395 gewissem Belang eine Ergänzung jener beiden, indem sie namentlich viele Erzeugnisse für den Profangebrauch zum ersten Male zugänglich gemacht und die Arbeit des vorigen Jahrhunderts in größerer Reichhal- tigkeit zur Anschauung gebracht hat. Wenn bei der Anordnung im Allgemeinen zunächst der malerische Eindruck berücksichtigt worden ist, so scheint innerhalb dieser Begren- zung doch eine gewisse didaktische Tendenz obgewaltet zu haben. Auf eine Sammlung von 4.000 Ringen, denen leider nicht der für die Wür- digung des Einzelnen erforderliche Raum zugestanden werden konnte, folgen verschiedenartige moderne Arbeiten, welche auch verschieden- artige Emplindungen erregen. Von den silbernen Rennpreisen bestä- tigen viele, dass gewisse Gebiete dem Stil auch nicht einmal vorüber- gehend Einfluss gestatten, während man sich Angesichts einzelner Ar- beiten aus halbvergangener Zeit, z. B. eines Pocals mit Cameen (Wien 1853), gern der Vorstellung überlässt, dass das heute kaum mehr denkbar wäre. Und so viel Absonderlichkeiten auch die anderen Säle hier und da noch bergen, bewegt man sich bei dem Gange durch diese doch allmälig dem Besseren und Besten zu, das --Werke der Früh- und Hoch- renaissance - in dem rothen Saale versammelt ist. Vielleicht war es auch kein Zufall, dass in nächster Nähe des Dia- mantenschrankes ein Pultkasten mit meistens indischen Schmuckgegen- Ständen seinen Platz gefunden hat. Der Gegensatz kann nicht größer sein. Was in der Regel einen dreifachen Halbkreis von Beschauern und namentlich Beschauerinnen, vor deren glühenden Blicken die Glastafeln des einen Schaukastens glücklicherweise nicht schmolzen, an diesen fesselte, war viel weniger die geschmackvolle Verbindung von Opalen, Smaragden, Rubinen u. s. w. mit Brillanten, als der materielle Werth der Steine von seltener Größe und die Häufung von Strahlenkernen an anderen Obiecten. Darüber ließen begeisterte Ausrufe keinen Zweifel. Die Edelsteine, welche in dem gegenüberstehenden Kasten als Bestand- theile von Hals- und Armbändern u. dgl. zu sehen sind, zeichnen sich weder durch Größe noch durch Seltenheit aus; allein ihre Zusammen- stellung, die Verbindung mit Filigran oder Email, die Anordnung der ganzen Schmuckstücke zeugen von einem natürlichen Farben- und Formen- sinne und uralt vererbter Bildung des Auges und der Hand. Wie in der Kunst Indiens überhaupt stehen wir, die wir nicht Gelegenheit haben, den mancherlei Ursachen der verschiedenen Erscheinungen nachzugehen, auch hier zwei scheinbar einander ausschließenden Richtungen gegenüber: auf der einen Seite herrscht das Bestreben, durch die Masse des glänzenden Metalls und durch phantastische Ornamentik zu blenden - den Be- suchern der Pariser Ausstellung von 1878 noch in Erinnerung aus dem viel angestaunten Schatze des Prinzen von Wales und hier durch einige Gefäße vertreten, - auf der anderen Seite die feinste künstlerische Be- rechnung, welche den Gedanken an materiellen Werth gar nicht auf-