x56 keit, mit der diese reizenden Verzierungen hergestellt werden, ist eine erstaunliche. Ich ließ einen jungen Hirten kommen und fragte ihn wie viel Arbeitszeit er wohl aufwende, um einen solchen reizenden Stock her- zustellen? Er antwortete mir naiv: wI-Ierr, wenn die Schweine ruhig sind, zwei Tagen- Freilich ist auch diese schöne Fertigkeit im Abnehmen und es gibt schon viele Dörfer, wo man keine kunstfertigen Hirten mehr findet. Ich habe es als meine Aufgabe bezeichnet, Ihre Aufmerksamkeit auf die Bedeutung der slavischen I-Iausindustrie zu lenken. Wenn rnir dies gelungen, so werden Sie mir es, hoffe ich, erlauben, über den Ursprung und die Eigenartigkeit derselben in Kurzem Einiges zu erwähnen. Als die slavische Hausindustrie, so zu sagen entdeckt wurde, war man geneigt, sie als durchaus originell und ausschließliches Eigenthurn der slavischen Stämme aufzufassen. Als man verwandte Motive in der skandinavischen, rumänischen, siebenbürgisch-deutschen Ornamentik in großer Menge auffand, war man anderseits versucht, die Eigenartigkeit der slavischen Ornamentik und Hausindustrie zu unterschätzen. Die Frage nach der Ursprünglichkeit und den Quellen der slavischcn Ornamentik und Hausindustrie ist noch keinesfalls spruchreif und muss eine große Menge wissenschaftlichen Materials aufgespeichert und verarbeitet werden, ehe auf dem Wege vergleichender Studien hierüber ein definitives Urtheil gefällt werden kann. Dass die Slaven ebensogut, wie die übrigen indo- europäischen Völker aus der gemeinsamen Urheimat, nicht nur eine aus- gebildete Sprache, sondern auch eine, bis zu einem gewissen Grad, aus- gebildete Ornamentik und Hausindustrie mitbrachten, steht außer Zweifel und dürfte gerade in dieser uralten Erbschaft das Gemeinsame der Motive aller alten Volksindustrien liegen. Es ist aber ebenso zweifellos, dass die Ornamentik der Slaven so gut eigenartig ist, als die Sprache derselben, trotz ihrer Verwandtschaft mit den übrigen indoeuropäischen Sprachen. Freilich ist keines der großen Weltereignisse, welches das Schicksal der slavischen Stämme berührte, an dem künstlerischen Fond derselben spurlos vorübergegangen, hauptsächlich ist es aber außer Zweifel, dass die zu wenig gekannte byzantinische Kleinkunst auf die slidslavische und russische Hausindustrie einen bestimmenden Einfluss ausübte. Das orientalische Kunstgewerbe hat nachweisbar und in größtem Umfang auf die ganze europäische Textilindustrie, also auch auf die slavische, mächtig eingewirkt. Es wird gewiss gelingen, mit der Zeit alle diese Culturschichten klar zu bestimmen. Es ist aber die höchste Zeit, dieser Sache unsere Aufmerksamkeit zuzuwenden, denn nicht nur in Croatien und Slavonien, auch in Russland ist die Hausindustrie im Zerfallen, in Schweden müssen sich auch Vereine um ihre Erhaltung kümmern; im Orient dringt die abendländische Industrie vor. Ueherall war die Hausindustrie der Großindustrie vorangegangen,