Literaturbericht. Vorlagenwerke für Kunstgewerbeschulen. (Die Publicationen von E. Drahan, Fr. E. Meyer und O. Wersch owsky.) Wir machen unsere Leser auf einige Werke aufmerksam, welche für Kunst- und Gewerbeschulen und für Kunsthandwerker bestimmt sind. Ern. Drahan, k. k. Webe- schul-Director, veroßentlicht zwei Werke, welche im Verlage von A. Schöpfer in Reichenberg erscheinen und bei Knorr St l-lirth in München gedruckt werden; das eine führt den Titel i-Ornamentale Entwürfe für die Zwecke der Textil- industrie und der nächstverwandten Kunstgewerbe- und das andere -Cveo- metrische Ornamente für die Zwecke der Flachendecoration mit beson- derer Berücksichtigung der Textilindustrien Vom Verleger und Buchdrucker vortreiflich ausgestattet, empfehlen sich beide Werke durch ein handsames Format, eminente stylgerechte Durchführung und mäßigen Preis. Der Name Emanuel Drahan's hat im Oesterr. Museum einen sehr guten Klang. Er ist vom Hause aus Weber, hat seine technische Schulung in Brünn erworben, und dann seine künstlerische Ausbildung in der Kunstgewerbeschule des Museums, speciell bei J. Storck erhalten, dessen Fachschule er durch eine Reihe von Jahren besuchte, bis er vom Ministerium als Lehrer an die Webeschule nach Reichenberg in Böhmen berufen wurde. Die Zahl der Männer, welche sich dem Lehrberufe im Textilfache widmen, ist überall eine geringe, es ist daher ganz begreiflich, dass Drahan's Publicationen mit beson- derer Aufmerksamkeit verfolgt werden. Wir empfehlen unseren Lesern die Lecture der beiden Vorworte, sie enthalten die Lebenserfahrung eines Mannes, der mit der Praxis der Weberei die Erfahrungen eines Lehrers verbindet. Gegenwärtig ist E. Drahan von Seite des Unterrichtsministeriums beauftragt, ein umfassendes Werk für Webeschulen Iabzufassen. Ein anderes Werk, welches unsere Aufmerksamkeit in hohem Grade in Anspruch nimmt, ist die wOrnamentale FOTmEnICHTGK von Prof. Fr. S. Meyer, welche unter der Aegide der grossh. badischen Kunstgewerbeschule in Leipzig bei Seeman veröffentlicht wird. Das Werk erscheint in 30 Lieferungen mit je 10 Tafeln in Folio und gibt eine systematische Zusammenstellung des Wichtigsten aus dem Gebiete der Ornamentik zum Gebrauche für Schulen, Musterzeichner, Architekten und Gewerbetreibende. Ein Vorwort enthält Bemerkungen für den Schulgebrauch, denn in erster Linie ist das Werk für Schulen bestimmt. Es gibt vorerst eine Begriffsbestimmung, was unter dem Lehrgegenstande der ornamentalen Formenlehre zu verstehen ist, und dann weiter ein Bild, in welcher Weise der Unterricht in der Karlsruher Kunstgewerbeschule in der ornamentalen Formenlehre ertheilt wird'). Architekten benutzen wohl solche Werke nur selten und die Gewerbe- treibenden gebrauchen gerne Werke, welche fertige Objecte darstellen, ihnen fehlt in der Regel die Schulung, um von Büchern dieser Art von Fr. S. Meyer einen nützlichen Gebrauch zu machen. Denkenden Lehrern wird dieses Werk sehr dienlich sein, denn es gibt zugleich die geometrischen Grundlagen, die Naturformen, welche jedem Or- namente zu Grunde liegen, und dann die Kunstformen, welche sich in der geschicht- lichen Entwicklung des Ornamentes in den verschiedenen Stylen erhalten haben, schließlich gibt es dann die wirkliche Anwendung, sei es in Keramik, Gerath, Schmuck, Heraldik und Schrift. Besonders für jene Schulen, welchen Bibliotheken oder ein großer Lehrapparat nicht zur Verfügung stehen, wird das Werk recht nützlich sein. Denn auf den 300 Tafeln ist ein großes Material aufgespeichert, welches jeder gut geschulte Zeichenlehrer mit Nutzen verwenden kann. Da sich jetzt auch Lehrer an Volks- und Burgerschulen gerne mit kunstgewerblichen Aufgaben beschäftigen, so wird solchen Lehrern durch das Werk ein Fingerzeig gegeben, dass es sich bei solchen Aufgaben nicht um das Copiren von Vorlagen, sondern darum handelt, in den elementaren Grundlagen des Ornamentes eine Sicherheit zu erhalten. Besonders ruhmend müssen wir es hervorheben, dass Herr Fr. Meyer jedem Versuch, den modernen Barockismus, die sogenannte malerische Behandlung des Ornamentes, in das Werk aufzunehmen, aus dem Wege gegangen ist, sowohl in der Art der Zeichnung als in der Wahl der Objecte. Er fußt in den Principien zumeist auf Botticher und Semper. Die Würdigung des didaktischen Theiles des Werkes müssen wir einem Fachorgane überlassen. ') Dort ist ein Massenunterricht eingeführt, d. h. satnmtliche Schüler eines Jahres- curses erledigen die gleiche Aufgabe. Der Unterricht umfasst drei Jahrescurse mit wöchentlich drei Doppelstunden, von denen die eine zum Vortrage, die übrigen zur Aus- arbeitung der Blätter benützt werden, so dass jeder Curs pro Jahr ca 30-40 Blätter herstellen kann. Ob es passend ist, in einer Kunstgewerbesthule einen Massenunterricht einzuführen, ist eine Frage, die hier nicht erörtert werden kann. Es wurde uns dies zu weit führen.