circulus vitiosus nicht herauskommen, das alte Rüstkammergewand nicht vüllig abstreifen, um entschieden als wissenschaftliche Anstalt herauszutreten, die sie nun einmal in der heutigen Welt sein muss. Aus einer Anstalt zu praktischen Zwecken unter Kurfürst August l. hervorgegangen bildete sie sich bis in die Zeit August des Starken immer mehr zu einer Collection um, die den Charakter einer Kunst- und Wunderkammer an sich trug, einem Sammelsurium von Seltenem und Seltsamem in halb mystischem, halb reckenhaftem Gewande. In der späteren Zeit erfuhr sie wiederholte Uebersiedlungen und Neuordnungen durch Person- lichkeiten, die bei allem Willen und aller Freude an dem Gegenstande, doch den Theorien der Kunst- und Walfenwissenschaft ferne gestanden sind. lhr System der all- gemeinen Gruppirung war ein laienhaftes, das der Anordnung im Kleinen ein rein deco- ratives '). Die späteren Directoren, denen Neuordnungen zugefallen waren, wagten aus Pietät für dieses Schatzkastlein nur wenig an der gewohnten Eintheilung des Materialea zu rütteln, und so kam es, dass eine vorn heutigen Standpunkte der Wissenschaft fach- widrige Ordnung und Theilung gewissermaßen historisch und ehrwürdig geworden ist. Wir sind weit entfernt, dem heutigen Vorstand: und dem letzten Reorganisator darüber einen Vorwurf zu machen. Sind wir doch selbst aus eigener Erfahrung zu der Ueberzeugung gelangt, wie schwer es ist in ähnlichen Anstalten gegen die Gewohnheit, gegen die Vorurtheile anzukampfen und diese aus dem Felde zu schlagen. Die Romantik sitzt heute noch so fest in den Kbpfen der Generation, dass man nur mit sehr viel Vorsicht in einem Gebiete Reformen wagen darf, das jene noch als ihre ausschließliche Domäne zu betrachten gewohnt ist. So haben wir es denn auch noch in Dresden mit einer un- wissenschaftlichen Eintheilung des kostbaren Materiales zu thun. Wir kommen aus dem wParadesaaln in den nSchlachtensaaln, sehen in Objecten für ein und dieselbe Bestim- mung subtile Unterscheidungen gemacht, wie für Pistolen und Pferdezeuge im wPistolen-I und nSattelsaall, wahrend die von selbst sich ergebende Aufgabe, die Entwickelung des Waffenwesens zu demonstriren, der eigentliche Cardinalpunkt, über o fachwidrigen Subtilitaten aus dem Auge gelassen wird. Aber was nützen die Klagen, die heute noch ungehort verhallen; wir müssen da eine Besserung der Zeit überlassen und können uns nur freuen, wenn im Laufe der Zeit ein kleines reformatorisches Wagniss ohne Zetergeschrei der Romantiker vorübergeht. Mittlerweile fehlt es gottlob nicht an trostenden Momenten, in dem Gebiete Jin dem ernsten Bestreben das unschätzbare Material: kunsthistorisch zu beleuchten und fachlich einer Würdigung zu unterziehen. Wir weisen hier auf jüngst erschienene und demnächst an's Licht tretende literarische Arbeiten hin, die geeignet erscheinen, eine durchgreifende museale Reform anzubahnen. Hoch bemerkenswerth sind da die Publicationen dreier fran- zösischer Autoren, die leider sämmtlich und viel zu früh aus dem Leben geschieden sind: Viollet-le-Duc, Gay und Beaumont. Weiß in Berlin brachte uns in seinem Katalog des dortigen Zeughauses die Resultate gründlicher Studien. Angelucci's Werk über die Armeria zu Turin ist nahe dem Erscheinen; die Durchsicht der Aushangebogen, die uns vorliegen, überzeugte uns von einer eminenten Arbeit eines Fachmannes sowohl in der Kunst- als Walfenwissenschaft. Nun überraschte uns der verdienstvolle Director des konigl. historischen Museums in Dresden, Dr. Albert Erbstein, mit einem Büchlein, dem er den bescheidenen Titel einer nßeschreibung des ltbnigl. histori chen Museums: beilegt, das aber über die Bedürfnisse eines Besuchers desselben hinaus eine ltunstwissen- schaftliche Monographie mit einer ansehnlichen Summe neuer Forschungsergebnisse darstellt. Sehen wir von den Erstlingsversuchen F. v. Reibisch's und v. Quandfs (1834) ab, der den Inhalt des historischen Museums nur mehr cursorisch behandelt, dann stellt sich F. A. FrenzePs nFührer durch das historische Museum: 1850 als erste Beschrei- bung dieser großartigen Collection in der Literatur dar. Seine Arbeit ist für die Zeit eine ganz vorzügliche zu nennen; heute genügte sie allerdings weit nicht mehr, u_nd dennoch vergingen 39 Jahre, bis sich ein kenntnissreicher Autor fand, um einem drin- genden Bedürfnisse zu begegnen. Für den speziellen Kunstfreund haben die vorigen Di- rectoren Dr. H. Hettner und G. H. Büttner durch Herausgabe eines großen Photo- graphiewerkei gesorgt, denen Text aber ein so magerer ist, dass der Beschauer mehr nach dern Bilde als nach der Beschreibung urtheilen kann. Wie Dr. Erbsteia als Director sein Museum betrachtet, wie er seine Aufgabe als Autor seiner nßeschreibungu auffasst, das hat er uns in wenigen Worten in seiner Vorrede dargelegt, die mit folgenden Worten beginnt: nDie Abfassung einer kritischen Beschreibung des konigl. historischen Museums, mit welcher hiemit an die Oelfentlich- keit getreten wird, hatte deshalb besondere Schwierigkeiten, weil durch mehrere Umzüge ') Die 1833 ene N anhtelluag erfolgte_unter der Leitung v. uandtk. Die Deco- ration. in gefällig afäiiiifßiäca... Fgmen (l), besorgte mit oßem Geschmack: im i! Prof. T_hu rm er. Frenzel nennt da: eine zweckmäßige, systematische Anfste nng, die einen großartigen , nie zu ver- löschenden Eindruck hervorbringt.