herübergeholten Meister, die selbst entweder noch aus alten vergessenen Kunststätten stammten oder direct bei den Byzantinern gelernt hatten. Und in Wirklichkeit, wo auch hätte der abendländische Mönchskünstler, der irgend eine heilige Erzählung im Gemälde darstellen sollte, nach einer An- weisung suchen können, als nur in den Traditionen der Kirche? Und diese fand er entweder in Vorbildern der antik-christlichen Zeit (Sarkophage, Mosaiken u. dgl.) oder aber in byzantinischen Vorbildern (Handschriften, Schmelzwerken u. s. w.), und hier noch dazu mit einem Beiwerk ver- sehen, dessen mystischer Gedankengehalt ihm oft - nicht immer - zusagte. So hat der Occident ganz anders als der byzantinische Osten die Kreuzigung durch lange Jahrhunderte nicht als einfachen histo- rischen Vorgang aufgefasst, sondern durch das Aufstellen der Ecclesia und Synagoge den ganzen Vorgang theologisch vertieft; so hat er hin- wieder die Parabeln Jesu Christi einfach als Erzählungen aufgefasst, ja zu ganz netten Genrebildchen ausgestaltet, während der Orient hier tiefe mystische Gedanken zur Darstellung bringt. Man vergleiche, damit ich nicht allzuweit von unserem Bernward mich entferne, die Darstellung der Parabel vom reichen Prasser auf der Bernwardsäule und die im Maler- buche vom Berge Athos angegebene, namentlich die etwas junge Darstellung in der Note 2, S. 226 der Uebersetzung von Schäfer. Wenn also diese Unterweisung der Occidentalen durch die Byzantiner -- habe sie mittelbar oder unmittelbar stattgefunden - nothwendigerweise gewisse byzantinische Formen, ja ganze Typenreihen in die abendländische Kunst hereinbringt, so ist diese doch nie byzantinisch geworden, ihr innerstes Fühlen und Denken blieb abendländisch, ja sie hing, soweit es eben ihr gelingen konnte, an" der Antike, mit all' ihrer Naivetät: und erst als eine andere Lebensauffassung sich der westlichen Völker bemächtigt hatte, erst dann kann man vom Entstehen einer neuen Kunst reden. Noch in des Bern- wardus Zeit gingen wie ehemals in der Karolingischen Zeit zwei Strömungen nebeneinander einher: Bernwardus und die Hildesheimerschule überhaupt gehören zur rauhen, nationalen, von den Byzantinern wenig berührten Kunstrichtung; nur was sich aus der Antike hertibergerettet hat, was etwa aus der Antike neu herübergeholt wird, das hat veredelnden Ein- fluss auf diese harte Richtung, welche bei all' ihrer Genialität der Roheit nicht sich entledigen kann. Neben dieser Richtung treffen wir eine ganz gleichzeitige Strömung, welche in ihrer Anlehnung an die Antike viel feinere, richtigere Formen, ein gewisses zartes Gefühl für Schönheit hat; diese Richtung hat offenbar zeichnen gelernt bei Meistern, die entweder selbst Byzantiner waren oder bei Byzantinern in die Schule gegangen sind. Hier fühlt man wohl auch naturgemäß stärker die Herübernahme byzantinischer Typen und Formenkreise. Dass auch wohl die Lage der Länder, ob sie näher oder entfernter von den alten Culturmittelpunkten, ob sie mehr oder weniger den gewaltsamen Zerstörungen der Feinde ausgesetzt waren, einen ftihlbaren Einfluss auf diese beiden Strebungen