zeigen auch auf unseren Friedhöfen wenigstens vereinzelte Beispiele. Als
deren erstes, geradezu classisches, nenne ich das Denkmal, welches Otto
König seiner ersten Frau und drei zarten Kindern, die im Jahre 1873
eine Epidemie binnen wenigen Tagen hinwegraffte, auf dem protestan-
tischen Friedhofs in Wien gesetzt hat. Es ist ein einfacher, schlichter,
stelenartiger Grabstein mit einer abgerundeten Nische in der oberen Hälfte.
In dieser sitzt die Verstorbene, bekleidet - was beachtet sein möge -
mit dem Costüme unserer Zeit, eine milde, echt frauenhafte Erscheinung.
Auf ihrem Schoße hält sie und mit dem Schleier, der von ihrem Haupte
herabwallt, umfängt sie schützend zwei Kinder, die sich innig an die
Mutter anschmiegen; zwischen ihren Knieen steht in Rückenansicht das
älteste Kind, ein nackter Knabe, der scherzend zu seinen Schwesterchen
hinauflangt; das Ganze eine in sich abgeschlossene Gruppe von er-
greifender Wirkung und Lebenswahrheit. Das ist wiedererstandene Antike,
wird man unwillkürlich sagen, wenn man diesem Monumente gegenüber
sieht. Und dass man zu diesem Ausdrucke greift, um seine Eigenart zu
bezeichnen, ist gleich ehrenvoll für das Denkmal wie charakteristisch
für unsere Zeit. Gerade mit der Antike fühlen wir uns über die trennen-
den Schranken von Jahrhunderten hinweg gemüthlich verbunden, weil
sie uns auf ihren Grabstelen ihre Menschen lebenswahr im verklärenden
Lichte der Kunst hinstellt. Und so erweckt der moderne Künstler unsere
innigste Theilnahme für seinen Verlust, indem er das, was ihm sein
Höchstes war, einfach in seinem vollen für sich selbst sprechenden Werthe
vorführt. Er traf den Ton, der zum Herzen geht, weil er -- es ist das
eine nicht zu häufige Erscheinung in unserem Kunstleben - mit seinem
Herzblute schuf. Mustergiltig ist auch das von Josef Lax gefertigte Grah-
denkmal des Feldcaplans der akademischen Legion, Füster, auf dem
Centralfriedhofe, indem es das Gedächtniss an diesen Todten in unmittel-
barer Weise festhält und erneuert. Der ganze Mann gewinnt für uns
wieder Fleisch und Blut und steigt vor unserem geistigen Auge auf,
wenn wir ihn mit leiblichen Augen sehen, in einem der denkwürdigsten
Momente seines Lebens, wie er auf der Kanzel predigend mit feuriger
Beredsamkeit die Worte hinausruft: Für das Vaterland darf euch kein
Opfer zu groß sein.
Das Grabmal der Familie König und das des Paters Füster weisen
auf den Weg, welchen die Grabsculptur wird einschlagen müssen, wenn
sie nach einem allgemein giltigen Inhalt für ihre Werke sucht. Sie sind
mustergiltig, weil sie mit bescheidenen Mittel eine große Wirkung erzielen
und sind durchaus moderne Erscheinungen, weil sie aus der Indivi-
dualität der Dargestellten heraus geschaßen sind. Das volle und ganze
Bild der Menschen zu geben, die Summe ihres Daseins zu ziehen, scheint
ein Programm, fruchtbarer und ergiebiger als das Festhalten an abgelebten
Allegorien.