114 Der Tod Carl Geyling's war die unmittelbare Veranlassung zur Gründung der Filiale Wien. Da wurde das Institut von einem allerersten Baukünstler Wiens aufgefordert, festen Fuß in dortige Verhältnisse zu setzen, da es anfangs zweifelhaft schien, ob die Erben des Hofglasmalers Geyling das Kunstgewerbe ihres Onkels fortführen werden. Man sah sich daher nach einem passenden Hause um, das sich für solchen Zweck adaptiren und umgestalten ließ; ein schwieriges Unternehmen, um dessen Verwirklichung sich der Architekt D'Avanzo, ein treu bewährter Freund der Anstalt, besonders verdient machte. Er gestaltete das einfache bürger- liche Zinshaus 29 in der Magdalenenstraße zu einer Stätte der Kunst und des Kunstgewerbes um, wie es der Facade an die Stirn geschrieben, resp. sgraffttirt und mosaicirt wurde. Die Ausführung der Sgraffiten, welche die Bedeutung des gepflegten Kunstgewerbes in allegorischen und historischen Bildnissen darstellen, übernahmen die Maler Jobst, die der Glasmosaiken das Atelier A. Neuhausefs in Innsbruck. Für die artistische Leitung der neuen Kunstwerkstätte wurde Prof. H. v. Riewel gewonnen, die technische dem bewährten Geschäftsführer der Innsbrucker Glasmalerei, Herrn Carl Gold, übertragen. Unmittelbar nach Neujahr hatte der Director des Etablissements, Dr. Jele, die einleitenden Schritte zur Gründung dieser Filiale gemacht; schon am i. März nahm Herr Gold für die Gesellschaft vom Hause Besitz und im August war Adaptirung und Restaurirung so weit beendet, dass das Feuer am Herde der Werkstätte als Zeichen neuen Lebens und neuer Thätigkeit angezündet werden konnte. Was von da ab bis zum Jahres- schlusse in gesteigertem Grade an Kunstverglasungen des Profanbaues geschaffen wurde, ist nicht gering, und bewies, dass wirklich ein Be- dürfniss nach einem derartigen Atelier bestand, dem die Muttcranstalt speciell zur Weihnachtszeit ausgiebig zu Hilfe kommen musste, aber es documentirte zugleich, dass die enormen Kosten der Gründung eines der- artigen Unternehmens nur durch entsprechend großartige Arbeitsleistung gedeckt werden können, worauf die neugeborne Filiale in keiner Weise eingerichtet war. Um sich nicht der Gefahr auszusetzen, durch ungerechtfertigt große Einrichtungen in Widerspruch mit den Bestellungen zu kommen, wollte man, wie einst in der Tiroler Glasmalerei, die Dinge aus kleinen Anfängen langsam aber naturgemäß heranwachsen lassen, ohne zu bedenken, dass von allem Anfange an ein ansehnliches Capital zu verzinsen war und nur durch ansehnliche Arbeit verzinst werden konnte, ohne zu ahnen, dass die Aufträge rasch und massenhaft ganz ungesucht sich fanden, ja überstürzten. Die Opfer, welche die opferwilligen Gesellschafter dieser Gründung gebracht, übersteigen weit ihre gefasste Erwartung und würden das Eine Jahr zu einem überaus verlustreichen gestaltet haben. Hätte sich all' das voraussehen lassen, so wäre die Filiale der Tiroler Glasmalerei nie ent-