10:1 Die Werkstatt der della Robbia und das Majolika- Ornament. Von Prof. Dr. Josef Bayer. (Schluss) 4. Weiters kommen (wohl nicht früher, als erst im Kunstbetrieb Andrea's und seiner Sühne) die vollständigen Altarwerke in Majolika hinzu, nach denen die Nachfrage und Bestellung nun unausgesetzt rege zu sein schien. Alle Anzeichen deuten darauf, dass gegen den Schluss des Quattrocento in Italien der glasirte Retable der gemalten Altartafel eine ähnliche Concurrenz machte, wie im deutschen Norden das aus Holz geschnitzte Altarwerk. Das Darstellungsgebiet der Majolikakunst wurde dadurch um eine hohe Aufgabe bereichert, aber sie lief dabei auch Gefahr, ihren plastischen Charakter vollständig einzublißen und lediglich zu einer Art Reliefmalerei zu werden. Es konnte ferner nicht ausbleiben, dass sie auf diesem Wege die Hauptrichtungen der stilbestimmenden Malerschulen anempfindend wiederholte. So zeigen uns die Majolika-Altäre der späteren Folgezeit gleichsam den Kunstgeist der Malerei des 15. Jahrhunderts in seiner verglasten Erstarrung, wie durch ein Zauberwort in glitzernder Form festgebannt. Bezüglich der äußeren Gestaltung ist die ursprüngliche Normalform des Terracotta-Altars jedenfalls die des vergrößerten Wandtaber- nakels, unten mit einem Gradino oder einer Predella, nach aufwärts mit der Einrahmung eines vollen, im Halbrund abschließenden Kranzes, innerhalb dessen sich wohl noch ein zweiter Bogenrahmen mit Che- rubsköpfchen herumlegt. Ein eminentes Hauptwerk dieser Art: der Dreifaltigkeits- altar von Andrea im Dom von Arezzo, eigentlich ein Crucihxus, über welchem halben Leibes Gottvater emporragt, die Taube des heil. Geistes vor seiner Brust. In dem gesenkten Kopf des Gekreuzigten liegt eine tiefe religiöse Tragik; von innigster Schönheit des Gefühlsausdruckes sind die sechs schwebenden Engelpaare zu beiden Seiten (ihre lang nachllatternden, die Fliße umhiillenden Gewänder haben etwas von Verrocchids Draperien). Unten am Fuß des Kreuzstammes knien ein heil. Mönch und ein heil. Bischof. In der Mitte der Predella ein Madonnenrelief, zu beiden Seiten acht kniende Brüder der Misericordia in ihren Kapuzen. Weiterhin tritt bei den Majolika-Altären eine förmliche Rahmen- Architektur auf, nach Art des geschnitzten oder in Marmor einge- rahmten Altaraufbaues mit Seitenpilastern, einem gegliederten Architrav und decorirten Fries darauf, oft auch mit einem Bogenschild zur reicheren Vervollständigung.