274 In allen öffentlichen Angelegenheiten nimmt Stroßmayer eine erste Stelle ein; im vaticanischen Concil war er ein hervorragender Redner. Wer sich für Stroßmayer interessirt, findet in C. Wurzbach's biogra- phischem Lexikon des Kaiserthums Oesterreich eingehende und verläss- liche Daten; leider reichen diese nicht bis in die Gegenwart. Es wird bald in dem weiten Gebiete der habsburgischen Monarchie keinen Volksstamm gehen, der sich nicht des Besitzes eines Museums rühmen könnte, welches seine künstlerischen, historischen und antiqua- rischen Interessen pflegt. Die meisten Museen besitzen Dalmatien, Ungarn: Böhmen und Galizien; dagegen sind die Ruthenen, Slovaken, Rumänen und Serben stiefmütterlich bedacht. Für die Südslaven hat nun Stroß- mayer in Agram in würdiger Weise gesorgt. Leider mischt sich jetzt fast überall, wo Museen gegründet werden, die Politik hinein, verrückt dadurch die civilisatorischen Zielpunkte der Museen, und hindert eine ruhige Entwickelung derselben. Der Brief, den StroBmayer jüngst an den Bürgermeister von Laibach geschrieben hat, wäre wohl besser unge- schrieben geblieben. Das kunstgewerbliche Museum im Rudolfinum in Prag. Von R. v. Eitelberger. Das Rudolfinum in Prag ist eine Schöpfung der um Prag hochver- dienten böhmischen Sparcasse, hervorgerufen aus Anlass ihres fünfzig- iährigen Jubiläums. Der Bau wurde von dem Architekten Johann Schulz im Renaissancestyle ausgeführt. Das Haus ist prachtvoll gelegen. Von allen Seiten frei, mit einer herrlichen Aussicht auf die Moldau und den Hradschin, bildet das Rudolfinum eine architektonische Zierde Prag's, die ohne Zweifel sehr viel dazu beitragen wird, den Fremdenverkehr in der Hauptstadt Böhmens zu beleben. Der Prachtbau, am r6. September d. J. eingeweiht, ist der Gesellschaft der patriotischen Kunstfreunde, dem Conservatorium und dem von der Prager Handelskammer gegründeten Kunstgewerbe-Museum gewidmet. Das Rudolfinum ist das einzige der Kunst zugeeignete Gebäude in Prag, wo nicht blos Musiker, sondern auch Kunst- gelehrte, Kunstfreunde, Künstler und Kunsthandwcrker Räume finden, in denen sie Belehrung und Anregung holen können. Es kann nicht meine Sache sein, mich mit allen Anstalten, welche im Rudolfinum der bildenden Kunst zugewiesen sind, zu beschäftigen, aber ich kann meine Freude darüber nicht unterdrücken, dass endlich einmal die Gemäldegalerie der Gesellschaft der patriotischen Kunstfreunde, als deren Vorstand der Maler Barvitius fungirt, auf eine würdige Weise in Prag untergebracht wird. Es wurde auch eine sorgfältige Reinigung und Restaurirung der Gemälde vorgenommen, und zwar durch den hiezu berufenen Restaurator der königl. Gemäldegalerie in Berlin, Herrn Böh m. Bisher waren die für die