V 371 Latium ging die erste geschichtliche Periode Roms, die allerdings dunkle und sagenumrahmte Königszeit, unter der Herrschaft einer etruskischen Dynastie zu Ende. Etrurien steht auf dem Gipfel seiner politischen Macht, Es unterhält rege Handelsbeziehungen mit Griechenland und Karthago; aus Süd und Ost, aber auch aus Nord und West, d. h. von Massalia und selbst aus Sardinien strömen Waaren auf die Märkte Mittel- italiens. Freilich erschließen wir das schon nahezu ausschließlich aus Gräberfunden. Aber wie sieht es um dieselbe Zeit in Oberitalien aus? Wir überblicken auch hier eine Fülle von Alterthiimern; allein es liegt der Schleier der Anonymität über ihnen ausgebreitet. Ist die jüngere Villanova-Gruppe von Bologna mit ihren zahl' und inhaltreichen Gräbern und Wohnräumen umbrisch oder etruskisch? Ist die Gruppe von Gola- secca in der westlichen Poebene, eine andere oberitalienische Localgruppe der ersten Eisenzeit, die bei uns Hallstattperiode heißt, ligurisch, wie man früher gemeint hat, oder schon keltisch, wie man jetzt annimmt in dem Sinne der padanischen Tradition von dem langsamen, nicht erst um 400 sturmartig erfolgten Einbruch der Gallier? Sie sind beide einfach prähistorisch, schließen sich an gewisse Pfahlbauculturgruppen der östlichen und der westlichen Poebene an, und die geschichtlichen Ereignisse, welche aus diesen primitiven Bronze- culturgruppen solche der ersten Eisenzeit gemacht haben, sind so gut wie unbekannt. Mit anderen Worten: das prähistorische Element fluthet immer weiter zurück vor den Dämmen, welche ihm geschichtliche Cultur- träger entgegensetzen. Es wird in der Hauptrichtung von Slid nach Nord und nach Nordost zurückgedrängt unter fortwährender Vernichtung älterer Culturformen und unter fortwährender Aufnahme neuer Volkselemente. Auf der Apenninhalbinsel hat sich gleichsam vorbildlich Dasjenige abgespielt, was wir in einem größeren räumlichen und zeitlichen Rahmen am Anbeginn der gestimmten Culturgeschichte Europa's wiederfinden. Es ist ein Zusammenwirken heterogener Kräfte aus Nord und Sud: erstere sind Volltskräfte vorzüglich indogermanischer Abstammung und Eigenart, letztere sind Culturkräfte, d. h. Einflüsse fremder, jedoch höher ent- wickelter Menschengruppen. Die glückliche Lage und Bildung Italiens hat es mit sich gebracht, dass wir hier das wahre Vorspiel der Civilia sirung Europa's vor uns sehen, nicht in Griechenland, geschweige denn in Spanien. Die Gründe dieses Vorzuges, der auch in der Gegenwart noch seinen mächtigen Ausdruck findet, lassen sich von der Karte herab- lesen. Es ist ein Land des Gleichgewichte-s der Kräfte, jener heterogenen Kräfte, die wir eben genannt haben und deren Resultirende wir von ihrem Ausgangspunkte an ein Stück weit verfolgen wollen. l Die absolut ältesten AeuBerungen menschlicher Handfertigkeif in Italien gehören der Steingeit und der Bronqereil an. Sie enden mit 24'