Aufgabe des Architekten fasste er so auf, wie sie Vitruvius, der griechischen Tradition folgend, formulirt hatte: cuius iudicio probantur omnia quae a caeteris artibus perficiuntur opera. Der Architekt ist der geistige Führer für alle Künste, welche zum Bau gehörten. Hansen prüfte daher alle Entwürfe, corrigirte die Skizzen der Maler uncl der Bildhauer, welche für seine Bauten arbeiteten, und zeichnete alle Details für den Handwerker und Industriellen, wenn es nöthig war. Er hat wenig Respect für das Princip des Individualismus, schiebt mit echt dänischer Zähigkeit und Rücksichtslosigkeit Alles bei Seite, was seiner Kunstanschauung nicht entspricht. Die Einheit und Stylrichtung des Werkes gilt ihm Alles. Dass er bei dieser Lebensanschauung viele Gegner, dagegen wenig ergebene Freunde und Arbeitsgenossen hat, ist leicht begreiflich. Wie Schinkel, so hat auch Hansen sich in der Gothik ver- sucht, aber diese seine Versuche missglückten noch mehr als die Schinkels, der eine romantische, um nicht zu sagen christliche Ader in sich hatte. Mich haben seine gothischen Versuche oft interessirt, aber nie befriedigt, während ich von Bewunderung für seine monumentalen Bauten erfüllt bin, in welchen er seiner hellenischen Weltanschauung freien Lauf lässt. Der Säulenbau und die Innenräume des Parlamentshauses gehören zu dem künstlerisch und technisch Vollendetsten, was die moderne Kunst geschaffen hat. Unter den Wiener Künstlern, die seinem Geist am verwandtesten sind, standen und stehen Rahl, seine Schüler Eisenmenger und Griepenkerl und der Böhme Bildhauer Vincenz Pilz in vorderster Reihe; unter den Wiener Kunstindustriellen sind ihm Lobmeyer, Dubell, Detoma befreundet. Von der Polychromie im Sinne des Hellenismus macht er großen Gebrauch und verwendet sie mit hohem Verständniss. Die schon erwähnten Innenräume des Parlamentshauses geben vollgiltiges Zeugniss hiefür. Dass er in letzter Zeit oft von dem Golde als Decorationsmittel größern Gebrauch macht, als es gut und nöthig ist, möchten wir dem Wider- spruche gegen die Opposition zuschreiben, welche sein Project in dieser Richtung erfahren hat, und welche ihn bei Verwendung des Goldes über das rechte Maß hinausführte. Der moderne Realismus und der jetzt herrschende Münchener Ba- rockismus sind ihm ein Gräuel. Dass er daher für Meister, wie Rembrandt und Hals, Ostade und Teniers kein Verständniss besitzt, begreift sich, sie sind ihm die alten Rhyparographen. Kunstverein und Kunstausstellung, wie sie jetzt grassiren, sind ihm, und wohl rnit Recht, mehr Zeichen eines Verfalles und eines sinkenden Geschmackes, als Bildungsmittel der Kunst. Geld ist ihm Nebensache; die Kunst, durch die Kunst reich zu werden, hat er nicht verstanden und nicht geübt. Ein ganz untadlicher Charakter, ist er ein hingebender Lehrer, der seine Schüler nicht aus- nützt, sondern sie fördert, wie er nur kann. Dass ihn seine Schüler enthu- siastisch verehren, ist begreiflich. Wenn ihn die philosophische Facultät der