547 hörigen Vorbildern, musste bei der Anlage einer textilen Sammlung jenen Intentionen in erster Linie Rechnung getragen werden. Aber in Wür- digung des engen Zusammenhanges wie er in der Kunst zwischen der Erkenntniss der historischen Bedingungen des Werdens und Entstehens einerseits und einem zielbewussten Schaffen anderseits besteht, wurde von Anbeginn auch angestrebt, eine Vollständigkeit der historischen Ueber- sicht über Techniken und Decoration der textilen Erzeugnisse aller durch erhalten gebliebene Denkmäler bezeugten Stylperioden zu erzielen. Und wirft man einen Blick in den letzten gedruckten Katalog der Samm- lungen vom Jahre 1866, so möchte es fast scheinen, dass bis dahin das wissenschaftliche Interesse größere Berücksichtigung gefunden habe. Denn dem halben Hundert orientalischer und neuerer europäischer Stoffe und Stickereien, wovon etwa die Hälfte als Privateigenthum nur vorüber- gehend zur Ausstellung gelangt war, stehen dort die 4.00 Nummern der Bock'schen Sammlung gegenüber. Wurden auch durch eine Reihe von Stücken dieser Sammlung ältere Techniken, namentlich der Stickerei wieder bekannt gemacht, oder der Geschmack an der stilisirten Ornamen- tirung mittelalterlicher Gewebe durch Nachbildungen von Phil. Haas und Giani nach jenen Mustern in fruchtbringender Weise angeregt, so steht der Werth dieser unmittelbaren lebendigen Nutzung doch weit zurück gegen denjenigen, den die Beck'sche Sammlung für die wissen- schaftliche Textilforschung gehabt hat. Denn mit dieser Sammlung hatte das Museum den größten Theil des Materials erworben, auf welchem Bock das Gebäude seiner Entwicklungsgeschichte der mittelalterlichen Textilkunst aufgebaut hat, jenen ersten bahnbrechenden Versuch, dem die vielfach abweichenden Ergebnisse neuerer Specialforschungen von seinem incunablen Werthe nichts nehmen werden. Die fundamentalen Forschungen Prof. Karabacek's haben nämlich zweifellos dargethan, dass eine Geschichte wie sie Bock geplant hat, zu abschließenden Resultaten nur von einem Orientalisten gerührt werden kann, denn altorientalisch wie der Seidenstyl, sind auch die mittelalterlichen Techniken der Weberei und Stickerei. Und just zur rechten Zeit wurde in diesem Sinne mit der Erwerbung der GraPschen Funde der zweite große Grundstock für die historische Erkenntniss der mittelalterlichen Textilkunst gewonnen, wo- durch die textile Collection des Oesterr. Museums sich zu einer wissen- schaftlichen Sammlung allerersten Ranges emporgeschwungen hat. Gegenüber diesen frühmittelalterlichen Denkmälern aus ägyptischen Gräbern erscheinen die seither gemachten Erwerbungen von minderem Be- lange. Nichtsdestoweniger befindet sich manches Stück darunter, das auch für die wissenschaftliche Betrachtung von Interesse ist. Dies gilt zunächst von einigen mittelalterlichen Objecten, die lange als Hüllen von Reli- quien verwendet aus den Rheinlanden durch Kauf zu uns gelangt sind. Zwei davon entstammen wohl dem 14.. Jahrhundert und dürften auf italischem Boden ihre Entstehung gefunden haben, gehören also einer