111 Richtung ihre volle Bedeutung aufzuweisen, in welcher es sich um die Pflege des Wappenwesens in conservativem Sinne handelt, dort wo Alther- überliefertes den Gegenstand einer solchen Pflege bildet. Anders - und es soll nicht geleugnet sein - unsicherer und schwieriger gestaltet sich die Sachlage, wenn es sich um Wappen aus jenen Perioden handelt, welche keinerlei Anknüpfungspunkte mit den Zeiten des lebendigen, prak- tischen Wappenwesens mehr aufzuweisen haben. Sollte es nöthig sein, auf die Anachronismen hinzudeuten, welche sich bei neuen, im Sinne der equestrischen Heraldik geschaffenen Wappen ergeben können? - Kaum ist dies anzunehmen; auch würden hier weder Zeit noch Aufgabe es erlauben, eingehender hierüber zu sprechen. Die Heraldik hat seit ihrem Bestehen, wie wir wissen, mehr als eine Phase durchgemacht, welche jede für sich eigentlich in einer Ab- zweigung von der bestehenden Richtung ihren Ausdruck fand. Ob eine solche Abzweigung in nicht zu ferne liegender Zukunft sich vielleicht vollziehen wird, ist heute noch nicht mit Sicherheit vorauszusagen. Die Bedingungen hiezu wären wohl vorhanden; die Neigung zu emblema- tischen Zusammenstellungen, die Vorliebe für rangunterscheidende Zeichen dürften vielleicht den Anstoß dazu geben. Ein weiterer, sehr zu berücksichtigender Ausgangspunkt würde wohl in der Verwendung von gewerblichen Marken zu persönlichen Abzeichen zu finden sein; dies wäre schon deshalb zu beachten, weil aus prak- tischen Gründen solche Zeichen manche echt heraldische Eigenthümlich- keiten aufzuweisen haben, wie denn ja auch richtige Wappenfiguren in alter Zeit oft genug als gewerbliche Marken Verwendung fanden. Der Adel der schöpferischen Arbeit könnte damit, wie einst der Uradel des Ritterthums, seine freigewählten Abzeichen zu Ehren bringen, und würde sie gewiss auch rnannhaft zu schützen wissen gegen jeden Missbrauch oder feindlichen Angriff. Wie immer aber im Principe die Pflege der Wappenkunst in Zu- kunft sich gestalten mag - eines muss mit Sicherheit begriffen und fest- gehalten werden: dass nur durch die Klarlegung des Wesens der Wappen auch der Sinn für ihre Wichtigkeit erhalten bleiben kann, der erstirbt, wenn der Inbegriff der l-leraldik nur in einem langen Register von Namen und dazu gehörigen Zeichen besteht, welche ebenso eifrig als zwecklos memorirt werden. Solches aber hintanzuhalten soll die erste Aufgabe eines jeden richtigen Heraldikers sein.