der Handwerker nicht mechanisch arbeiten, denn das versteht die Maschine
besser, sondern es muss künstlerischer Geschmack seine Hand leiten, es
muss jedes aus seiner Hand hervorgehende Product den Stempel seiner
künstlerisch schöpferischen Phantasie tragen.
Und welch' eigenthümlicher Kreislauf der Anschauungen zeigt sich
eben an der Hausindustrie. Die lange verachteten alterthlimlichen Krüge
und Schalen, Schränke und Beschläge, selbst die Scherben und Bruch-
stücke werden Vorbilder für die Industrie. In den Stolfresten der Groß-
rnutter findet der Musterzeichner einen Schatz von Motiven und präsentirt
der Hofdame, was das Bauernweib erfunden hat.
Die Hausindustrie bietet eine reiche Fundgrube für die Erkenntniss
der Wandlungen in den Kunstformen wie für die culturgeschichtliche
Entwickelung der einzelnen Völker. Alle Werke der Dichtkunst und
Musik, sowie alle Schöpfungen der bildenden und verzierenden Kunst
erringen allmälig den allgemeinen Beifall des betreffenden Volkes und
werden damit zu nationalem Eigenthum, zum vom nationalen Genius
beseelten Ideal, an welchem hierauf die Tradition durch viele Jahr-
hunderte festzuhalten geneigt ist. So entwickeln sich gleichsam in natio-
nalem Geiste eigenartig Poesie, Musik, Tanz, Volkstracht, Schmuck u. s. wl,
endlich auch die ästhetische Gefühls- und Anschauungswelt, an welcher
der Geringste und der Mächtigste nach dem Grade seiner Mittel in
gleicher Weise theilnimmt.
Die Hausindustrie ist der seit Jahrtausenden von den Eltern auf
die Kinder fortgepflanzte Familienfleiß, welcher aus dem Dunkel barba-
rischer Vorzeit in das Licht der Civilisation herüberflihrt. Wo Haus-
industrie, dort ist wirthschaftlicher Familiensinn, planmäßige Beschäftigung,
welche den verderblichen Müßiggang meidet, das physische Wohlbefinden
fördert und die Gefühlswelt verfeinert.
Aus vollem Herzen schließe ich mich den Ausführungen Jacob von
Falke's an:
nEs gilt mehr zu thun, als einfach die künstlerischen Motive der
Hausindustrie in die moderne Industrie aufzunehmen. Es gilt diese Hände
bei ihrer Arbeit und Beschäftigung zu erhalten, soll nicht Müßiggang
und Langeweile während der langen Winterszeit zu Demoralisation führen
und dem König Branntwein zum Throne verhelfen. Dazu aber ist es
nöthig, die Arbeit lohnend zu machen, man muss sie verwenden und
verwerthen außerhalb desjenigen Hauses, zu dessen Schmuck und Ge-
brauch sie heute allein bestimmt ist. Man muss sie sozusagen in Mode
bringen, in unser modernes Haus, in unseren modernen Gebrauch ein-
führen, wie andere Erzeugnisse der Kunstindustrie. Und dazu sind sie
vollständig geeignet oder lassen sich wenigstens mit richtigem Verständniss
dafür geeignet machen. Es ist dies auch bereits versucht worden und
keineswegs ohne Erfolgs-