Milmailnnuen das k. Llleslßrreich. Museums
KUNST UND INDUSTRIE.
Monatschrift für Kunst und Kunstgewerbe.
Am x. eines jeden Monats erscheint eine Nummer. Abonnementspreis per Jahr 1.4.-
Redacteur Jouf Fnlnalles. Expedition von C. Gerald" Sohn.
Man abonnirt im Museum, bei Gernld Camp, durch die Poltnnstalten, sowin durch
alle Buch- und Kunsthandlungen.
WIEN, FEBRUAR 1885. XX, Jahrg,
Inhalt Programm einer hmonschen Ausstellung von Wand- und Plafond-Decoralinnen im Ocstcrr.
Museum 885. Ueber das Verhältnis der Architekrur zur Kunstindustrie. Von Jos. Folnesics.
Schluss. Die aocinle Stellung der Architekten. Von R. v. Eitelherger. lurnken-Wehcsluhl.
Donnerstags-Vorlesungen im Museum. Oeinere Mittheilungen.
einer historischen Ausstellung von Wand- und Plafond-Decorationen
im Oesterr. Museum 1885.
Die Ausstellung soll ein umfassendes und lehrreiches Bild ergeben,
wie in den verschiedenen Zeiten und in den verschiedenen Kunststylen
Wände und Plafonds verziert worden sind.
Mit dem alten Aegypten beginnend und mit dem Anfange des neun-
zehnten Jahrhunderts endigend, bringt sie daher in chronologischer Reihen-
folge die folgenden Epochen und Stylarten zur Darstellung
Aegypten mit Assyrien;
die griechisch-römische Wand-Decoration;
die altchristliche und byzantinische Decoration;
orientalische rnuhamedanische Decoration, von Spanien bislndien;
Decoration des Mittelalters im Occident";
italienische Frührenaissance;
italienische Hochrenaissance;
die Renaissance in Deutschland und anderen Ländern;
die Barock- und Rococozeil;
der Stil Louis XVI. und Empire.
Die Gegenstände, welche die Ausstellung bilden, bestehen nur in
Abbildungen, seien es Zeichnungen, Aquarelle, Stiche, Photographien,
und zwar
i. aus Einzelblättern, welche, thunlichst unter Glas und Rahmen,
die Wände erfüllen;
X. Bd. 1885.
Es swv 9211-???"
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2.. aus den betretfenden artistischen Büchern, und zwar diese ins-
besondere" dann, wenn eine bestimmte Epoche nicht hinlänglich in Einzel-
hlättern vertreten sein sollte.
Das Material liefern zunächst die Sammlungen des Museums selbst,
sodann die Beiträge der Künstler und Kunstfreunde aus ihren Copien,
Skizzen oder etwaigen Sammlungen.
Von dem Druck eines ausführlichen Kataloges wird abgesehen,
dagegen werden die Blätter mit erklärenden Zetteln versehen und ein
gedrängter wFühreru verfasst.
Die Ausstellung wird Ostermontag den 6. April eröffnet und gegen
Ende September geschlossen werden.
Wien, 29. Jänner 1885.
Ueber das Verhältniss der Architektur zur Kunstindustrie.
gehalten im Oestcrr. Museum für Kunst und Industrie in Wien am 18. Decbr. 1884
von Josef Folnesics.
Schluss
Haben wir nun kurz skizzirt, welch' maßgebenden Einfluss die
Stellung der Architektur im gesammten Kunstleben auf die Auf-
fassung in Kunstfragen im Allgemeinen, wie auf die Entwickelung des
Kunstgewerbes ausübt, so müssen wir jetzt die Frage erörtern, ob auch
in Zukunft sowohl durch Entwürfe wie durch Unterricht an kunstge-
werblichen Schulen ein directer Einfluss der Architekten auf das Kunst-
gewerbe als nützlich erachtet werden muss. Wie sehr man auch nach
dem Vorausgegangenen die Bejahung dieser Frage erwarten sollte, sind
doch maßgebende Stimmen dagegen laut geworden. Die Architekten,
welche sich, namentlich so lange das Kunstgewerbe noch in den ersten
Anfängen der Reform begriffen war, freudig der Aufgabe unterzogen,vbei
jeder Gelegenheit Entwürfe für Decoration und Ausstattung ganzer Woh-
nungen bis in's kleinste Detail zu componiren, weisen gegenwärtig dar-
auf hin, dass jene wohlthuende Mannigfaltigkeit, die mit zu den Reizen
eines lnterieurs gehört, nicht zu erreichen ist, wenn jeder, selbst der
geringfügigste Entwurf, die eigenartige Compositionsweise ihres Ateliers
zeigt. Kunstästhetiker machen geltend, dass Monotonie und Langweile
an Stelle eines befriedigenden Ensembles treten, dass der Besitzer an
sein Eigenthum derartig gebunden ist, dass weder ein Wechsel noch
eine Nachschaüung eintreten kann, ohne die gesarnmte schwer errungene
Harmonie zu stören, dass endlich die strenge Durchführung eines be-
stimmten Styles weder auf die Dauer befriedigt, noch mit den mo-
dernen Lebensgewohnheiten vereinbar ist. Gleichzeitig werden wir daran
erinnert, dass in früheren Jahrhunderten der Architekt keineswegs be-
Jll
müßigt war, für jede kunstgewerbliche Arbeit die genauesten Angaben
zu machen, dass sich vielmehr Architekten und Gewerbetreibende so
gut verstanden, dass man Letzteren die weitgehendsten Freiheiten lassen
konnte. Unter solchen Umständen war nicht allein viel Zeit und Arbeit
erspart, der Kunstindustrielle, der sein Metier gründlich verstand, wusste
auch die Vorzüge des Materials, in welchem er arbeitete, in so emi-
nenter Weise zur Geltung zu bringen, wie es der Architekt, der weder
Tischler noch Erzarbeiter, weder Hafner noch Teppichwirker ist, nie und
nimmer vermocht hätte. Wie wir sehen, erhebt sich also die Opposition
gegen den Einfluss der Architekten auf das Kunstgewerbe im Lager der
Architekten selbst und stützt sich im Wesentlichen auf zwei Argumente
auf die Einförmigkeit, welche der besprochene Vorgang herbeiführt, und
auf das Beispiel der Vergangenheit, die Besseres geleistet habe, ohne dass
ein so unmittelbarer Einfluss der Architekten stattgefunden hätte.
"Das Kunstgewerbe muss wieder selbständig werdenu, so lautet das
Schlagwort in jenen Kreisen. Es hat dasselbe umsomehr Anklang ge-
funden, als bei den verschiedensten Gelegenheiten zufolge des Einflusses
der Architekten an Möbeln, Geräthschaften, Webereien u. s. w. eine kalte
Steifheit, ein Mangel an Grazie und Anmuth, ein trockenes schematisches
Formelwesen zu Tage trat, welches Laien zu dem Ausspruch verleitete,
solche Dinge seien vielleicht von staunenswerther Correctheit, aber schön
könne man sie nicht nennen, während ihnen der Fachmann auch die
erstere Eigenschaft absprechen musste, da ihnen jene Correctheit, wie sie
das innere Wesen des Gegenstandes fordert, abging. Und es ist dieser
Widerwille gegen Entwürfe, die von außenher dem Kunstgewerbe zu-
fließen, noch gestiegen angesichts von Arbeiten, welche Leute von unzu-
länglicher Bildung, darunter namentlich unbeschäftigte Bauzeichner, die
sich gelegentlich auch Architekten nannten, ausgeführt hatten. Talent-
losigkeit des Einzelnen kann uns aber nicht veranlassen, ein an sich rich-
tiges Princip aufzugeben. Dagegen wird es sich in den meisten Fällen
empfehlen, wenn bauführende Architekten nur bis zu einer bestimmten
Grenze das Kunstgewerbe an ihre eigenen Entwürfe binden. Was mit
dem Gebäude nicht mehr in fester, unverrückbarer Verbindung steht,
sollte sich in der Regel ihrem Wirkungskreis entziehen, denn unwillkür-
lich bewegt sich die schaffende Phantasie innerhalb des Kreises der ge-
wohnten Formenwelt, in diesem Falle also der rein architektonischen,
und es werden dann Möbel, Oefen, Uhren u. s. w. ebenfalls zu förm-
lichen Gebäuden. Etwas Anderes ist es aber, bauführende Architekten
mit kunstgewerblichen Aufgaben zu betrauen oder Künstler zu derar-
tigen Entwürfen heranzuziehen, die ihrem Studiengange nach zwar Archi-
tekten sind, sich aber später dem Kunstgewerbe zugewendet haben und
mit der Malerei und Plastik in lebendiger ununterbrochener Wechsel-
beziehung stehen. Solchen Architekten muss auch in Zukunft die gei.
stige Führung im Kunstgewerbe überlassen bleiben, und wir sind vor-
24'
P14.
läulig nicht, im Stande abzusehen, wann die Zeit kommen könnte, wo
das Kunstgewerbe ohne Schaden zu nehmen, sich von einer derartigen
Leitung emancipiren dürfte. Wir können also den Grundsatz, dass das
Kunstgewerbe wieder selbständig werden müsse, nur mit gewissen Ein-
schränkungen acceptiren. Ganz unrichtig ist es, uns in diesem Falle das
Beispiel der Franzosen vorzuhalten. Denn bei allen jenen Gelegenheiten,
wo es sich darum handelt, reichere Möbel oder sonstige größere Obiecte
in einem ganz bestimmten Styl durchzuführen, wendet sich der Pariser
Ehenist ebenso an einen Architekten, wie die berühmten Bronzegießer
Barbedienne oder Deniere sich von den ersten Bildhauern von Paris ihre
Modelle verschalfen. Jenes große Gebiet der Kunstindustrie dagegen,
welches sich auf die Entwürfe der aus dem Handwerk hervorgegangenen
Dessinateure stützt, zeigt zum großen Theil eine künstlerische Verwahr-
losung, die eine unübertrolfene Routine und virtuose Technik kaum zur
Noth verhüllt. Uns, welchen keine ununterbrochene Tradition im Kunst-
gewerbe zur Seite steht, uns, die wir zahlreiche kunstgewerbliche Tech-
niken erst vor Kurzem neu lernen mussten, uns würde ein Vorgang nach
dem Muster der Franzosen direct in's Verderben stürzen. Ebensowenig
dürfen wir uns durch Zustände der Vergangenheit im Urtheil über das
irre machen lassen, was uns heute frommt. Die Selbständigkeit des
Kunstgewerbes in früheren Jahrhunderten war überhaupt in ganz ande-
rem Sinne vorhanden, als man sie heute von gewissen Seiten anstrebt.
Eine viel mächtigere Führung, als heute durch die Architektur aus-
geübt werden soll, lag damals in der Tradition, dem ausgesprochenen
Styl, dem eng begrenzten Formenschatz. Die Selbstständigkeit der Kunst-
industrie unserer Vorfahren bestand nur darin, dass das technische Ver-
fahren unmittelbaren Einfluss auf die Kunstform ausübte, dass die richtige
technische Behandlung das eigentlich bewegende Motiv in der Kunst-
industrie war, Form und Farbengebung nur die naturnothwendige C0nse-
quenz der technischen Procedur bildeten. Gerade diese Punkte aber sind es,
welche dem modernen Industriellen die größten Schwierigkeiten machen,
und über welche ihn nur der mit historischem Wissen und künstlerischem
Empfinden ausgestattete Architekt glücklich hinüber zu führen vermag.
Bei dem heutigen Stande der Technik. wo das scheinbar Unmögliche
mit Leichtigkeit ausgeführt wird, wo wir im Stande sind, jedem Materiale
das Aussehen eines beliebigen anderen Materiales zu geben, so dass oft
Fayence von Metall, Leder von Holz, Papier von Elfenbein nur mehr
durch das Gehör oder den Tastsinn von einander unterschieden werden
können, hat der Einfluss des Materiales auf Technik, Farbe und Form
aufgehört, die richtigen Wege für die künstlerische Behandlung zu weisen.
Oder gibt es Jemanden, der behaupten wollte, dass die Kunstindustrie seit
den letzten 20 Jahren wieder in den Besitz fester, bindender Gesetze
gelangt sei? Ich meine im Gegentheil, das allgemeine Urtbeil in Fragen
der Kunstindustrie ist durch die rasche Aufeinanderfolge verschiedener
Style nur noch schwankender geworden und der Boden für eine gesunde
Entwickelung noch immer nicht geebnet. Nur innerhalb eines relativ
kleinen Kreises geistesverwandter Menschen hat eine wirkliche und durch-
greifende Besserung stattgefunden. Klarer als zu Beginn der Reform tritt
die Thatsache uns entgegen, dass nur ein geringer Bruchtheil der Gebil-
deten befähigt ist, unseren Bestrebungen zu folgen. Andere Interessen,
mächtigere Strömungen entfernen die moderne Gesellschaft von der Kunst.
Den meisten Menschen fehlt die nöthige Muße, Ruhe und Sammlung,
um sich in ein Kunstwerk wahrhaft zu vertiefen. Mit dieser Vertiefung,
mit diesem langsamen Vertrautwerden mit den Intentionen eines Künstlers
erwacht aber erst die rechte Lust an einem Kunstwerk. Das Interesse,
welches der moderne Mensch den Werken der Kunst entgegenbringt, ist
nur ein oberfiächliches und Hüchtiges, oft selbst ein gemachtes und
unwahres. Erst kürzlich hat ein bekannter Kunsthistoriker darauf hin-
gewiesen, dass Kunst und Wissenschaft niemals gleichzeitig bei einem
Volke zu höchster Blüthe gelangten, dass es gedankenlos sei, diese beiden
Begriffe bei Schilderung gewisser Culturepochen gemeinsam im Munde
zu führen, dass vielmehr stets beobachtet werden kann, dass die Cul-
minationspunkte dieser beiden Culturbestrebungen in der Weise auf-
einander folgen, dass zuerst die Kunst und dann die Wissenschaft ihre
höchste Bltithe erreicht. Aristoteles ist aufgetreten, als die heroische Zeit
der griechischen Kunst bereits vorüber war, während zu Lionardds,
Michelangelcfs und RafaePs "Zeiten kein Gelehrter gelebt hat, dessen
Werke denen jener Meister nur annähernd zur Seite gestellt werden
können. Unsere Zeit kann in Nichts ihren Charakter als Epoche der
großen Entdeckungen im Reiche der Natur verleugnen, und wie zum
Beweise dafür, dass die Wissenschaft alle Culturbestrebungen unserer
Zeit souverän beherrscht und wir alle lebendig wirkenden Kräfte ihr
verdanken, hat auch die Reform des Kunstgewerbes auf wissenschaft-
liche Anregung hin stattgefunden. Es ist kein Zufall, sondern liegt im
Wesen der modernen Cultur tief begründet, dass der erste Anstoß hiezu
von einem Manne ausging, der Künstler und Gelehrter in einer Person
war. Gottfried Semper musste schaffender Künstler sein, sonst hätten
ihn die Fragen der Gegenwart nicht so tief berührt, gelehrtes Wissen
aber musste er besitzen, um den Stützpunkt für den Hebel zu finden,
womit er die Irrthümer in Kunst und Kunstgewerbe seiner Zeit gleichsam
aus den Angeln hob. Und wiederum waren es nicht Künstler, sondern
Kunstgelehrte, welche Semper's Ideen aufgriifen und weiter verbreiteten.
So ist denn die Kunst der Gegenwart und mit ihr die Kunstindustrie
zum großen Theil ein Product der gelehrten Forschung, und zwar steht
die Sache so, dass wir in den meisten Fällen sofort wieder in Irrthümer
gerathen, wenn wir uns nur wenige Schritte von derselben entfernen.
Täglich treten uns die Beweise dafür vor Augen. S0 hatte sich unsere
Schmiedetechnik in Eisen kaum von Neuem zu hoher Leistungsfähigkeit
emporgearbeitet, und sahen wir Gitter, Lampen, Luster, Gueridons und
Beschläge aller Art entstehen, die eine erfreuliche Virtuosität in Behand-
lung dieses Materiales bekundeten", so wurde das Schmiedeeisen, seinem
festen, derben Charakter und seiner bescheidenen Farbenwirkung wider-
sprechend, mit Fayence und Porzellan verbunden, und es entstanden
Vasen und Schüsseln, Lampen und Uhren in Schmiedeeisen gefasst oder
mit solchem verziert, eine Combination, die ebenso unschön als styllos
genannt werden muss. Aehnliche Verirrungen finden wir auch auf anderen
Gebieten. Die mannigfachen und originellen Formen der nationalen
Töpferarbeiten boten unserer Keramik willkommene Gelegenheit, sich mit
neuen Arten zu bereichern, aber statt zu erkennen, dass die primitive
Technik und der geringe Aufwand an Mitteln mit zum Styl dieser Ar-
beiten gehört, hat man es verstanden, sie durch gesuchte Farben, unpas-
sende Malereien, plumpe Vergoldungen und sonstige Zuthaten charakterlos
zu machen. Und so ließe sich überall nachweisen, wie unter den Händen
der Fabrikanten und Kunstindustriellen Alles sofort styllos wird und
styllos werden muss. sobald nicht tüchtig geschulte Künstler, welche
sich gründlich mit den Stylfragen auf dem Gebiete des Kunstgewerbes
vertraut gemacht haben, den verschiedensten Verirrungen Einhalt thun.
Den Kunstindustriellen soll damit weder ein Vorwurf gemacht noch eine
unverdiente Kränkung zugefügt werden. Solche Erscheinungen sind viel
zu tief im Wesen unserer Zeit begründet, als dass Einzelne im Stande
wären, dagegen anzukämpfen. Täglich können wir es beobachten, welch'
lächerlicher Unsinn, welch' zügellose Willkür, welch' wahnwitzige Ge-
schmacklosigkeit sich in den Schaufenstern unserer Magazine breit macht.
Eisenbahnwaggons als Photographierahmen, Leiterwägen als Wandspiegel,
Fecht-, Jagd- oder Sportrequisiten als Tische, Stühle, Gebrauchs- und
Decorationsgegenstände aller Art, das sind die witzigen Einfälle einer
Kunstindustrie, welche für den Geschmack der großen Menge diesseits
und jenseits des Oceans arbeitet. Und man hat für diese Dinge auch
einen neuen, höchst charakteristischen Namen gefunden, man nennt sie
nPhantasie-Artikell. Es ist dieser Ausdruck deshalb so charakteristisch,
weil darin das völlige Verkennen dessen, was Phantasie, wenigstens eine
künstlerisch schaffende, eigentlich ist und soll, so deutlich zu Tage tritt.
Dass es aber so gekommen ist, kann Niemanden überraschen. Die
industriellen Erfindungen haben ungeheure Fortschritte gemacht, und die
Kunst hat mit ihnen nicht gleichen Schritt halten können. Nun sind
große Anstrengungen, eingehende Studien, umfassende Kenntnisse, nun
ist vor Allem eine ganz eminente künstlerische Begabung nöthig, um
dieses Missverhältniss nur annähernd auszugleichen. Die Kunstindustrie
hat in die Vergangenheit zurückgreifen müssen, um dort wieder festen
Boden zu gewinnen, sie musste die historische Wissenschaft zu Hilfe
nehmen, und auf solche Weise die künstlerischen Bedingungen gleichsam
von Neuem entdecken. Diese wissenschaftliche Grundlage ist aber auch
515
die Ursache, warum das große Publicum der Kunstindustrie weit weniger
Theilnahme entgegenbringt als in früheren Zeiten. Gehört ja zu deren
Verständniss ein Grad allgemeiner Bildung, welchen diejenigen nicht immer
erreichen, die ihrem bürgerlichen Berufe nach der Kunst ferne stehen.
Wenn aber die Wissenschaft einerseits die große allgemeine Basis
genannt werden muss, auf welcher die Kunst der Gegenwart steht und
so lange stehen wird, bis in der hohen Kunst Meister von so genialer
Kraft auftreten, dass alles schulmäßige Können daneben zur Unbedeutend-
heit herabsinkt, wenn wir der Wissenschaft das Wesentliche unserer heu-
tigen Kunst verdanken, so wirkt dieselbe anderseits vielfach zerstörend
auf Kunst und Kunstindustrie ein. Wenige von den zahlreichen Erfin-
dungen der Chemie, Technik und Mechanik haben die Kunst gefördert.
Unsere modernen Farben beleidigen das Auge, die vorgeschrittene Technik
verwischt die Grenzen der verschiedenen Kunstgewerbe, die neuen Con-
structionen unserer Ingenieure entziehen sich allen Gesetzen der Schön-
heit, die Arbeit der Maschine widerstrebt einem entwickelten Gefühl für
lebensvolle Formen. Fast jeder neue Vortheil in der Technik, wie ihn
die Wissenschaft bietet, zieht ein neues Opfer in der Kunst nach sich.
Neuerungssucht und Wechsel der Mode tragen das lhrige bei, um diese
Zustände noch zu verschlimmern.
So stellt sich also das Verhältniss der Kunstindustrie zum modernen
Leben dar. Es gilt eroberte Positionen zu behaupten, gefährdete zu
schützen, verlorene wieder zu gewinnen. Es gilt einen Kampf aller
Freunde wahrer Kunst gegen eine einseitige Geistesrichtung unserer Zeit.
Die Ueberzahl unserer Gegner darf uns nicht abschrecken, bleibt es ja
doch immer ein Kampf geistiger Macht gegen geistige Ohnmacht. Dass
aber die rechten Führer an der Spitze stehen, das muss unsere Sorge
sein. Wir sind nicht darüber im Zweifel, aus welchem Stande sie her-
vorgehen sollen. Damit sie aber in die Lage kommen, wirksam einzu-
greifen, müssen nicht allein gewisse Schäden und Unzukömmlichkeiten
im Architektenstande selbst beseitigt, Rechte und Pflichten genau präci-
sirt werden, es muss ihnen auch im Staate und in der Gesellschaft jene
Stellung eingeräumt und gesichert werden, die ihnen vermöge ihres weit-
gehenden Einflusses im modernen Kunstleben gebührt.
Und so wird wohl die Mittheilung nicht unerwünscht kommen, dass
vom Oesterr. Museum aus eine Action im Zuge ist, die dieses Ziel an-
strebt, und der sich Architekten aus allen Gauen der Monarchie ange-
schlossen haben.
Im Anschlusse an diesen Vortrag theilen wir folgende Denkschrift
mit, in welcher der Director des Oesterr. Museums, Hofrath R. v. Eitel-
berger und eine Reihe österreichischer Architekten sich über die Stellung
der letzteren im Staate und in der Gesellschaft aussprechen und ihre dies-
bezüglichen Wünsche formuliren.
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Schon längst erschien es den gezeichneten Architekten ein drin-
gendes Bedürfniss, dass die Bedingungen aufgestellt und an maßgebende
Stelle zur Verwirklichung gebracht werden, welcheigeeignet sind, eine
baukünstlerische Thätigkeit im Sinne wahrer Kunst für jetztl- und für die
Zukunft zu verbürgen.
Wer mit Aufmerksamkeit die heute bestehenden Verhältnisse, welche
die 'I'hätigkeit des Architekten beeinflussen, studirt, wer Thatsachen seiner
eigenen Erfahrung, seiner persönlichen Erlebnisse verfolgt, dieselben prü-
fend erwägt der kann sich sicher nicht verhehlen, dass einer allgemei-
nen Bethätigung künstlerischen Schaffens auf dem Gebiete des Hochbaues
nicht nur die Unterstützung seitens der maßgebenden Fac-
toren mangelt, sondern dass noch überdies Schwierigkeiten
in verschiedenen Eormen sich der Erstrebung eines solchen
Zieles entgegenstehen.
Freudig begrüßen wir daher, dass an berufener Stelle jene Maß-
regeln geplant werdeix sollen, welche geeignet sind, die gesammte
Bauthätigkeit unsäeres Landes im Sinne einer geläuterten
Baukunst zu fördeijn und zu entwickeln.
Es ist nicht unsere Absicht, schon heute all' die Fragen anzuführen,
geschweige zu erörtern, die hiebei zur Lösung kommen müssen, soll
dieses Ziel mit Sicherheit erstrebt werden können.
Umfassender Vorarbeiten und Studien wird es ja bedürfen, um solche
zweckdienliche Vorschläge und Einrichtungen feststellen zu können.
Was uns indess schon heute veranlasst, selbst hervorzutreten, das
ist eine Angelegenheit, deren Dringlichkeit durch die specielle Sachlage
bedingt ist.
Unserer Reichsvertretung liegt ein Gesetzentwurf zur Regelung der
Baugewerbe vor.
Bei der vuriährigen commissionellen Behandlung dieses Gegenstandes
wurden Bestimmungen proiectirt, die, über den Rahmen des Regierungs-
entwurfes hinausgehend, die heutige Stellung des Architekten
außer Acht lassen und geeignet sind, die Meinung zu er-
zeugen dessen xi st en als Bauconstructeur und Bau-
künstler werde nunmehr entbehrlich.
Wenn nach einem Amendernent, welches möglicherweise auf Voti-
rung durch das Haus zählen darf, ein Passus in dieses Gesetz aufgenom-
men werden würde, nach welchem dem bis heute vorerstfals ausführenden
Gewerbsmann bestehenden Baumeister die Ausführung der Bauarbeiter
in eigener Regie untersagt wird, derselbe dhgegen angewiesen
bleibt, den Bau bloß zu leiten, und die einschlägigen baugewerblichen
Arbeiten von concessionirten Bauhandwerkern ausführen zu lassen, so
ist damit die Wirksamkeit des Architekten gezeichnet, so
wie sie heute und in allen Kunstepochen zur Geltung kam.
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Der Baumeister ist dadurch seiner bisherigen Berechti-
gung zur gewerbsmäßigen Ausübung des Baugewerbes be-
raubt, und ihm bleibt bloß die Wahl, entweder Bauunter-
nehmer zu werden, oder die Bauten zu planen und zu leiten,
welche Aufgabe bei öffentlichen Bauwerken, sowie bei her-
vorragenden Privatbauten bis nun dem Architekten zuge-
fallen.
Es soll hier nicht weiter von dem schädlichen Einflüsse gesprochen
werden, welchen dieses Verhältniss auf das Maurergewetbe selbst
hinsichtlich der Fachtüchtigkeit und Leistungsfähigkeit
seiner Vertreter nehmen würde, sondern strenge die Frage dahin
beurtheilt werden, ob es im staatlichen Interesse gelegen, die
Classe der Architekten dadurch zu beeinträchtigen, dass in einem die
Bauthätigkeit so intensiv berührenden Gesetze der heutigen
Stellung des Architekten nicht gebührend Rechnung getra-
gen wird.
Es erscheint dieserhalb hier geboten, einige historische Rückblicke
anzuführen.
So weit unsere Kenntnisse zurllckreichen, ersehen wir, dass der
Stand der Architekten, sowie wir ihn heute kennen, und wie wir ihn
geschützt und gefördert wünschen, immer gewesen.
Zu allen Zeiten war die schöpferische Thätigkeit an den Bauwerken
den Architekten als Baukünstlern und Bauconstructeuren zugewiesen.
Schon Vitruv zeichnet die Aufgabe des Architekten dahin, dass der-
selbe das Gebäude zu planen, den Bau zu leiten habe und die Arbeiten
der anderen Werkleute und Künstler zu begutachten.
Besondere, umfassende Kenntnisse werden daher vom Architekten
verlangt.
Die Zeit der christlichen Baukunst nimmt das alte Verhältniss auf.
In den Klöstern finden sich die Baukünstler, welche die romanische
Stylperiode begründen.
ln der Zeit der Gothik sind es die Bauhütten als freie Vereinigung
von Baukünstleru, welche uns die Stätten bezeichnen, von welchen aus
die mittelalterliche Kunst ihren Weg nimmt.
Erst mit der Einführung zünftiger Einrichtungen, mit dem Angritie
auf die freie künstlerische Vereinigung gehen die Bauhütten ihrem Ver-
falle entgegen.
Die Zeit der Renaissance kehrt daher abermals zur freien Stellung
des Baukünstlers zurück.
In einer Kunstepoche, wo mit einem Schlage eine auf hundert-
iähriger Pflege und Entwickelung beruhende Kunstanschauung in den Hinter-
grund tritt, ist es wohl selbstverständlich, dass sich unabhängig von
den im Formenwesen ersterbenden Bauhütten die Bauküustler entwickeln
mussten.
Wir sehen daher in der Zeit der Renaissance den Architekten selbst-
ständig die bauliche Thätigkeit dieser Kunstepoche begründen.
So geht es weiter bis auf unsere Tage.
Zu allen Zeiten tritt uns derselbe Begriff vom Architekten entgegen.
Der Architekt ist der Schöpfer des Baues in construc-
tiver und künstlerischer Beziehung.
Er plant denselben und leitet ihn hinsichtlich seiner
technischen und künstlerischen Vollkommenheit.
Die ganze Baukunst bis auf unsere heutige Zeit ist ein
Werk der Architekten.
In unseren Städten, auf den Burgen und Schlössern unseres Adels,
bei den Kirchenbauten aller Confessionen, bei allen Bauten, wo über-
haupt künstlerische und technische Vollendung erstrebt und erzielt wurde,
sind es die Architekten, welche geplant und die Bauten ge-
leitet haben.
Leider muss constatirt werden, dass gerade heute, zum Schaden
der Kunst, so manche Bauten und so manche Restaurationen noch der
kundigen Hand solch" künstlerischer Kräfte entbehren.
Dies kann, wie wir hoffen, aber nur das Motiv werden,
um auch hier ein besseres Verhältniss für die Zukunft anzu-
streben.
Die Thatsache, dass in weniger entwickelten Ländern
ein solches Verhältniss noch nicht allgemein gekannt ist,
darf doch sicher nicht Grund werden, zu vernichten oder
doch zu gefährden, was die Cultur geschaffen und als noth-
wendiges Mittel zum Zwecke bewahrt und anerkannt hat.
Zu wichtig und zu bedeutend erscheint der Einfluss der Kunst, als
dass es nicht geboten wäre, Alles zu unterstützen, was zur Förderung
derselben beizutragen im Stande ist.
Die Cultur und der Wohlstand eines Landes sind ja zu
messen mit demMaßstabe seiner künstlerischenBestrebungen.
Wir sind auch deshalb der sicheren Ueberzeugung, dass es nur einer
Anregung bedarf, um alle jene Einrichtungen zu erlangen, die der Ent-
wickelung künstlerischer Bauweise dienlich sind.
Dieserhalb erwarten wir, dass auch in dem heute von uns behan-
delten Falle unseren Wünschen Rechnung getragen werde, und im Ge-
setze die Stellung des Architekten in passender Weise ge-
kennzeichnet wird und vermieden bleibe, eine der künst-
lerischen Entwickelung ungünstige Verschiebung der Ver-
hältnisse herbeizuführen.
Wir enthalten uns hier eines speciellen Vorschlages hinsichtlich der
Fassung einzelner Punkte des berührten Gesetzes und erwähnen nur in
Kürze der Principien, welche hiebei Beachtung finden müssen
i.
Der Stand der Baumeister, sowie er derrnalen in gröllleren Städten
besteht, soll als solcher bleiben, dem nach den localen Bedürfnissen, so
wie es auch bis nun gewesen, der Maurermeister für die Landstädte zu
substituiren wäre.
Die Wirksamkeit des Bau- und Maurermeisters soll sich
auf die Ausübung der baugewerblichen Praxis und jene bau-
leitende Thätigkeit beziehen, die im baupolizeilichen Sinne
gefordert werden muss'.
Die Ausbildung des Bau- und Maurermeisters soll vor-
erst auf baugewerblicher Basis fußen.
Er soll, als zukünftiger Baumeister, das Handwerk er-
lernt haben und auszuüben verstehen.
Die anzustrebende Ausbildung im theoretischen Sinne
soll hinsichtlich der gesetzlichen Anforderungen den Kennt-
nissen entsprechen, welche gegenwärtig in den vom Staate
für Baugewerbe errichteten Staats-Gewerbeschulen gewon-
nen werden.
Die Abgrenzung der Wirksamkeit des Baumeisters gegenüber jener
der Maurermeister tangirt die Verhältnisse des Architekten keinesfalls
und wird daher hier dieser Punkt nicht weiter berührt.
Damit erscheinen die Grundzüge gegeben, nach welchen
wir die Erledigung des Gesetzes wünschen.
Wir zweifeln nicht, dass die hier dargelegten Verhältnisse an maß-
gebender Stelle entsprechende Prüfung und Würdigung finden werden,
und zunächst das Baugewerbegesetz in einer solchen Weise geplant
werden wird, die unseren Bestrebungen förderlich ist.
Wir hegen die sichere Ueberzeugung, dass die Männer, welchen die
Leitung unseres Staates anvertraut ist, unseren berechtigten Forderungen,
nach Unterstützung der baukünstlerischen Interessen, Rechnung tragen,
und jene weiteren Vorbedingungen schaffen werden, die erforderlich
sind, soll die begonnene Bauthätigkeit in einer Weise fortgeführt
werden, die heranreicht an das erhebende Beispiel früherer
Kunstepochen unseres Vaterlandes.
Wien, 6. April 1884.
Folgen die Unterschriften.
Sinne der QQ. und der Regierungsvorlnge.
Die sociale Stellung der Architekten i.
Von R. v. Eitelberger.
Kein Satz der Aesthetik und Kunstgeschichte ist weniger anfechtbar,
als dass der Architektur die Führerrolle in der bildenden Kunst zusteht.
Aber trotzdem ist nichts sicherer als dass heutigestags die Stellung des
Architekten im Bau- und Kunstleben eine unsichere geworden ist. Die
sociale Stellung der Architekten ist tief erschüttert und es geht daher
durch die Kreise der Architekten, welche gehobenen Sinnes sich ihres
großen Künstlerberufes bewusst sind, ein Zug des Unmuthes über die
unsichere, man möchte sagen, dernüthigende Stellung, welche heutigestags
von einigen Vertretungskörpern und bureaukratischen Kreisen ihnen zu-
gewiesen wird.
Es wird daher Niemand Wunder nehmen, wenn heutigestags die
Frage der socialen Stellung der Architekten Gegenstand eingehender
Erörterungen geworden ist und dass im Laufe des verflossenen Winters
im Oesterr. Museum in Wien von einer Reihe hervorragender
Architekten der Monarchie die ungünstigen Verhältnisse, durch welche
die gegenwärtige Generation der Architekten leidet, zur Sprache ge-
kommen sind.
Die Wiener Architekten haben allerdings alle Ursache auf die Früchte
ihres künstlerischen Wirkens mit Stolz zu blicken und jene Schritte vor-
zubereiten, welche zur Sicherung ihres Standes im Staate, im gesellschaft-
lichen Leben nöthig sind.
Wer heutigestags durch Wien, Pest, Prag, Lemberg schreitet, der
wird, wenn er wahrheitsgetreu sich ausspricht, nicht anders als das Be-
kenntniss ablegen können, dass die künstlerische Physiognomie der großen
Städte der Monarchie das Werk jener hervorragenden Baukünstler ist,
welche in Wien gelebt und die dortige Kunstschule begründet haben.
Unter den Wiener Architekten nehmen Van der Nlill und Siccards-
burg, Friedrich Schmidt, Heinrich v. Ferstel, Theophil v. Hausen, Carl
v. Hasenauer den ersten Rang ein. Sie haben die Baukünstler gebildet
welche jene Bauten hervorgerufen haben, welche die Zierden von Pest,
Prag, Triest, Lemberg und Agram sind. Und trotzdem ist heutigestags
die sociale Stellung eines Architekten in Oesterreich eine unsichere
geworden.
Es lohnt sich wohl der Mühe den tieferliegenden Ursachen nachzu-
forschen, welche dieser Erscheinung zu Grunde liegen; denn nicht bloß
in Oesterreich wird die Frage der socialen Stellung der Architekten zum
Gegenstand der Erörterung in Fachkreisen gemacht. Auch die englischen
Soeben ist erschienen eine nStudie über die Organisirung des Bauwesens in
Oeslerreich von Franz v. Neumann iun., k. k. Baurath. Wien 1884. im Selbstverlage
des Herausgebern, auf welche wir demnächst in eingehender Weise zurückkommen
werden.
und französischen Architekten berathen gegenwärtig eingehend -jene Fragen,
welche die sociale Stellung der Architekten berühren.
Können oder sollen die Architekten einen Stand bilden oder sollen
sie nur als Individuen, als Einzelkünstler betrachtet werden, wie die Maler
oder die Bildhauer? Oder sollen sie wie Gewerbsleute betrachtet werden,
denen gegenüber sie auf gesetzlichen Schutz ihres Standes keinen An-
spruch haben? Sollen sie etwa nur als Zeichner, als dienendes Glied jenen
Gewerben untergeordnet werden, welche, als Bauhandwerke corporative
Rechte bereits besitzen? Diese Fragen schweben jetzt auf den Lippen
aller Architekten, welche, ihres Künstlerberufes bewusst, nicht gewillt
sind, ihre Stellung preiszugeben.
Denn nicht von heute an datirt der Beruf des Architekten. Niemand
hat denselben mit so deutlichen klaren Worten präcisirt, als Vitruv in den
zehn Büchern seiner Architektur, welche er dem Kaiser Augustus ge-
widmet hatte. lm ersten Capitel seines Werkes sagt er nArchitecti est
scienta pluribus disciplinis et variis eruditionibus ornata, cuius judicio
probantur omnia quae ab ceteris artibus perficiantur operan-
Die alten Aegypter haben auch eine deutliche Vorstellung von der
Bedeutung der socialen Stellung der Architekten gehabt. Das älteste
Künstlerporträt, welches wir überhaupt in der Kunstgeschichte besitzen,
ist das Standbild eines ägyptischen Baumeisters. Vitruv hat nur das aus-
gesprochen. was die ganze Kunstgeschichte bis auf den heutigen Tag
bestätigt, dass durch den Baustyl und die Baukunst alle Künste ihre Be-
gründung erhalten. Sie ist, wie ein französischer Schriftsteller sagt, eine
ebenso universelle als fundamentale Kunst. Bei dieser bevorzugten Stellung
ist es fast unbegreiflich, dass von Seite des Staates nicht Alles geschieht,
um die Stellung des Architekten im staatlichen und socialen Leben zu
sichern. Aber das, was man heutigestags Staat nennt, ist so complicirt
mit juristischen und bureaukratischen Formen verclausulirt, dass dasjenige,
was unzweifelhaftes und klares Ergebniss tausendjährigen Kunstlebens ist,
unsicher und zweifelhaft geworden ist. Und so ist es auch ganz zweifel-
haft geworden wer berufen und berechtigt ist, sich Architekt zu nennen.
Wenn etwas unsere heutigen krankhaften socialen Zustände be-
zeichnet, so ist es eben die krankhafte Physiognomie alles dessen, was
sich auf Baukunst bezieht. Auf der einen Seite wird über Ueberfüllung
des Architektenstandes geklagt, welche die natürliche Folge der Ueber-
zahl von staatlichen Bildungsanstalten ist, an welchen Architekten groß-
gezogen werden, und auf der anderen Seite werden die Künstler, welche
in diesen Staatsanstalten gebildet werden, weder vom Staat, noch von
der Kirche, noch von der Commune verwendet. Und gerade die hervor-
ragendsten, am meisten künstlerisch veranlagten Architekten werden am
wenigsten benützt. Nur der minder begabte Kunstjünger, welcher als
selbständiger Künstler sich nicht geltend machen kann, findet in den
Staatsbureaux eine kümmerliche Existenz.
Weniger Architekten und bessere Veriwendung unserer
Baukünstler ist dasjenige, was allerorts angestrebt werden muss, um die
ungesunden Verhältnisse. unter denen heutigestags die Baukunst in ganz
Mitteleuropa leidet, zu beseitigen.
Wie unklar die jetzigen Vertretungskörper über die Stellung. der
Architekten im öffentlichen Leben denken, haben die Verhandlungen des
üsterreichischen Reichsrathes über die Gewerbeordnung im verflossenen
Winter zur.Genüge gezeigt. Was man den Landbaumeistern und den
Maurermeistern zugestand, nämlich, dass sie unter gewissen Voraus-
setzungen zum Bauen berechtigt seien, das wollte man den Architekten,
zu deutsch den Baukünstlern, bestreiten und Sie zu bloßen Bauzeicb nern
degradiren. Ihre Aufgabe sollte in der Zukunft nur das Zeichnen sein,
die Ausführung des Bauens selbst sollte nur denienigen überlassen sein,
welche gewerbsmäßig das Bauen betreiben, wie Maurermeister, Zimmer-
meister und Landbaumeister.
Dass sich in Wien Alles, was bessere und höhere Kunstbildung
besitzt, selbstverständlich alle Architekten und Künstler, gegen diese
Organisirung der verkehrten Welt sträubt, ist mehr als begreiüich.
Da aber nun die Frage gegenwärtig in Fluss gekommen ist und da-
bei Dinge zur Sprache kommen müssen, welche unsere gänzlich ver-
altete Organisation des Staatsbaudienstes betreffen, so wird sich der
Anlass noch bieten auf diese weitverzweigte Frage in diesem Organ
zurückzukommen. vVom Fels zum Meeru 1884, Heft 5.
juruken Webestuhl.
Wir bringen in vorliegender Nummer die Abbildung nebst der von
Prof. Karabacek herrührenden Erklärung jenes Juruken-Webestuhles,
der sich seit drei Jahren im Besitze des Oesterr. Museums befindet. Wir
haben Beides dem vor Kurzem erschienenen Werke von O. Benndorf
und G. Niemann nReisen in Lykien und Karienu entnommen.
nDie auf Seite 316 u. 317 gegebene Abbildung Fig. zeigt die Con-
struction eines Webestuhles der allereinfachsten Art, wie ihn die in Klein-
asien herumziehenden turkmämschen Nomaden Juruk zur Anfertigung
leichter gestreifter und kleinmustriger Wollstotfe gobelinartiger Natur
gebrauchen s. meine Persische Nadelmalerei Susandschird, S. 102. Die
Erzeugung von leinwandartigen Stoßen auf diesem Stuhle ist ausge-
schlossen. Dazu bediente man sich des in seiner Einrichtung wohlbekannten
Webestuhles, an dem die Kette in einer wenig geneigten, fast horizontalen
Ebene ausgespannt ist, wobei mit Tritten die Eintragung des Schusses
ermöglicht wird. Die webende Person beginnt hier unmittelbar hinter dem
Brusthaum ihre Arbeit und setzt sie nach rückwärts gegen den Kett-
Forrsequng auf der Beilage.
amlvnnuaöxv 54m4 -... ..JJ
der
Mittheilungen des k. k. Oesterreißh. Museums."
baum fort, indem bei weiterschreitendem Werke das fertige Gewebe am
Brustbaum aufgewickelt wird, wodurch die aufgespannte Kette gegen den
Arbeiter wieder verrückt.
Der Juruken-Stuhl hingegen hat von dem durch das eigentliche
Weben bedingten künstlerischen Mechanismus nichts an sich und könnte
nach Aussehen und Bestimmung eher mit einem Stickrahmen verglichen
werden. Sein hölzernes Gestell ist aufrecht stehend. Es besteht aus
zwei aufrecht in die Erde geramrnten Pfosten, die zuweilen auch
als zwei in Schwellen verzapfte und verstrebte Ständer erscheinen. Sie
tragen oben ein drehbares walzenförmiges Querholz, den Kettbaum, von
dem die wollenen Kettfäden zu dem Waarbaum senkrecht herabgespannt
sind. Dieser besteht aus einer kräftigen Welle, welche gleichzeitig zur
Aulwickelung des fertigen Werkes dient, indem sie durch eine Haspel-
speiche gedreht werden kann. ln der mittleren Höhe des Stuhles befinden
sich zwei von den Kettfäden umzogene Querhölzer, von denen das
längere an die Ständer festgegabelt ist, wodurch die Kettfäden in ihrer
Lage gehalten werden. Sie dienen also beiläufig zu demselben Zwecke,
wie das Riet in der heutigen Weberei.
Die Arbeit an diesem Stuhle ist keine Weberei, sondern entspricht
im Vorgange der Gobelintechnik. Die sitzende Arbeiterin zieht hiebei
ohne den Gebrauch einer Nadel oder eines sonstigen Instrumentes mit
den Fingern den farbigen Wollfaden durch die Kette, indem sie stets
nur eine Farbfläche mit derselben ausmalt. Jede einzelne Farbenlinie wird
zur Verdichtung mit dem Kamm xreic, pecten, türk. taräk, einem ge-
zinkten plumpen Holzinstrument Fig. das in anderen Gegenden, z. B.
im Kaukasus, aus Eisen besteht, angeschlagen.
Diese Technik, bei welcher nach abwärts gearbeitet wird, ist wohl
von allen alten Culturvölkern geübt worden und kommt dem Flechten
am nächsten. Sie scheint mir nicht durch die Eintheilung berührt zu
werden, welche H. L. Ahrens in seiner sehr verdienstlichen Abhandlung
nDie Webestühle der Altem Philologus XXXV. S. 395 mit Beziehung auf
die beiden Arten aufrechtstehender Webestühle des classischen Alterthums
trifft; denn hier handelt es sich um keinen Webestuhl im eigentlichen
Sinne des Wortes. Der Juruken-Stuhl ist vielmehr das uralte Prototyp
des Haute-lisse-Stuhles, wie er in der Tapisserie Geltung hat, und die
Bezeichnung metier de haute-lisse ist nichts Anderes als die französische
Uebersetzung des alten sarazenischen Kunstausdruckes käimet el-kadar,
X. Bd. 1885. 25
d. h. hochlitziger, hochschäftiger Stuhl, an welchem die Kettenbünde! in
einer Verticalebene aufgespannt sind; ein Apparat, der zur Anfertigung
von Teppichen, Tapeten, Porrieren u. s. w. dient. Susandsch, S. 95.u
Donnerstags-Vorlesungen im Museum.
Am n. December hielt Adjunct Dr. Linke eine Vorlesung über nEdelsteineu.
Nach einer gedrangten Aufzählung der hervorragendsten Eigenschaften, die ein
Mineral zum i-Edelsteim stempeln, legte der Vortragende dar, wie sich die Kenntniss
von dem Wesen der Edelsteine, nach den verworrenen und falschen Anschauungen des
Alterthums, den mystischen Träumereien des Mittelalters erst durch die neuere wissen-
schaftliche Forschung ganz geklärt hat, so dass wir heute nicht nur den Stoff, die che-
mische Constitution der Edelsteine genau kennen, die Eigenschaften, das Blendende und
Anziehende in der äußeren Erscheinung derselben nach allgemeinen physikalischen
Gesetzen eine natürliche Erklärung finden, sondern dass wir auch wissenschaftliche Hypo-
thesen über die Entstehung in der Natur aufzustellen vermögen und auf Grund solcher
auch die Repro uction dieser kostbaren Gebilde der Schöpfungskraft der Natur gelingt.
Der Vortragende besprach hierauf kurz die Merkmale, die heute zur Unterschei-
dung der verschiedenen Edelsteinarten herangezogen werden, die Bearbeitung, den Stein-
schlifi", und widmete sodann den hervorragendsten Repräsentanten, dem Diamant und
dem Korund Rubin, Saphir eine detaillirte Besprechung, der sich die Darlegung der
Versuche einer künstlichen Reproduction derselben anreihte.
Sowohl im Diamant wie im Korund treten uns Stoffe weitester allgemeinster Ver-
breitung entgegen der Kohlenstoff und die Thonerde Aluminiumoxyd; der Krystall-
zustand allein macht die sonst geringwerthigen Substanzen zu Juwelen. Die Frage nach
der Entstehung und Reproduction gipfelt demnach in der Erforschung der Bedingungen,
unter welchen diese sonst amorphen Stoffe in die Krystallform überzugehen vermögen.
Die Wissenschaft sah hier eines der schwierigsten Probleme vor sich.
Der Vortragende entwickelte historisch die Erkenntniss der Natur des Diamanten,
von der ersten Hypothese Newton's 1675 vdass der Diamant kein feuerbeständiger
Stein sein könne den Bestätigungen durch die Verbrennungsversuche zu Florenz
1694, Brüssel 175! und eine Reihe weiterer, bis zur Entscheidung durch Lavoisier
und Davy, wonach man in diesem werthvollsten aller Edelsteine nichts als reine krystal-
lisirte Kohle erkannte. Unzahlig waren darauf hin die Versuche, die Mittel und Wege,
die die Wissenschaft zur Krystallbildung im Allgemeinen erforscht hatte, auch beim
Kohlenstoff anzuwenden und so den Diamanten zu reproduciren.
Keiner führte zum Ziele. Die Kohle lasst sich weder durch hohe Temperatur ver-
flüchtigen, noch konnte ein Lösungsmittel für dieselbe gefunden werden, bis 1880 Hannay
und l-logarth ein neues Lösungspriucip, die Auflösung von festen Stoffen in Gasen unter
hohem Druck und hoher Temperatur über der sogen. nkritischen Temperaturn
entdeckten und in der Anwendung dieses Principes nach einer Reihe von Versuchen
endlich wirklich zum Ziele gelangten. den Diamant künstlich zu reproduciren vermochten.
In verschlossenen starken Eisenrohren schieden sie in Glühhitze aus Kohlenwasser-
stoffen z. B. Petroleum durch Natriummetall den Kohlenstoff aus, der sich im mitein-
geschlossenen Cyangas löste und bei der Abkühlung dann krystallinisch zur Ausscheidung
gelangte. Die Krystallkörner erwiesen sich als Diamant; nur winzig klein konnten sie
indess erhalten werden.
Gleiche Schwierigkeit bietet die Reproduction der aus krystallisirter Thonerde
Aluminiumoxyd bestehenden Edelsteine Rubin und Saphir Varietäten des Korund.
Die Chemie kennt die Thonerde als amorphes Pulver, das den stärksten l-litzegraden
unserer Oefen widersteht, ohne zu schmelzen. Eine Reihe sinnreicher Methoden musste
ersonnen werden, bis es gelang, die amorphe Substanz in Krystallzustand zu überführen.
Der Vortragende erlluterte die Versuche von Ebelmen, St. Claire Deville und Caron bis
zu den bedeutenden Arbeiten, die im verßossenen Decenniurn Fremy im Bunde mit dem
berühmten Pariser Optiker Feil anstellren, Versuche, die nicht nur zur Reproduction von
Rubin und Saphir in schönen schleifbaren Exemplaren, sondern auch von einer Reihe
anderer Edelsteine und Halbedelsteine führten und damit unzweifelhaft die Wege wiesen,
die die Natur zur Bildung dieser Mineralien eingeschlagen hat. Die Sammlung von Ver-
suchsstücken aus diesen Arbeiten, die Feil seinerzeit dem Oesterr. Museum zum Geschenke
gemacht, ermöglichte es dem Vortragenden, seine Auseinandersetzungen durch Demon-
stration zu unterstützen.
Ja
Zum Schluss kam noch der Türkis, der als amorphes Mineral ganz außerhalb
des Kreises der anderen Edelsteine steht, zur Besprechung und wurde die gelungene
Reproduclion desselben, die vor einigen Jahren in Wien Aufsehen gemacht hal, erläutert.
Auch diese konnte es nicht zu dauernder, praktischer Nutzanwendung bringen und so
bieten die bisherigen Reproductionen insgesammt bis nun nur theoretisches, wissenschaft-
liches Interesse.
KLEINERE MITTHEILUNGEN.
Peraonameohriohtq Der Minister für Cultus und Unterricht
hat den Lehrarntscandidaten und dermaligen Hilfsbeamten des k. k. Oesterr.
Museums für Kunst und Industrie Josef Folnesics zum Custos an
diesem Museum ernannt.
Zur Weihnaohts-Ausatellung. Seine Excellenz der k. k. Oberst-
kämmerer I-Ierr Ferdinand Graf Trauttmansdorff hat in der Sitzung
des Curatoriums des k. k. Oesterr. Museums für Kunst und Industrie
am 3. Januar c. auf allerhöchsten Befehl den Ausdruck des Bedauerns
Sr. Majestät des Kaisers zur Kenntniss gebracht, an dem Besuche der
diesjährigen Weihnachts-Ausstellung im Museum verhindert gewesen zu
sein, und bei diesem Anlasse das Unternehmen der Weihnachtsausstellungen
neuerdings des allerhöchst wohlwollenden Interesses versichert.
Besuch das 11186111115. Die Sammlungen des Museums wurden im Monate
Januar von 14.141, die Bibliothek von 2836, die Vorlesungen von 66 Personen
besucht.
Neu ausgestellt Eine großer Collection von Zeichnungen, dann Arbeiten in
Metall und Glas, ausgeführt in der Quincaillerie-Schule zu Gablonz. Ein Brunnen,
eine Madonna mit Kind, eine Caminfigur in Laaser Marmor, Eigenthurn der Union-
Bau esellschaft; Portratmednillon des Feldzeugmeisters Ritter von Hauslab aus-
efü rt von Stefan Schwartz, Professor an der Kunstgewerbeschule des Museums;
sitzende Kinder, Brunnengruppe aus griechischem Marmor, und Doppelbüste des Sophokles
und Euripides, römisch; Standuhr mit perpetuellem Motor, vom Eründer N. Silber-
berg; chinesische Seladonschalen und persische Fayencen, Eigenthum des Herrn
Th. Graf; gestickte Tischdecke, Arbeit und Eigenthunt der Baronin Langenau;
goldgesticktes Kleid und Manteau, Mailänder Arbeit; Glasservice mit eingeschliffenen
und vergoldeten Ornamenten, böhmische Arbeit, 18. Jahrh.; Statue der Madonna in
Sandstein von Bildhauer Neuhdfer; Tableau des ehemaligen Paradeplatzes in Wien
von K. Ulrich; Majolikaofen aus dem Schlosse S. Wolfgang, 16. Jahrh., Eigenthum
der Baronin von Malowetz; zwei Statuetten in Marmor und Gyps von Professor
Kühne; japanisches Porzellan, Schale mit Fuß, Vase und Tasse sammt Unterschale,
bemalt in Blau, mit europäischer Silbermontirung aus dem 18. Jahrhn, die Tasse ist
achtseitig abgekantet und mit kreisrundem, zartem Gitterwerlt verziert. Von jenen
kunstgewerblichen Arbeiten, welche im Auftrage des Obersthofmeisters Sr. Majestät des
Kaisers, Prinz Hohenlohe, aus Anlass der zoojahrigen Jubiläumsfeier der Befreiung Wiens
von der Turkennoth an der Kunstgewerbeschule ausgeführt wurden, ist vor Kurzem das
letzte Stück fertig geworden. Es ist die Schale zu jener Prunkkanne, von welcher wir
in Nr. 116 der dvlittheilungen- berichteten. Die lange Verzögerung dieser Arbeit wurde
dadurch verursacht, dassdie nüthigen Vorrichtungen für den Brand eines so umfang-
reichen Objectes an der Kunstgewerbeschule nicht vorhanden waren. Kanne und Schale
wurden bekanntlich an der Abtheilung des Herrn Prof. Macht von Frl. August Wahr-
mund in der Art der Limosiner Emaile ausgeführt. Die Schale zeigt in der Mitte das
Wappen der Stadt Wien, in der Mulde die Bildnisse Starhembergs, des Bischofs Kolonitz
und des Bürgermeisters Liebenberg. Zwischen den Medaillons sind Trophäen angebracht,
außerdem noch in drei Zierrahmen hiehergehörige historische Daten. Große Vase in
Bronze montirt und in Alt-Wiener Art ausgeführt von Radler 8x Pilz, auf der Vorder-
seite mit einer Copie der uAurorau von Guido Reni, ausgeführt für das Museum auf
Bestellung des Obersthofmeisters Fürst Constantin Hohenlohe. Hoftiteltaxfonds
Freitag, den 23. v. M. wurde Saal VI nach der Weihnachts-Ausstellung,
gefallt zum Theil mit modernen Gegenständen, zum Theil mit orientalischen Stickereien,
wieder eröffnet. Im Saale III wurden die Fliesen und Ofenkacheln des Museums in
übersichtlicher Ordnung neu aufgestellt. Dieselben befinden sich nun in Schranken an
25'
aau
den Fensterpfeilern dieses Saales und sind durch diese Aufstellung der Benutzung und
dem Studium zugänglicher gemacht.
ln den Räumen des Wiener Kunstgewerbevereines wurde neu aus-
gestellt Eine Serie Glssgegenstande von J. L. Lobmeyr; verschiedenes Porzellan-
service nach Alt-Wiener Art von E. Wahliß; gestickter Behang eines Toilettetisches
von Kunz und Mössm er; neue Serie von Porzellangeschirr von Knoll; neue
galvanoplastische Gegenstände von C. Haas; eine Collection Bronzegegenstände von
Clemens Lux Salonkasten von Stefan Schulz; Sitzmbbel von J. Klßpfer.
Geschenke 8.11 das Museum. Die Porzellanrnaler Rädler und
Pilz haben dem Museum drei Musterteller aus verschiedenen für die
Familie Rothschild von ihnen angefertigten Servicen in Alt-Wiener Manier,
reich mit aufgeböhtem Gold verziert, zum Geschenke gemacht.
Ankäufe auf der Weihnaohts-Ausstellung. Schale und Becher
von Silber mit figuralem Decor ausgestattet, in getriebener Arbeit von
Sobota in Wien; moderne Glasarbeiten von Lobmeyr; Dessertteller
von Wallis.
zur Ausstellungsifmge. In der am 3. v. M. abgehaltenen Sitzung
des Curatoriums des Oesterr. Museums theilte Reg-Ratb. Bucher
die von dem Comite zur Regelung des Ausstellungswesens in seiner
Sitzung vom ig. December v. J. gefassten Beschlüsse mit, welche dahin
gehen, dass der Gedanke einer kunstgewerblichen Ausstellung in einem
der nächsten Jahre angesichts der in den industriellen Kreisen herrschenden
Stimmung aufgegeben, mit Beziehung auf das Proiect einer Weltaus-
stellung in Paris im Jahre 1889 aber erklärt werde, dass dieses Unter-
nehmen nur dann auf Theilnahme zählen könne, wenn die Ausstellungs-
räume ganz fertig zur Verfügung gestellt und das Programm auf das
ursprüngliche Gebiet der großen Ausstellungen, nämlich Industrie, Kunst
und Agricultur, eingeschränkt werde. In derselben Sitzung des Cura-
toriums erstattete Reg-Rath v. Falke Bericht über die heutige Weih-
nachtsausstellung, welche durch die Verbindung mit der permanenten Aus-
stellung des Wiener Kunstgewerbe-Vereines bedeutend an Anziehungskraft
gewonnen hat, und wurde die Frage, ob die Weihnachts-Ausstellungen
des Museums noch fortan aufrecht zu erhalten seien, allseitig bejaht.
Lehrkanzel für Kunstgeschichte an der Wiener Universität.
Das Professoren-Collegium der Wiener Universität hat für die durch
Professor Thausing's Tod erledigte Stelle eines außerordentlichen Professors
für Kunstgeschichte, den Docenten Dr. Franz Wickhoff, Custos am
Oesterr. Museum, fast einstimmig, mit 27 Stimmen gegen unico loco
vorgeschlagen.
Die Marken-Ausstellung im Künstlerhause. Der Katalog
dieser Ausstellung umfasst 89 Oelgemälde und Skizzen; die Costume-
Skizzen zu dem Gemälde Kleopatra in Aquarell. Ausserdem sind zahl-
reiche Reproductionen nach den Werken Hans Makarts ausgestellt. Unter
den Oelgemälden befinden sich zehn Bilder für die Lunetten des Stiegen-
hauses im neuen k. k. kunsthistorischen Hofmuseum und unter Anderem
auch mehrere bisher unbekannte Porträts des Künstlers und die Bilder,
welche Makart aus Anlass seiner Orientreise gemalt hat. Den Winter 1875
verbrachte Makart mit Lenbach und Leopold Müller in Aegypten. Den
Katalog ziert ein wohlgetrolfenes Porträt des Künstlers in Heliogravure
von V. Angerer.
Eduard Oharlemont, dessen Gemälde auf der Sedelmeyefschen
Kunstausstellung gerechtes Aufsehen gemacht, hat sich bereit erklärt, die
seit dem Tode Wurzingefs erledigte Stelle eines Professors an der
329
hiesigen Akademie zu übernehmen. Eduard Cha rlemont, in Wien 1848
geboren, stammt aus einer Wiener Künstlerfamilie, hat seine Studien an
der Wiener Akademie gemacht und durch längere Zeit im Atelier seines
Freundes Makart gearbeitet. Er ging dann nach Paris, wo er sich einen in
der Pariser Kunstwelt hochgeachteten Namen erwarb. Charlemonfs Groß-
vater war ein französischer Maler, der sich in Wien niederließ. Seine
Geschwister widmen sich sämmtlich der Kunst. Gegenwärtig lebt er
Studien halber in Holland.
Anton Hlavaäelirla Ansieht von Wien und der Donauebene.
Nach mehrjähriger Arbeit hat der hiesige Landschaftsmaler Hlavaöek
ein großes Oelgemälde vollendet, welches die Ansicht Wiens und der
Donauebene darstellt. Das Gemälde geht aus der Initiative des Künstlers
hervor, welchen das Unterrichtsministerium vor mehreren Jahren beauf-
tragt hat, eine Skizze des Vorwurfes zu entwerfen. Hlavaöek, geboren zu
Wien 1842 als Sohn eines armen Webers, war Zögling der Wiener
Akademie der bildenden Künste, speciell des Prof. Albert Zimmermann.
Der Standpunkt, welchen der Künstler "zu seinem Landschaftsbild gewählt
hat, ist der Hohlweg hinter dem Nussdorfer Bräuhause, wo der Weg zum
Kahlenberg hinauffiihrt. Der Aussichtspunkt ist allen Wienern bekannt
und ist mit Recht berühmt, da man von dort aus am besten Wien mit
dem historisch berühmten Marchfelde bis zu dem Leithagebirge und dem
Anninger überblickt. Hlaväeek bewährt sich als ein ganz eminenter
Zeichner, der mit großer Treue und Deutlichkeit alle Details wiedergibt
und das Colorit so beherrscht, dass das ganze Bild einen lebendigen,
stimmungsvollen Eindruck macht. Die historische Treue, mit welcher das
Bild durchgeführt ist, gibt dem großen Gemälde einen bleibenden
Werth; es ist daher mehr als gerechtfertigt, dass dieses geschichtliche
Landschaftsbild in einem der Festräume des prachtvollen neuen Rathhauses
bleibend aufgestellt wird. Der Künstler hat sich auf dem Bilde in einer
bescheidenen Weise porträtirt, denn der Maler mit der Wandermappe
ist das Porträt des Künstlers.
Atelier Stldlln. Die Witwe des vorn l-luldigungsfestzuge, sowie von mehreren
Costumfesten her noch im besten Andenken stehenden Malers Stadlin hat eine Colorir-
Anstalt und ein Atelier für kunstgewerbliche Malerei in Wien V., Wienstraße Nr. 93
errichtet, woselbst nicht nur alle Arten coloristischer Arbeiten, als bemalte Photographien,
Costüm- und Modenbilder, Naturgeschiehtstafeln etc. auf's Sorgfältigste ausgeführt werden,
sondern auch decorative Malereien aller Art, und zwar lntarsien, Decorations-Teller
Majoliken, Glasmalereien altdeutsche Fenster, Gobelin-lmitationen als XVandverltlei-
dung etc., bestellt werden kennen.
Atelier Sehwerozek. Unter den Wiener Bildhauern nimmt Herr Karl Schwerczek
eine sehr geachtete Stellung ein. Gegenwärtig ist er mit der Statue Rudolfs lV. des
Stifters beschäftigt, welche im Stiegenhause der Universität in Grisignanostein im Auf-
trage Sr. Excellenz des Herrn Unterriihtsministers ausgeführt wird. Die Figur, Fuß
hoch, vornehm in der Bewegung, ist mit Benutzung alles historischen Materiales ganz
geeignet, dem Baue zur Zierde zu gereichen. Schwerczek, aus der Schule Kundmands
hervorgegangen, hat für die Fagade der Universität die überlebensgroßen Statuen des
Plato, Aristoteles, Moses und des heil. Petrus ausgeführt. Herrn Schwerczek kommt es
sehr zu statten, dass er ein gründlicher Kenner der antiken Plastik ist. Für das Vestibule
des Parlamentshauses arbeitet der Künstler gegenwärtig eine Hera in Laaser Marmor.
Dieser Figur liegt der Marmortorso zu Grunde, welchen die hiesige Akademie besitzt.
Der Marmorblock ist von ganz besonderer Schönheit, ganz geeignet, die Laaser Brüche
Künstlern und Kunstfreunden zu empfehlen. Bei diesem Anlasse machen wir auf die
Ausstellung der Marmorarbeiten der Union-Baugesellschaft aufmerksam, in deren Besitze
die Marmorbrüche in der Vintschgau sich befinden und welche gegenwärtig im Arcaden-
hofe des Museums aufgestellt sind.
Künstlerhaus Das im Künstlerhaus ausgestellt gewesene Cnlossalgemälde von
V. Brozik nDie Verurtheilung .l. HussN ist nun definitiv für Böhmen angekauft, und
der diesbezügliche Vertrag zwischen dem Eigenthümer Herrn Sedelmeyer und dem
Comite in Prag, welches den Kaufschilling durch eine National-Subscription aufgebracht
hat, abgeschlossen.
Reataurirung der St. Peterskirche in Wien. Die dringend nothwendige
Restaurirung der St. Peterskirche, welche circa 46.000 fl. Kosten verursachen dürfte,
ist nun beschlossene Thatsache. Das k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht hat
mit dem k. k. Finanzministerium die bezüglichen Verhandlungen gepßogen, und wurden
die Kosten fur die Gerustungen an der Außenseite der Kirche mit 5725 fl. festgestellt,
wovon auf l-land- und Zugarbeit uoo fl. entfallen, welche von der Gemeinde Wien zu
leisten sind. Das Vermögen der Kirche kann zu diesen Herstellungen nicht heran-
gezogen werden.
TegetthoE-Monument. Ueber Vortrag des neugebildeten Cornitfs für das Tegetthoif-
Monument, an dessen Spitze der k. k. Vice-Admiral Baron Sterneck steht, haben Se.
Maiestät der Kaiser genehmigt, dass das Tegetthoif-Monument auf dem Praterstern auf-
gestellt wird, der aus diesem Anlasse einer Regulirung zu unterziehen ist, wozu die
Arbeiten mit dem Eintritte der besseren Jahreszeit in Angriff genommen Werden.
Justdapalßslz Wie verlautet, soll in Kurze an die künstlerische Ausstattung des
großen Saales im k. k. Justizpalaste geschritten, ferner auch die Herstellung von zwei
Sculpturwerken auf der Rampe vor dem Hauptportale in Angriff genommen werden.
Fur die erstere Arbeit sind 45.000 5., für die zweite 15.000 B. bestimmt werden. Nun-
mehr wurde amtlicherseits die Revision der Rechnungen für den Bau des Justizpalastes
beendigt. Danach hat derselbe inclusive der inneren Einrichtung z,7t2.435 B. gekostet.
Der Quadratmeter verbauter Flache stellt sich auf 335 fl. 40 kr. Im Ganzen erscheint
eine Area von 7700 Quadratmeter verbaut. Schließlich sei noch erwähnt, dass für das
Mobiliar des Obersten Gerichtshofes 17.992 fl. verausgabt worden sind.
Emil Kropf Die k. k. Fachschule für Quincaillerie in Gablonz
hat einen schmerzlichen Verlust erfahren, indem derselben ihr bisheriger
Leiter, Architekt Emil Kropf, durch einen plötzlichen Tod entrissen
wurde. Montag den 5. Jänner starb E. Kropf im Alter von 35 Jahren.
Derselbe hatte seine Studien in Prag vollendet, sodann mehrere Studien-
reisen unternommen und war nach kurzer Praxis in den Staatsdienst
getreten. Zuerst an der k. k. Staatsgewerbeschule in Pilsen als Lehrer
thätig, kam derselbe später nach Reichenberg und wurde bald darauf
mit der Leitung der Quincaillerie-Schule in Gablonz betraut. Kropf ver-
stand es, sich in kürzester Zeit bei der dortigen Bevölkerung Anhang und
Vertrauen zu erwerben, und von Jahr zu Jahr wuchs die Zahl seiner
Schüler und das Ansehen seiner Lehranstalt. Namentlich seit die Schule
im Jahre 1882 in ein neues großes Gebäude übersiedelt war, das die Ge-
meinde mit bedeutenden Geldopfern errichtef hatte, widmete sich Kropf
mit aller Liebe, Hingebung und Freude seinem Berufe. Diesem rastlosen
Streben hatte Kropf nicht allein das aufrichtige Wohlwollen zu danken,
das ihm von allen Seiten entgegengebracht wurde, sondern auch das
Vertrauen seiner Vorgesetzten, welches namentlich darin zum Ausdrucke
kam, dass die Schule durch Vermehrung der Lehrkräfte in den letzten
Jahren bedeutend erweitert wurde. Um zu zeigen, was in letzterer Zeit
an seiner Schule geleistet werde, hatte Architekt Kropf mit Beginn dieses
Schuljahres eine Serie von Schülerarbeiten auf den verschiedenen Ge-
bieten des Unterrichtes nach Wien gesendet und ist ein Theil derselben
gegenwärtig in Saal VII unseres Museums ausgestellt. Wenn diese Aus-
stellung die volle Zufriedenheit der Fachkreise erweckt, so wird auch
Niemand dem Manne seine Anerkennung versagen, unter dessen Leitung
dies Alles zu Stande gekommen, und es aufrichtig beklagen, dass derselbe
durch einen so vorzeitigen Tod seiner gedeihlichen Wirksamkeit entrissen
wurde. J. F-s.
Rudolßnum in Prag. Die für den 24. Janner d. J. in Aussicht genommene
feierliche Eröffnung des neuen Konstlerhauses IRudOifinumu in Prag wurde zufolge des
Unwohlseins Sr. kais. Hoheit des Kronprinzen bis zum 7. Februar verschoben. Es erfahrt
demnach auch der Beginn der EröEnungsaussteIlung des in demselben Gebäude befind-
lichen kunstgewerblichen Museums eine Verschiebung von 14 Tagen. Diese Ausstellung
wird nicht das gesammte Kunstgewerhe umfassen, sondern den Charakter einer Special-
Ausstellung von Metallarbeiten tragen. Das Oesterr. Museum hat über Ersuchen der
Prager Handels- und Gewerbekammer eine größere Collection von Objecten aus ver-
schiedenen Metallen und verschiedenen Stylepochen angehörend, theiIs in Originalen,
theils in galvanoplastischen Copien nach Prag gesendet. Diese Gegenstände sind in vier
freistehenden Kästen und zwei Wandschranken untergebracht, während die modernen
Arbeiten in Schmiedeeisen auf einem langen Tisch frei ausgestellt sind. In den übrigen
im Saale befindlichen Kasten werden auf die Dauer von circa Tagen moderne Erzeug-
nisse der Prager Goldschmiede und Juweliere, unter welchen namentlich Schmuckgegen-
stande aus Granaten einen hervorragenden Platz einnehmen, ausgestellt werden. Später
sollen dieselben zur Aufnahme von kunstgewerblichen Objecten aus Glas, Thun, Por-
zellan, Holz, Leder etc. dienen.
Tiroler Marmor. Dr. J. Dernjac schreibt in seiner kürzlich erschienenen
Studie nZur Geschichte von Schonhrunnr wEs bleibt B'eyer's Verdienst, zum ersten
Male nachdrücklich auf den großen Reichthum, den Oesterreich in seinen Tiroler Mar-
morbrüchen besitzt, hingewiesen zu haben. Im wahren Sinne des Wortes ein Vorläufer
der uTiroler Marrnor- und Porphyrgesellschaftu erbot er sich 178 nmit allergnadigster,
dem allerhochsten Aerario aber keineswegs zur Last fallenden Unterstützlng t. zu Hall
in Tirol ein mit Marmor angefülltes Magazin zu errichten; z. auch hier in Wien eines
mit Tiroler und Oesterreieher Marmor, mit Graniten und Porphyr zu halten; 3. alle
Gattungen Marmor roh oder umgearbeitet um den nämlichen Preis wie den Salzburgery
zu verkaufenu, weleh' letzteren als ausländischen zu verdrängen sein Hauptstreben war.-
Das Atelier der Beuronar in Emaas. Der Prager ICzech berichtet über
eine Anzahl neuer künstlerischer Aussehmückungen, welche von den Beuroner Benedic-
tinem in der Emauser Klosterkirche durchgeführt worden sind. Zugleich bringt das
genannte Blatt folgende Daten über das Personale des Klosterateliers Director des Ateliers
ist Bruder Desiderius, gewesener Akademiedirector in Nürnberg, die Seele desselben
aber P. Gabriel, ehemaliger Akademieprofessor in Rom. Bruder Martin ist Maler
und Photograph. P. Ephrem als Architekt und Ingenieur leitet die künstlerischen Ar-
beiten. Neuestens ist der Congregation auch ein Bildhauer aus dem Admonter Kloster
beigetreten. In dem Atelier lernt auch ein junger Mann vorn heiligen Berge, welcher
früher seine Kunst nur am Geback übte.
Gewerbliches Unterrichtswesen in Preußen. Aus einem der letzten Sitzungs-
berichte des deutschen Reichstages entnehmen wir, dass die Zahl der gewerblichen Unter-
richtsanstalten in Preußen in den letzten Jahren bedeutend zugenommen hat und gegen-
wärtig folgendeSchulendem gewerblichen undkunstgewerblichen Unterricht gewidmet sind
Rheinisch-Westfälische Eisenhüttenschule zu Bochum, Maschinenbauschule zu Einbeck,
Fachschule für die Kleineisen- und Stahlwaaren-Industrie des Bergischen Landes zu Rem-
scheid, Fachschule für Dampfscbiifsmaschinisten in Flensburg, konigl. Baugewerkschule
zu Nienburg a. d. Weser. Baugewerkschulen zu Breslau, Berlin, Dt. Krone, Eckernförde,
Idstein und Höxter. Konigl. Baugewerk-, Zeichen- und Modellirschule zu Erfurt, königl.
Webe-, Farberei- und Appreturschule zu Crefeld, iVebeschule zu Mülheim a. Rhein,
Spremberg und Einbeck. Fachschule der vereinigten Stuhlarbeiter-Innungen Berlins.
Webe-Lehrwerkstatte zu Kalefeld Landdrostei Hildesheim, Markoldendorf Landdrostei
Hildesheim und Vilsen Landdrostei Hannover, Korbtlechtschulen zu l-leinsberg Regie-
rungsbezirk Aachen, Bettingen im Eifelkreise, Bitburg, Daun im Eifelkreise, Greven-
wiesbach am nördlichen Taunus, Ruppertshofen Kreis Diez, Regien-Bezirk Wiesbaden,
Hachenburg Reg-Bez. Wiesbaden, Gehland im Kreise Sensburg Reg-Bez. Gumbinnen,
die Schulen des Vereins für das Wohl der arbeitenden Classen in Waldenburg i.Schles.,
Handarbeitscursus für Knaben höherer und niederer Lehranstalten zu Osnabrück, Schuh-
macherlehrwerkstatt des Schuhmachermeisters H. Franke in Artern Reg-Bez. Merse-
burß, Handels- und lndustrieschule für Frauen und Tochter zu Königsberg i. Pr., die
Handels- und Gewerbeschule für Mädchen zu Elbing, für Frauen und Töchter zu Stettin,
Schule des Frauen-Erwerbvereines in Potsdam, lndustrieschule zu Altenessen Reg-Bez.
Düsseldorf, lndustrie- und Fortbildungsschule für Frauen und Mädchen zu Rheydt,
Industrie. Wasch- und Kochschule zu Hohnenkirch Reg-Bez. Düsseldorf, Spitzennäh-
schulen im Kreise Hirschberg, königl. kunstgewerbliche Fachsehule für Metall- Bronze-
Industrie zu lserlohn, ltonigl. Zeichenakademie zu I-Ianau, königl. Kunstschulen zu Königs-
berg in Pr., Magdeburg und Danzig, Kunstgewerbeschule und das Museum des mittel-
deutschen Kunsrgewerbevereins zu Frankfurt a. M., Kunstgewerbeschule zu Düsseldorf,
gewerbliche Zeichen- und Kunstgewerbeschule zu Kassel, gewerbliche Zeichenschulen zu
Köln, Elberfeld, Halle a. 5., Magdeburg und Kottbus, Kunstgewerbeschule des Architekten
Lambris zu Aachen, Kunsttischlerei- und Holzbildhauereiscbule zu Magdeburg, Fach-
schule für Holzschnitzerei im Kreise Gersfeld, keramische Facbschule zu Hobr-Grenz-
hausen, künigl. Porzellanmanufactur zu Berlin, königl. Glasmalerei-Institut zu Berlin,
Berliner Handwerkerschule und die Fortbildungsschulen.
Museum für Völkerkunde. In Berlin ist das neue kon. Museum für Volker-
kunde so weit vollendet, dass im April mit der Ueberführung der Sammlungen begonnen
wird. Die reichen Schätze, welche seit Jahren angesammelt worden sind, werden hier in
überraschender Weise zur Geltung kommen. Um diese Schütze vorläufig zu bergen,
hatte man ganze Hauser miethen müssen.
Das theuerate Buch der Welt, die rBiblia Sacra Vulgatac, Mainz 1450-1455,
kam neulich in London unter den Hammer und wurde für 3900 Pfd. dem Buchhändler
Herrn Bernhard Quaritsch zugeschlagen. Von Gutenberg und Fust mit beweglichen
Lettern gedruckt, ist es das erste Buch, das auf diese Weise hergestellt worden. Eine
zweite bibliographisch interessante Nachricht wird der nVoss. Ztg.u aus Paris über-
mittelt. ln der Universitatsbibliothek zu Rouen wurde ein Brief von Fischet, Prior
der Sorbonne, aus dem Jahre 1470, aufgefunden, der über die Einführung des Buch-
drucks in Paris durch die Deutschen Martin Kranz, Ulrich Gering und Michael Fre
burger berichtet und mittheilt, dass diese Drucker sich als Lehrlinge Gutenbergs
und diesen ausdrücklich als Erfinder des Buchdrucks bezeichneten. Das Document ist
ein werthvolles Zeugnis für Gutenbergs Ansprüche.
Schweizerisches Natlonnlmusaum. Durch den Ankauf der Groffschen Pfahl-
bautensammlung hat die ldee eines schweizerischen Nationalmuseums eine erfreuliche
Populariairung erfahren. Wahrscheinlich werden bei kommender Gelegenheit weitere
Ankäufe gemacht und wird schließlich zur Anlage eines Centralmuseums geschritten
werden. Es ist von Interesse, dass bereits die Helvetik sich mit dem Plane eines solchen
trug. Stapfer, der Minister für Kunst und Wissenschaft, führte einen Beschluss des
Vollziehungs-Directoriums herbei, dass ein schweizerisches Nationalmuseum gegründet
werde, als agemeinschaftlichen Mittelpunkt für die Fortschritte der technischen Kennt-
nisse und schonen Künste in Helvetiem.
Kathedrale in Katz. Die Kathedrale in Metz, an welcher die Restaurations-
arbeiten rüstig Voranschreiten, wird in der nächsten Zeit im Innern einen sehr inter-
essanten Schmuck erhalten. Es soll namlich daselbst die in Bronze ausgeßhrte Nach-
bildung einer Reiterstatue Karls des Großen aufgestellt werden. Das Original
befand sich bis Ende des vorigen Jahrhunderts im Besitze des Metzer Domschatzes und
wurde jährlich am a8. Janner, dem Todestage Karls des Großen, von vier Kerzen ums
geben, öffentlich ausgestellt. Glücklicher Weise entging das Kunstwerk der während der
Revolution vom Pöbel in den Metzer Kirchen ausgeführten Zerstörung. Dasselbe kam,
nachdem es längere Zeit verschwunden gewesen, bei dem Pariser Archäologen Lenoir
wieder zum Vorscheine und gelangte später in den Besitz von Frau EvansvLombe, welche
es 1867 für 5000 Francs an die Stadt Paris verkaufte. Bei dem Commune-Aufstande
wurde es unter den Trümmern des Stadthauses begraben, jedoch x87 ziemlich unver-
sehrt aus dem Schutte hervorgezogen und sodann im Museum Carnevalet in Paris auf-
gestellt. Die Statue stellt den Kaiser Karl zu Pferde dar, mirl-lerrachermantel und Krone.
Die Linke halt den Globus, die Rechte das Schwert. Dieses stammt iedoch aus neuerer
Zeit, wie schon daraus hervorgeht, dass es gebogen ist, während die Scheide gerade
Form zeigt; wahrscheinlich trug die Rechte ursprünglich ein Scepter. Der breite und
kräftige Oberkörper, der dicke und kurze Nacken sowie die von dem Biographen Karls
dcs Großen, Eginhardt, beschriebene eigenartige Gewandung berechtigen zu dem Schlüsse,
dass die Figur das Porträt des Kaisers, und zwar das einzig echte von ihm existirende,
ist. Die Technik der Statue sowie das dazu verwendete Material lassen es als sicher
annehmen, dass der Guss aus der Karolingischen Zeit, und zwar wahrscheinlich aus dem
Aachener Gießhause stammt.
Ein neues phofaotypisohes Verfahren. Spiegeldruck nennt der Kunstverleger
A. Ackermann in München ein neues vervollltommnetes Verfahren, welches aus dem
photographischen unveranderlichen Lichtdrucke hervorgegangen ist. Es liegt demselben
das neue isochromatische Aufnahmsverfahren des Erfinders Dr. Engen Albert zu Grunde.
Der Spiegeldruck, von geschliffenen Spiegelplatten gewonnen, eignet sich in erster Reihe
zur Reptoduction von Gemälden, wobei ohne Retouche des Negatives und der Bildfläche
das Gemälde so wiederge eben wird, wie es aus Kfmstlerhand hervorgegangen. Der rSpiegel-
druckl wird sich als ba nbrechend erweisen für die gesammte, nach Ori inalgemalden
reproducirende Kunst, welche die Urbilder bisher nur in glattlacltirten, un altbaren und
oft vgeleckt- erscheinenden Photographien wiederzugeben vermacht hat.
Selbstverlag des k. k. Oesterr. Museums lür Kunst und Industrie.
Buehdrueklrul wa Cul Gmuw Bahn Wien.