469 i Möbel hin, die freilich die Eleganz der Pariser Ebenisterie vermissen lassen. Ferner bemerkt man die nüchterne und bis zur Aermlichkeit sparsame Anwendung von vergoldeter Bronze, die sich fast lediglich auf den dorischen Triglyphenschmuck beschränkt. Abgesehen davon, dass wir von Roentgen Möbel kennen, die auch dieses Decorationsmittel in reicher Weise zur Schau tragen, übersieht man dabei gänzlich, dass der Meister hierin nur dem allgemeinen Zuge der Zeit folgt, ia demselben voraneilt: das französische Empire in seiner kahlen Nachahmung der Antike hat sich auch mit den wenigen architektonischen Ziergliedern a la grecque begnügt. Will man der künstlerischen Bedeutung Roentgen's gerecht werden, so muss man seine Leistungen von jener Seite betrachten, nach welcher seine Ueberlegenheit über alle Rivalen - Riesener nicht ausgeschlossen - auch von den modernen französischen Kritikern aner- kannt wird: der Marqueterie. Champeaux mag nicht ganz Unrecht haben, wenn er die Ueber- handnahme des deutschen Elementes unter den Pariser Möbelindustriellen im Zeitalter Louis XVI. mit der zunehmenden Bedeutung in Verbindung bringt, die die Marqueterie in der ornamentalen Ausstattung der Möbel seit der Mitte des Jahrhunderts gewonnen hatte. Eingelegte Arbeit trägt selten den Stempel unmittelbarer geistvoller Erfindung; ein genialer Einfall in der Zeichnung festgehalten und in einheitlichem Materiale flott ausgeführt, hat in der Marquetrie weniger zu bedeuten, als manuelle Geschicklichkeit und Geduld in der zeitraubenden, nicht mühelosen Aus- führung. Seinen künstlerischen Beruf erwies Roentgen eben damit, dass _ er nicht bei decorativen Füllungen stehen blieb, wofür ihm der Gräa cismus nicht genug bieten konnte, sondern sich an große figurale Com- positionen heranwagte, in denen er mit den Historienmalern seiner Zeit in Wettkampf trat. Auch darin erwies er sich als berufener Neuerer, dass er sich die fehlenden technischen Mittel selbst schuf. Die Franzosen hatten seit hundert Jahren vorwiegend exotische Farbhölzer in Gebrauch; Brand und Rauch, sowie Gravirung in Verbindung mit einer Art Niel- lirung leisteten das Uebrige. Dies ergab eine Anzahl rother und gelber Töne; Roentgen brauchte dagegen für seine figuralen Darstellungen eine Scala heller und dunkler Tinten in Camaieu, die er durch Beizung der Hölzer zu erreichen suchte. Welche Wirkung er damit zu erzielen wusste, zeigen am besten die zwei großen lntarsia-Tafeln im Oesterr. Museum. jede über 3 Meter lang und hoch, mit den zeitgemäßen Darstellungen Coriolan's und der Sabinerinnen, in gleicher Weise ausgezeichnet durch breite Behandlung und scharfe Charakteristik, Von der oben geschilderten ausgebreiteten Fabrication Roentgen's ist bis jetzt verhältnissmäßig wenig an's Licht gekommen. Die Franzosen mussten nach England gehen, um seine authentischen Werke zu stu- diren; es findet sich daselbst Mehreres im Privatbesitze, ferner drei Tisch- Chen im Kcnsington-Museum, verrnuthlich sämmtlich aus Frankreich