113 schließt. Einstens zog sich aber in der That durch dieses Gebiet eine der wichtigsten Verbindungsstraßen zwischen Osten und Westen, die auch in den zahlreichen kriegerischen Verwickelungen eine bedeutungs- volle Rolle gespielt hat. Bohdan Chmielnicki kam auf seinem Zuge hier durch, wo man bei Lubianki noch heute die vielhundertiährige Linde zeigt, unter welcher er campirt haben soll. Und auch die auf flüchtigen Rossen vorschwärmenden Tataren wählten sich mit Vorliebe für ihre Plünderungs- züge diese Straße, die deshalb heute noch im Volksmunde als wschwarzer Steigu bezeichnet wird. Hiemit haben wir im Allgemeinen charakterisirt. was sich an erhal- tenen älteren und an modernen Teppichen unter die Gesammtbezeichnung podolisch subsumiren lässt. Wir haben uns dabei genöthigt gesehen, über den streng geographisch-historischen Begriff Podoliens insoferne hin- auszugehen, als wir auch einen kleinen Gebietstheil des ehemaligen Wol- hynien in unsere Besprechung einbezogen haben. Anderseits müssen wir ein Gebiet aus demjenigen der podolischen Teppicherzeugung ausscheiden, das in geographisch-historischem Sinne noch zu Podolien zu zählen wäre. Es betrifft dies den äußersten südöstlichen Landzwickel Galiziens zwischen dem Grenzfluss Zbrucz und dem Dniestr; die Mündung des ersteren in den letzteren bildet die äußerste östliche Spitze dieses Landzwickels. Die Kilims, die daselbst heute noch erzeugt werden, sind schmal und stimmen auch im Muster mit denjenigen von Zalosce insoferne überein, dass sie sich im Wesentlichen auf höchst einfache geometrische Ornamentmotive beschränken. Dagegen waltet eine tiefgehende Verschiedenheit in der Farbengebung ob. Die Dörfer, in denen diese Kilims erzeugt werden, liegen in der nächsten Nähe des Dniestr, jenseits dessen das Kronland Bukowina beginnt. Wenn man von dem Hauptorte dieses höchst isolirten Gebietes, dem Städtchen Borszczöw, kommend, sich dern Dniestr nähert, wechselt schon in der Entfernung von etwa einer Stunde von diesem Flusse sowohl der äußere Charakter der Bevölkerung wie die Anlage der Dörfer in höchst augenfälliger Weise. Es ist eben die huzulische Bevöl- kerung der Bukowina, die einige Posten über den Dniestr herüber nach Podolien zu vorgeschoben hat, und die in den betreffenden Dörfern gear- beiteten Kilims sind daher gleichfalls nicht mehr als nordruthenische, sondern als südruthenische anzusehen. Um sich hievon zu überzeugen, braucht man blos etwa bei Sinkow den Dniestr zu überschreiten und das gegenüberliegende Dorf Brodek zu betreten: beiderseits werden Kilims gearbeitet, die untereinander vollständige Gleichheit zeigen, da- gegen gründlich verschieden sind von den podulischen. Die südruthe- nischen Kilims von Sinkow und Brodek zeigen weit mehr Verwandtschaft mit den bessarabischen als mit den podolischen von Medyn.