die natürliche Consequenz der Einigung Italiens, seiner gesicherten cotn- merciellen und iinanciellen Lage, der grossen Entwicklung der Eisenbahnen und des maritimen Verkehrswesens und des angebornen Talentes, welches die Italiener seit jeher in der Kunstindustrie bewiesen haben. Es ist daher gar nicht zu wundern, dass die Italiener, speciell Oberitaliener mit gehobener Stimmung die erste italienische Ausstellung besuchen. Denn sie finden daselbst mehrere Zweige der Industrie, in welchen bisher Italien vom Auslande abhängig war, und die sich jetzt schon so weit entwickelt haben, dass sie die inländischen Bedürfnisse decken können. Der Schwer- punkt der Kunstindustrie lag in der Seidenindustrie, der Keramik, der Marmor- und Bronzetechnik. Die Seidenindustrie hat ihren alten Ruf bewährt. In den Früh- renaissancen ist die Seide dem Gold und Silber gleich hoch geschätzt worden. Für die Goldarbeiter und die Seidenweber galten dieselben Re- glements. Es haben "sich noch die nstatuta mercatorium auri, argenti et serici Mediolani-t vom Jahre 1504 erhalten, die auf der Piazza della Scala und Corrobio sono tubae veröffentlicht wurden. Heute ist Mailand ein Centrum der Seidenweberei für ganz Europa. Sie ist fast ebenso bedeutend als die von Lyon. Die Seidenzucht wirft allein der Landwirthschaft der mailändischen Provinz eine reine Jahresrente von I2 Millionen Lire ab. Ihr wurde eine specielle Galleria di lavoro della seta gewidmet, die vom ein- heimischen Publicum mit der größten Aufmerksamkeit besucht wurde. Die große Webeschule in Como beschäftigt sich ausschließlich mit Seiden- weberei. In der Ausstellung wurde die Seidenweberei durch ioo Aus- steller vertreten, von denen nicht wenige bereits auf den großen Aus- stellungen in Paris und Wienausgezeichnet worden waren. Mehrere andere Zweige der Kunstindustrie, speciell der Keramik (Maiolika), der Bronzetechnik (Neapel, Rorn, Venedig), in Glas (Venedig und Murano) und den Spitzen beschränken sich auf mehr oder minder gelungene Nachahmungen von alten Mustern, welche sich in den zahl- reichen Museen in überreichem Maße befinden. Diese Nachahmungen sind das Entzücken der großen Menge von Gebildeten und Halbkennern ganz Europas So sehr man auch das Bedürfniss anerkennen muss, die alten Vorbilder nachzubilden, so sehr man auch die Geschicklich- keit der Geschäftsleute, unter denen z. B. Herr Guggenheim in Ve- nedig eine hervorragende Stelle einnimmt, anerkennen muss, so ist eine Kunstindustrie, welche von Imitationen lebt, gewiss noch nicht auf der Höhe der artistischen Production. Es wird daher noch lange Zeit und erst einer Belebung des alten künstlerischen Geistes bedürfen," um die italienische Kunstindustrie aus dem Stadium der Imitation auf ein freieres künstlerisches Gebiet zu führen, das Gebiet, welches die alten Italiener so wundervoll beherrscht haben. Da nun diese Industrien vielfach von dem Geschmacke der Auftraggeber abhängen, so zeigen nicht wenig Imi- tationen, besonders in der Venetianer Holzbildhauerei und der Mailänder