XXX Die gegenwirtigcu Aufgaben der Verwaltung des artistischen Bildungswesens. Lebensformen nothwendiger Ausdruck wesentlicher innerer Verschiedenheiten ge- worden sein, wie sich solche im Laufe geschichtlicher Entwicklung herausbilden können. ' innerhalb des knappen, die Dinge so nahe vereinigenden Rahmens der Münchener Ausstellung zeigte es sich auffälliger als je, um wie vielestiefer die Einflüsse italienischer Cultur in den österreichischen Ländern gegriffen haben, als in Deutschland. In solchen jahrhundertelangen Entwicklungen bauen sich Cultur- grenzen auf, die wie Gebirgshühen gleichsam die Wasserscheiden des menschlichen Geistes bestimmen. Liegt hierin auch eine bedeutende Gunst für eine gedeihliche Entwicklung österreichischen und deutschen Kunstwesens nebeneinander, so kann doch darüber kein Zweifel herrschen, dass Österreich im Kunstgewerbe seine Stellung auf die Dauer nur dann behaupten wird, wenn es sich - in seiner Kunstweise wenigstens --- des geistigen Übergewichtes versichert und für die ursprüngliche Einheit eines ungebrochenen nationalen Kunstlebens Ersatz anstrebt in höchster Veredlung der eigenthümlichen Stammesanlngen. Grundfesten eines tüchtigen Baues sind im Laufe der letzten Zeit gelegt worden; die Ausgestaltung des österreichischen Museums, die Reform der Akademie der bildenden Künste, die Mussnahmen zur Verbesserung des Zeichenunterrichtes, die begonnene und erfolgreich fortschreitende Organisation des gewerblichen Unter- richtes und der Zeichenschulen, die Förderung -des Lehnnittelwesens für diese Unterrichtszweige werden wohl schon nach einigen Jahren darthnn, dass die üstereichische Unterx-ichtsverwaltung mehr angestrebt hat, als Wirkungen für den nächsten Tag. In wirthschaftlich schlimmer Zeit schreitet sie unentwegt der Zukunft entgegen, indem sie mit hoffender Zuversicht daran festhält, dass es kräftigem .Willen gelingen muss, das junge Kunstgewerbe Österreichs auch über die ökonomi- schen Verheerungen der Gegenwart hinüberzuretten und es so zu rüsten, dass es nach überstandener Gefahr nicht etwa einerineuen unvorbereitet gegenüber stehe: der erstarkten Concurrenzkraft Deutschlands. Wenn die Unterrichtsverwaltnug anlasslich der Münchener Ausstellung zu detuillirter Darlegung der im Gebiete des künstlerischen Bildungswesens werdenden Gestaltungen sich bewogen fand, so hat sie eine gebieterische Pflicht geleitet. Denn die Menge der in diesem Memoire niedergelegten Argumente und Thstsachen gestattet keinen Zweifel, dass nur eine rechtzeitige Erkenntniss der Lage es der Regierung ermöglicht, die heimische Knustindustrie, so lange sie sich des jetzigen Vorsprunges erfreut, auf den Wettstreit vorzubereiten, der binnen wenigen Jahren entbrennen muss. Heute noch darf es ausgesprochen werden, dass unter allen im Münchener Glaspalaste vertretenen Bildungsanstalten die Kunstgewerbeschule des österreichischen Museums keine völlig ebenbürtige Rivalin besass. Doch kann sich die Unterrichts- iverwaltung Angesichts dieser erfreulichen Erscheinung der Sorge um die Zukunft nicht erwehren, wenn sie erwägt, dass bereits mehrere der Unten-ichtsanstalten Deutschlands mit umfangreicheren Mitteln zu arbeiten beginnen, als solche der Wiener Schule zu Gehote stehen. Die Lehrkörper, welche an den kunstgewerblichen Schulen in Berlin, in München, in Nürnb erg wirken;