V 174 nehmen noch am obersten Rand reizende Putten schwere Fruchtgehänge auf ihre Schultern, um sie auf beiden Seiten niederfallen zu lassen. Dazu kommt noch in der Flachnische, in dem inneren Bogen eine flott colorirte Landschaft mit weitem Ausblick, ein Schifilein gleitet über den Wasser- spiegel hin. Alles athmet frische Naturlust und Lebensgefühl: der funebrale Ernst des Grabdenkmales hat da sein heiteres Gegenbild gefunden. Man vergleiche nur das in der Composition analoge Monument Marzuppinfs von Desiderio da Settignano (in S. Croce) mit diesem Sacristeibrunnen. Immerhin war die Majolikakunst an einer für ihren specifischen Stil bedenklichen Grenze angelangt, als sie mit ihren glasirten Platten förmlich zu bauen anfing. Der Sacristeibrunnen von S. Maria Novella hält sich noch scharf innerhalb des richtigen Maßgefübles; an dem Pracht- tabernakel in der Via Nazionale zu Florenz (Tabernacolo delle Fonticine, gleichfalls von Giovanni 1522) ist diese Grenze schon weit überschritten '). Es ist ein pittoresker Majolikabau mit Sculpturen, auf die Straße hinaus gestellt. Die Bildnische ist von einem breiten Bogen- rahmen eingefasst, in welchem zwischen Fruchtbüscheln volle Büsten von Heiligen, scharf und geistreich charakterisirte Köpfe heraustreten. Innerhalb der Nische eine perspectivische Scenerie mit heiligen Frauen in} den schrägen Seitencoulissen. Der Thron der Madonna steht auf einem dreieckig vorgeschobenen Sockel; die Engel oben, welche eine Krone halten, sind in den Gewandmotiven manieristisch verwilderte Abkömm- linge der Engel Verrocchids. Wir finden hier die Majolikakunst bereits im Stadium überwuchernder Virtuosität. Eine höchst wunderliche Atelierarbeit (datirt 1511), in welcher die Stilversündigung gegen die Grundbedingungen dieser Kunstweise mit einer gewissen naiven Entschlossenheit begangen wird, ist ein vollständiges Taufbecken aus glasirter Terracotta in der Kirche S. Lionardo zu Cer reto-Guidi "). Ueber einem bombastisch verzierten Sockel markiren kurzstämmige Pilaster mit ornamentirten Schäften und reichen Capitälen die Ecken des Taufbeckens und rahmen die Reliefs der sechs Seiten ein; darüber im Fries Cherubsköpfe mit Festons und als Rand des Beckens ein massiges Kranzgesims. Die Derbheit der Architektonik und der Reliefs, sowie die Vergröberung der ganzen Technik mahnen bereits an den Kachel- ofenbau der nordischen Renaissance. In den bildlichen Darstellungen aus dem Leben Johannes des Täufers (Zacharias und der Engel; dieWochenstnbe der heil. Elisabeth; die Namensgebung; der Knabe Johannes in einer Waldlandschaft; die Taufe Christi; die Enthauptung des Täufers) kündigt sich eine ziemlich handwerksmäßige Nachwirkung ähnlicher Motive von Ghirlandajo und Verrocchio an. ') Siehe die Illustration zum Titelblatt des Werkes von Cavalucci und Molinier. ") Siehe a. a. 0. die dezaillinen Illustrationen S. 149-161.