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Literatur - Bericht.
Die Reform des Kunstgewerbes in ihrem geschichtlichen Entwickelungs-
gange. Von J. F. Ahrens. Hamburg, J. F. Richter, 1886. (Heft 9
und 10. Neue Folge, I. Jahrg. von HoltzendorfPs Deutschen Zeit-
und Streitfragen.) 8". 64 S.
Von einer knap en Darstellung der Verhältnisse der Werkstatt vom 13. bis zum
X1. Jahrhundert ausgehend, beginnt die kurze doch übersichtliche Schilderung der Eut-
wickelung kunstgewerblicher Reformen mit SchinkePs Bestrebungen und dem Wirken
SempeFs, betont die Bedeutung des Versuches Minutoli's in Liegnitz, durch eine Vor-
bildersammlung auf das Kunstgewerbe einzuwirken und schildert den Nutzen der allmalig
zur Entfaltung gelangenden Kunstvereine und der Gewerbe-Ausstellungen. Es folgt die
Besprechung der epochernachenden internationalen Ausstellung zu London 185i und die
im Anschlüsse an dieselbe geschatfenen, von durchgreifendem Erfolge begleiteten Reform-
vorschläge Sempcfs. Es werden schließlich die positiven Resultate des kunstgewerb-
liehen Fortschrittes der letzten Jahrzehnte zusammengefasst und die Bedeutung der seither
gegründeten Museen und Lehranstalten und die emporgeblühte einschlägige Literatur
geschildert. M-t.
i:
Niemann, G., Palastbauten des Barockstiles in Wien. 5. Liefg. gr. Fol.
Wien, r887.
So oft wir beim Erscheinen einer neuen Lieferung dieses ausgezeichneten Werkes
Gelegenheit haben, auf die hervorragende Unternehmung zurückzukommen, ist es uns
ein wahres Vergnügen, seiner vielfältigen Vorzüge zu gedenken. Professor Niemann hat
sich mit seinen verstandnissvollen und gewissenhaften Aufnahmen, die er in reizvollen
Zeichnungen durchführte, ein bleibendes Ehrenmal gestiftet und der Forschung über die
Vaterländische Baukunst des 18. Jahrhunderts den besten Dienst geleistet. Das vorliegende
Heft hat Johann Bernhard Fischer's von Erlach Reichskanzlei und Winterreitschule in
der kaiserl. Hofburg zum Gegenstande und bringt auf Taf. XX die Facade der ersteren
mit der Statuen-geschmückten Durchfahrt nach der Schauflergasse, auf Taf. XXl den
Querschnitt der Reitschule, auf XXIl die Eckpartie von diesem Gebäude, XXlll dessen
perspcctivische Gesammtansicht, das ügurale Statfagewerk ist von Hültel entworfen. Zu
wünschen ware gewesen, dass von der Reichskanzlei auch eine Total-Facadenansicht
gegeben worden ware, denn die in den Text gedruckte Reproduction des Stiches von
Kleiner ist doch zu wenig klar, ferner von der Winterreitschule (so lautet die alther-
kömmliche und auch officielle Bezeichnung, nicht: Hofreitschule) eine perspectivische
Gesammtansicht des Innern, welches zu dem herrlichsten der damaligen Architektur
gehört und für dessen Erkenntniss der Querschnitt nicht ausreicht. Noch eine Bemerkung
haben wir über die Ansicht der Reitschule. Schon anlässlich eines anderen Blattes in
einer der früheren Lieferungen musste gesagt werden, dass die Figurenstatfage dem Werthe
der Niemann'schen Zeichnungen Eintrag thut. Zwar ist sie ganz hübsch gemacht, aber
es fehlt an der historischen Correctheit. So werden uns diesmal - vor der Reitschule
Jäger mit Waldhörnern und Jagdhunden vorgeführt, was in Laxenburg oder Schlosshof
Sinn hätte, nicht aber auf dem Michaelerplatze. Bedeutend schlimmer aber ist es, dass
vorne Kutschen und Figuren aus der Zeit Karl Vl. dargestellt erscheinen, im Hinter-
gründe aber durch den Bogen das Palais Frics mit seinen Karyatiden von Zauner
sichtbar wird, welches bekanntlich erst 1783 erbaut wurde. Jedoch, wir übersehen gerne
diese Nebensnchen über der Schönheit und Richtigkeit des architektonischen Theiles an
den, wie gesagt, musterhaften Aufnahmen Niemann's, welche dem Werke schon als
Kunstleistungen fortdauernden Werth verleihen werden. Den kurzen Text zur fünften
Lieferung hat Dr. Josef Dernjac geliefert. Es fallt mir nicht ganz leicht, über denselben
zu sprechen, denn einerseits schiene es ganz unnatürlich, wenn ich, von dem man weiß,
dass er seit langen Jahren an einer Monographie über die Fischer arbeite, von einer
neuen Arbeit über zwei ihrer berühmtesten Bauwerke nicht Notiz nehmen würde;
andererseits aber steckt in dem Aufsatz Derniads wirklich kein Studium. Was hier über
den Gegenstand gesagt wird, geht behutsam um den Brei herum, an dem man sich
allerdings atark verbrennen kann. Von der Geschichte beider Bauten weiß der Verfasser
nichts, sie hingt mit derjenigen des großen Burgbaupmjectes J. B. Fischer's zusammen,
der man freilich etwas langer und gründlicher nachgegangen sein muss, um das tiefe
Dunkel nur einigermaßen zu erhellen, welches auf der Sache ruht. So hilft sich denn der
Autor mit Erwähnung der Hauser, welche früher an der Stelle gestanden, und spricht
dann von dem lPlane der Neuanlagenn, welche nach seiner Meinung aus der (unvoll-