309 tern und Persern noch die Saulen gleichmäßig im Raum vertheilt waren, und wie von den Griechen an das lnterieur sich in ein breiteres Mittelschiff und schmalere Seiten- schiffe gliedert. Diese Theilung wird in allen folgenden Stylen durchgeführt, nur immer erweitert und vergrößert, zunachst in den römischen und altchristlichen Basiliken. wo aber die hölzerne Decke die Dauerhaftigkeit des Baues schadigt. Darum fand das Gewölbe immer ausgedehnter: Verwendung. Es wird dessen Einfluss auf die Gliederung des Raumes darv gestellt und die Entwicklung an den römischen Thermen, am Pantheon, der Sophien- kirche und Markuskirche nachgewiesen. Die Verbindung der Gewölbe mit jenen altchrist- liehen Basiliken, die aus den eminent praktischen Gründen der Sicherung des Baues er, folgte, führt zum romanischen Styl, dessen machtige Pfeilermassen aber unwiderstehlich zur Gothik dringen, in der endlich der günstigste Ausgleich gefunden war, zwischen möglichst freier und durchsichtiger Raumesgestaltung, elementarsicherer Decke und mögr lichster Oekonomie des Aufwandes. Mit der Gothik war die Steintechnik am Ende ihrer Entwicklung angelangt: es trat die Renaissance ein, an deren Anfang der bedeutendste Raum aller Zeiten in der Peters- kirche erstand. Ein Rückblick auf die Raumesentwticklung zeigt uns zwei nebeneinander- laufende Processe: Der erste geht vom Nilthal aus und schließt mit dem Kölner Dorn; ihm liegt die Steinarchitektur zu Grunde, sowie der EinHuss bescheidener Mittel und des nordischen Klimafs; der andere Process beginnt in der Ebene des Euphrat und Tigris und endigt mit der Peterskirche; dieser entwickelt sich aus dem Thone, der Backsteinarchitektur; er ist an den glanzendsten Hofen der Welt großgezogen, unter beständigem Ueberßuss und unter dem herrlichsten Klima Jener entwickelt die Form, dieser den Raum. Der Vortragende wirft noch einen Blick auf die Gegenwart, in deren chaotischen Kunstbegrilfen er ein Uebergangsstadium erkennt. Dieses wird hervorgerufen durch das Auftreten eines neuen Materials. des Eisens, des an allen Traditionen der Vergangen- heit rüttelt. Doch kann dasselbe in der Monumental-Baukunst vorlauhg nur verhüllt: Anwendung finden, zur Erweiterung und Vergrößerung der Raume, die es zugleich mit elementarsicherer Decke versieht, - die Architektur selbst muss sich aber an die alte überlieferte Steinarchitektur anlehnen, um so eher, als das Bedurfniss nach etwas Neuem nicht vorhanden ist. Nur auf diesem Wege, den auch die neuen Monumentalbauten Wiens betreten haben, ist ein Fortschreiten der Bautechnik möglich, ohne dass die Kunst darunter leidet. Auch dieser eminent lehrreiche Vortrag wurde von den zahlreichen Zuhörern mit lebhaftem Beifall aufgenommen. Literaturbericht. Rafiray, Achille: Les eglises monolithes de la ville de Lalibela (Abys- sinie). Paris, V" A. Morel 8c Comp., 1882. Fol. Bei der Ueberfulle von Publicationen, welche bereits bekanntes kunsthistorisches Material mit einigen Variationen immer wieder behandeln, kann ein Werk wie das vor- liegende schon deshalb einen besonderen Werth für sich in Anspruch nehmen, weil es ein bisher ganz unbekanntes Gebiet der Kunstforschung erschließt. Vor etwa zehn Jahren war zum ersten Male in französischen Zeitschriften die Rede von einer christlichen Mo- nolithkirehe und nun bringt uns Ralfray die Kunde und die Bilder von etwa zehn ahnlichen Bauten, ia er verweist sogar auf die ihm zu Theil gewordene Anzeige, dass im abessynischen Gebiete ihrer noch gegen 200 sein sollen. Die von ihm beschriebenen und gezeichneten Kirchen befinden sich in der kleinen Priesterstadt Lalibela, die von einem Mnnche be- herrscht in der Provinz Lasta abseits alles Verkchles liegt. Sie bilden einen um seiner Wunderthatigkeit hochverehrten heiligen Bezirk und sind thatsaehlich ganz aus dem Felsenblock, der mitten in einer Art Steinbruch ausgespart wurde, gemeißelt: die Um- fassungswande, die umgebenden und die im lnnern die Decke tragenden Pfeiler, die Bogen, welche über scharf vorspringenden Kämpfern unter der (lachen Decke von Pfeiler zu Pfeiler gehen, alles aus dem lebendigen Felsen gearbeitet. An diesen Bautlieilen und an dem Ornamente derselben, an den Thür- und Fensterötfnungen, überall zeigt sich das bindende, eigentlich stylbildende Element des verwendeten Materiales. Witz die archi- tektonischen Gliederungen die denkbar einfachsten, fast auf die uuabweisliche Nothwen- digkeit beschrankten sind, so sind auch die decorativen Theile, Reliefs und Malerei die uralten ursprünglichen: Mäander, Zopfgeüecht und die simpelsten Textilmuster. Dazu kommt nur noch das griechische Kreuz, in der dünneren Felsenwand als Fensteroffnung