Gestalten, denen die Gedankenarbeit so zu sagen an die Stirne geschrieben ist; aber sie ist linkisch und ungraziös in ihren Bewegungen. Daher muss der Deutsche zur plastischen Kunst erzogen werden und daher kommt auch verhältnissmässig selten unter den Deutschen ein bildhauerisches Ta- lent zum Durchbruch. Auch der Oesterreicher, speciell der Wiener, san- guinisch wie er ist, für Farbenwirkung, für Musik und Lyrik sehr em- pfänglich, warm in Allem was er fühlt, und weniger an Gedankenarbeit gewöhnt, muss daher zum Verständniss der Plastik erzogen werden. Erst in dem letzten Jahrzehnt sind ernsthafte Schritte geschehen, die Plastik zu heben; denn die Zeit der Regierung des Kaisers Franz hat wenig gethan und konnte auch, nach dem ganzen Regierungssystem, wenig thun, diese Kunst an der Akademie zu heben. Das Einzige, was auf dem Gebiete der Plastik wirklich geleistet wurde, das sind die Aufträge, die den Zög- lingen der Akademie der bildenden Künste, welche mit den Kaiserpreisen ausgezeichnet wurden, ertheilt wurden, nämlich die Ausführung von Gruppen in Marmor während der Zeit ihres Aufenthaltes in Rom in den Ateliers des Palazzo di Venezia, dem österreichischen Botschaftshötel. Diese Figuren sind auch fast die einzigen Werke in Marmor, welche sich im Besitze des kaiserlichen Hofes, speciell in der kaiserlichen Galerie im Belvedere behnden. Der Gedanke, WClClICY diesen Aufträgen zu Grunde lag, war gewiss ein richtiger und hat sich in der Praxis auch vollständig bewährt. Die Gruppen, die auf diesem Wege entstanden sind, der v-Jasonw von Kaessmann, "Mars, Venus und Amoru von Kiesling, die vPietaK von Bauer sind achtbare Werke, welche der österreichischen Bildhauerkunst zur Ehre gereichen und denen man ansieht, dass sie in der geistigen At- mosphäre Roms, der Marmormuseen des Vatican und der zahlreichen Bildhauerateliers, unter denen damals jene Canova": und Thorwaldsen's den ersten Rangeinnahmen, entstanden sind. Was man bedauern konnte, war nur die Sparsamkeit, rnit der man solche Aufträge ertheilte und der Umstand, dass die Künstler, die man auf diesem Wege - und dieser Weg war, wie gesagt, der richtige - gebildet hatte, dann sich selbst überliess, wenn sie in die Heimat zurückgekehrt waren. Sie hatten in Rom Tüchtiges gelernt und vollgiltige Proben ihrer Leistungsfähigkeit abgelegt; sie hatten ihre Anschauungen geläutert und ihren Geist mit den Idealen erfüllt, die nirgendwo eine kräftigere Nahrung empfangen konnten, als auf dem geweihten Boden des alten Rom. Sie kamen in den Jahren zurück, in denen der ideale Drang der Jugend mit der männlichen Thatkraft sich verbindet und fanden sich bald enttäuscht und ernüchtert in den Verhält- nissen, welche sie vorfanden und die zu Allem eher geeignet waren, als zur Förderung der Plastik. Das Höchste, was in damaligen Zeiten ein solcher Künstler erreichen konnte und was die meisten auch erreicht haben, war die Stelle eines Correctors oder später eines Professors an der Akademie der bildenden Künste. Sie wurden auf diese Weise Glieder einer Beamtenhierarchie, welcher die Lehrthätigkeit zugewiesen war und