526 täuscht. Darauf folgen mehr gegen die Thür zu zwei verschlungene Drachen, die sich jeder in seinen eigenen Flügel beißen. Ich kann mich wohl nicht auf den Physiologus berufen, aber ich möchte, ähnlich wie Cahier, hierin die Wuth des Kampfes erkennen,'den Zorn, der blind wüthet. Ob die neben diesen Drachen liegende oder sitzende Gestalt einen Geistlichen darstelle, wie Dr. P. Müller will, getreue ich mich nicht zu behaupten; ich glaube ein Bild der Trägheit zu erkennen. Fehlte nur nicht die eine Hand an der nächsten, wie hinschleichenden Figur! So kann man jetzt viel herausbringen, was man in sie hineinlegt. Nehmen wir an, die Gestalt habe einen Geldbeutel oder sonst einen Sack getragen so könnte sie den Geiz oder Diebstahl bedeuten. Darauf folgt eine kleine Gruppe: ein Weib mit Gugel, welches Dr. P. Müller für eine Nonne hält, hat einen mit langem Gewande bekleideten Mann beim Fuß gepackt, der nun eigentlich zum Falle kommen sollte. Er dafür fasst die Spitze ihrer Gugel und dürfte in der Linken einen Gegenstand (Waffe, Beil, Stock) erhoben haben, sie zu tödten. Dem Weibe kehrt sich ein Löwe zu, wohl der Teufel, dem sie in den Rachen läuft. Ich finde keinen Grund, das Weib als Nonne, den Mann als Geistlichen auszudeuten, da ja die weltliche Tracht für die Erklärung völlig ausreicht, und die Deutung auf einen in Todschlag endenden ehelichen Hader ganz nahe liegt. Dann folgt eine Gruppe: ein Bär hat einen Mann beim Kopfe gepackt, der auf dem Boden liegt"). Hier kann der Bär nur den Teufel vorstellen, wie er denn in der Handschrift der Moralia des heil. Gregorius zu Herzogen- burg geradezu als Bär dargestellt ist, mit einer Reminiscenz an seine ehemalige Königswürde, die er an Nobel, den Löwen, verloren hat. Die nachfolgende Gruppe im Architrav hat einen ganz anderen Größenmaß- stab und gehört nicht zu den anderen Gruppen. lch habe hiemit wieder einmal - nach Melly und Dr. P. Müller - versucht, die Gruppen zu erklären, allein ich wage nicht, sie aus einem anderen einheitlichen Ge- danken heraus zu erklären, als dem: wLasset die Sünde, alle bösen Ge- danken heraußen, legt sie ab, tretet rein vor Gottes Thron hin, wenn ihr zu beten kommtß. Nun freilich sind wenig eigentliche phantastische Thiere an diesem ziemlich späten Architrav: die verschlungenen Vipern und Drachen, die Sirene, der Teufel mit Bocksleib und gehörntem Menschenkopf. Aber schon spielt, wenn es wahr sein sollte, dass hier Geistliche und Nonnen vorkommen sollen, die Satyre mit herein. Doch will ich dies hier nur nebenbei erwähnen. Ungleich schwieriger als das Wiener St. Stefans- Portale sind die Darstellungen der Schottenkirche zu Regensburg zu er- klären; ähnlich muss denn auch die Schottenkirche in Wien geschmückt ") Buchofen, J. 1., Der Blr in den Religionen des Alterthums. Mit a Kupferufeln. Base! 1863. - Menzel, Christi. Symbolik, s. v. Bär (wo die Herzogeuhurger Hand- schrifr erwlhnt ist). - Pipcr, Mythologie, I, 401. - Hcider, Schougnbern, S. x86 fg.