O21. Cigarrenkistenholz zusammenzusetzen, oder, wie es vor einigen Jahren in München zu sehen, oder vielmehr nicht zu sehen war, 1500 Figuren auf eine Metallplatte von einem Quadratcentimeter zu graviren. Sehr erfreulich wie immer ist auch dieses Jahr das Glas auf unserer Ausstellung und fast zahlreicher beschickt, wie je vorher auf einer der Weihnachts-Ausstellungen. Es ist höchst merkwürdig und wirklich ein Schauspiel für den denkenden Menschen, wenn er diese Dinge verfolgt, in welcher unerschöpflichen Weise das Glas sich der Formung und Ver- zierung darbietet. Jahrtausende haben daran gearbeitet, die Technik ist im Wesentlichen immer dieselbe geblieben: schmelzen und durch Schmelzen verbinden, blasen, graviren und schleifen, das haben die alten Aegypter schon vor vier- bis fünftausend Jahren verstanden, und darauf ruht auch heute alle Form- und Verzierungstechnik. Wie einfach! und doch welche Fülle, welche immer sich erneuernde Findigkeit in den Motiven! Hier in unserer Glasindustrie hat die Nachahmung alter Vorbilder weniger Be- deutung vielleicht als in irgend einem anderen der modernen Kunst- industriezweige. Die Schöpferkraft geht ihre eigenen Wege und Findet immer und immer Neues. Wenn irgendwo, so ist Leben, modernes Leben in dieser Kunst. So finden wir bei Moser aus Karlsbad, der unseres Er- innerns zum ersten Male die Weihnachts-Ausstellung beschickt hat, eben- sowohl eigene neue Formen, deren Eigenthümlichkeit in der großen Schlankheit besteht, als auch zierliche Golddecorationen, erhaben auf- liegend nach Art des Wiener Porzellans der Empirezeit, und manches andere. Der Goldverzierung hat sich auch Lobmeyr in ausgedehnterem Maße als sonst bedient; wiederum aber wie sonst besteht seine Stärke in den Gefäßen mit gravirten Ornamenten, in denen er iedesmal nur sich selber üherbietet, da ein Anderer ihn kaum zu erreichen vermag. Daneben erfreut er durch Service für den Tischgebrauch von einfacher Art, aber von durchaus anmuthigen und eleganten Formen. Es ist ein Vergnügen, so ein Trinkgefilß in die Hand zu nehmen. Neue Formen und {Farben zeigen auch Bakalovits, ebenso Schreiber und Neffen, desgleichen auch die Fabrik von Spaun-Lötz in Klostermühl, bei deren Arbeiten aber Farbe und Phantasie eine größere Rolle spielen, als das Formengefühl. Während das Glas noch andere Namen zeigt, die zu nennen wären, und andere Gegenstände, die Erwähnung und Besprechung verdienten, ist das Porzellan diesmal zurückhaltender als sonst geblieben. Zwar sehen wir Haas und Czizek, dann sind Rädler, Pilz, denen sich als Dritter Dörfl gesellt, "mit zahlreichen Gegenständen im Wiener Empirestil ver- treten - eine Art, die sich in der Mode vollkommen zu behaupten scheint-dann bringt die Firma Boseck 81 Co. in Haida Porzellangeräth ohne besonderen Stil und Charakter, das ist aber auch ziemlich alles, wenigstens haben wir nichts gefunden, was uns zu einer besonderen Be- sprechung Veranlassung bieten könnte.