, vorzugsweise aber die zeitgenössische Kunst und das eigentliche Genre.
Der Reigen der modernen deutschen Meister erscheint vollzählig: Menzel,
Lenbach, Makartr Kaulbach, Richter, Schreyer, Gebhardt, Munkacsy,
Pettenkofen, Passini, Nettel u. s. w. bringt die begeisterte Nadel Unger's.
Was dessen Talent besonderen Reiz verleiht und so anziehend wirkt, das
ist die Gluth, die sich nie verleugnet, die sogar zu wachsen scheint, diese
strenge, manchmal etwas wuchtige Ueberzeugung, die jede seiner Ueberv
tragungen mit einer Art Autorität kennzeichnet; das ist auch diese grosse
Freiheit der Arbeit, die sich den verschieden geartetsten Meistern anschmiegt,
diese Wärme, die sich in der Berührung mit Rembrandt enttlammte und
über das ganze Werk des Wiener Radirers so grosse und leuchtende Klar-
heit verbreitet."
Ein neues Atelier für kunstgewerhlicho llaltechniken.
Der Wiener Frauenerwerb-Verein veröffentlicht soeben folgendes
Programm des Ateliers für kunstgewerbliche Maltechniken,
welches am I. October 1880 erölfnet wird. Als Leiter des Ateliers fungirt
Herr Rudolf Geyling. Um einem Bedürfnisse nachzukommen, das sich
in der Kunst-Industrie und in der Gesellschaft fühlbar macht, errichtet
der Verein zu seiner schon bestehenden Zeichenschule und dem Atelier für
Musterzeichnen, ein Atelier für kunstgewerbliche Maltechniken.
Der Unterricht in diesem Atelier hat den Zweck, dass die Schüle-
rinnen die verschiedenen Techniken erlernen, welche eventuell zum Er-
werbe führen, und dass Mädchen aus kunstsinnigen Familienkreisen Ge-
legenheit finden, sich unter der Führung eines tüchtigen Meisters und
unter der Aufsicht der Damen des Vereines, entsprechende Kenntnisse
und Fertigkeiten anzueignen.
Das Schuljahr des Ateliers umfasst zehn Monate, vom 15. September
bis 15. Juli, in welcher Zeit das Atelier während der hellen Tagesstunden
den Schülerinnen offen steht, welche daselbst auch außer der eigentlichen
Unterrichtszeit arbeiten und sich üben können. - Nach Vereinbarung mit
dem Leiter des Ateliers können die Schülerinnen, auf deren ausdrücklichen
Wunsch, auch nur an bestimmten Tagen und zu bestimmten Stunden