D24 nicht berechtigt sind. Ich halte denTassilokelch für einen Zierkelch, welchen der Stifterherzog der aus Niederaltaich abgesendeten Colonie mitgab auf den Weg, ob nun der Kelch auf seinen Befehl in der Lombardei gemacht, oder ob er nach einem byzantinischen Muster in Niederaltaich entstanden sei. Ich kann mich nicht erinnern, ob das Stift aus alter Zeit eine Patene zu diesem Kelche besitze. Die nächsten Verwandten dieses Kelches sind der Werdenerkelch (to. oder 11. Jahrhundert) und der Vitaliskelch von St. Peter in Salzburg (12. Jahrhundert), nur dass hier die Cuppa schon die romanische Form annimmt, dann die Sepulchralkelche von Trier') und Hildesheim") (Domschatz), dessen letztere Cuppa wie eine Eichel in ihrem Kelche aus- sieht, und endlich die Darstellung eines gehenkelten Kelches aus dem 9. oder 10. Jahrhundert auf einer Elfenbeintafel auf der Stadtbibliothek zu Frankfurt a. M. Andere Kelche, die in Handschriften des 12. Jahr- hunderts gezeichnet sind, kommen gleich zur Besprechung. Ich habe oben den prachtvollen Kelch Heinrich II. in der Schatz- kammer der reichen Capelle zu München erwähnt; er ist ursprünglich eine einhenkelige Krystallschale, die der Goldschmied zu einem zwei- henkeligen niederen Kelch umgestaltet hat. Es muss unter den sächsischen Kaisern eine überaus mächtige Kunststrebung durch Deutschland hindurch- gegangen sein, welche auf die Macht des deutschen Kaiserthums, auf die sich bald dazugesellende Prachtliebe, keineswegs auf den vermeintlich reformatorischen Einfluss der Kaiserin Theophano und ihrer griechischen Begleiter zurückgeführt werden darf. Haben denn die Freunde der Kaiserin, der kunstsinnige Egbert von Trier und der nachherige Bischof Bernward von Hildesheim, selbst ein ausübender Künstler, byzantinisirt? Ist nicht die Bernwards-Säule, sind die leidenschaftlich bewegten, aus der Ebene sich herausbeugenden Gestalten an den beiden Bernwards-Thüren nicht wie ein Protest gegen das unplastische Streben und gegen die würdig, aber langweilig, wenn nicht gar verdrossen dastehenden Heiligen der byzantinischen Gemälde, Schmelzwerke und Elfenbeinsculpturen? Anders lag die Sache. Egbert von Trier, wie Bernward von Hildesheim haben in Italien sich an den antik-christlichen Vorbildern für wahre Kunst erwärmt; die griechischen Meister mochten ein paar Techniken, oder das richtigere Zeichnen angeregt und gelehrt haben. Nach Italien weisen den Egbert die Künstlermönche von der Reichenau; dorthin sandte er Scholastiker, sicher nicht allein zum Studium der Theologie, dem sie bequemer und wohl auch so gut in einem heimischen Kloster obliegen konnten; sie sollten die alte christliche Kunst studiren, das war ihre Haupt- bestirnmung. Und nach Italien wendet sich Bernward, dem sein Schüler Otto III. bis an das Weichbild der ewigen Stadt entgegenzieht. Und in ') Wilmofsky, Grabstitten, Taf. lll. ") Kräu, Dom zu Hildesheim, Taf. 8, 3.