Trotz des ziemlich reichen Vergleichungsmateriales ist an diesen gravirten Schüsseln noch Vieles unklar; so die Frage nach ihrem Stamm- baume und nach ihrer ehemaligen Verwendung. Haben sie liturgischem Gebrauche gedient, z. B. bei Taufen? Hat man sie zum Absammeln des Almosens in der Kirche verwendet? Waren sie vielleicht im Hause benützt worden? Einstweilen liegen keine sicheren Anhaltspunkte für eine Ent- scheidung vor. Was man indess von den Funden in Gent und in Pöddes weiß, würde dafür sprechen, dass die Schüsseln mit den Bildern von Tugenden und Lastern dem Hausgebrauche gedient haben'). Die be- schriebene Schüssel von Pöddes wurde nämlich, wie es heißt, mit noch drei ähnlichen Schüsseln und mit einer größeren Anzahl von Bronze- tellern zusammen gefunden. Auch zu Gent sind die vier Schüsseln mit dem Fragmente einer fünften nahe bei einander vorgefunden worden. Alle diese Funde, besonders aber der von Pöddes, legen den Gedanken nahe, dass es sich hier um mittelalterliche Service aus Bronze handelt, die etwa bei festlichen Gelegenheiten") oder wohl auch beim täglichen Mahle gedient haben. Dass man eine größere Schüssel und eine ganze Reihe von Tellern sollte in einer Kirche zu liturgischen Zwecken benützt haben, lässt sich mit unseren Begriffen vom mittelalterlichen Gottesdienste nicht vereinigen. Ziemlich wahrscheinlich vom liturgischen Gebrauche ausgeschlossen war wohl auch die Statiusschüssel in Paris wegen ihrer heidnischen Dar- stellungen. Allerdings muss die Möglichkeit erwogen werden, dass man sie gerade wegen ihrer absonderlichen Bilder, die wohl nicht allgemein ' verständlich waren, einem kirchlichen Gebrauche zugeführt hatte. Für diesen ist sie aber von vorn herein gewiss nicht bestimmt gewesen. Bei der Wiener Schüssel mit den Samsonbildern ist der liturgische Gebrauch gleichfalls nicht ganz sicher. Bethune "') nimmt in dieser Beziehung an der Darstellung des Samson alsides jüdischen Nationalhelden Anstand. lndess ist es immerhin möglich, ja sogar wahrscheinlich, dass die Samsonbilder im Rande durch eine specifisch christliche Darstellung in dem jetzt gänz- lich verriebenen Mittelfelde jene typologische Bedeutung erhielten, die ihnen so häufig auf mittelalterlichen Kunstwerken zukommt. Bei den Schüsseln in Trier, Aachen und Xanten ließe sich wohl ungezwungen an einen Gebrauch in der Kirche denken. Zweck dieser Zeilen aber ist es nicht, die ursprüngliche Bestimmung der gravirten Bronzeschüsseln festzustellen, sondern hauptsächlich der, unter Hinweis auf das bisher zugängliche Vergleichsmaterial zu weiteren Forschungen anzuregen. Einige Gedanken über die Entwickelungsgeschichte ') Schon Römer hat diese Ansicht vertreten. ") Darauf würden die Spuren von Vergoldung deuten, die an der Schüssel von Stade gefunden worden sind. m") Vergl. den Sonderabzug seines oben cilirten Artikels in der nRevue de l'art chretienu. 4t-