das Kleid von selbst, oh nun nach malerischer oder plastischer Richtung, zum nangemessenem Schmuck des menschlichen Körpers, kann aber ebenso folgerichtig zur Verunstaltung desselben beitragen. Der Mensch allein hat unter allen Geschöpfen die Freiheit der Wahl auch seiner Kleidung gegenüber, die er gut oder schlecht wählen kann, die aber schon dadurch auf eine höhere Stufe gerückt erscheint. Im Gegensatz zur schützenden Hülle einer Knospe, dem fleischigen oder stachligen Kleid um den Fruchtkern, Federkleid und Wollregime in der Thierwelt, ob dauernd oder zeitweilig von der Natur souverän verliehen; alle diese Beklei- dungen folgen nur den Regeln stets wiederkehrender, freilich auch leben- diger Ordnung und sind darum schön, trotzdem die Natur über den Reiz der Mode erhaben ist. Der ideale Werth der menschlichen Kleidung wird es uns also begreiflich erscheinen lassen, dass auch höhere Ideen wie das Bewusstsein eines ganzen Volkes, eines besonderen Berufes, das Bedürfniss socialer Ordnung, ja sogar über das Natürliche hinausgreifende Wirklichkeiten wie die Religion, eine Beziehung, ja einen Ausdruck in der menschlichen Kleidung gesucht haben, ihren Dienst und ihre Formen beanspruchen und bestimmen. Und je höher, wichtiger solche Ideen sind und je mehr sie sich eingelebt haben, umsoweniger werden Willkürlichkeiten, Ein- flüsse der Mode und Zufälligkeiten vorherrschen können. So bildeten sich in ihrer reichen Abwechslung dennoch stetige Nationalcostüme, die Trachten einzelner Stände und Berufszweige, und schon die Bezeichnung Uniform also v-Einförmigesi- ist ein Racheact der ausgeschlossenen Mode. Wie aber, dürfen wir wohl fragen, hat sich bei der kirchlich- officiellen Kleidung das Entwicklungsgesetz zur Freiheit des Einzelnen oder einer bestimmten Zeit unter Einflussnahme der berufenen Autorität verhalten? Wie haben auf diesem Gebiete Ordnung und Leben das Schöne hervorgebracht und seine Form bestimmt? Die Allgemeinheit einer großen Idee stellt sich uns doch greifbar dar, wenn wir den Missionar in der Tropenwelt mit denselben bedeutungsvollen Paramenten am improvisirten Altare sehen, wie sie der Seelsorger in der Heimat trägt. Und wenn es die Symbolik allein nicht ist, die diesem Kleide seine Formen gab, dann sind wir wohl berechtigt, für das Parament und seine Geschichte uns auch wissenschaftlich und kunsthistorisch zu interessiren. Unsere einleitenden Worte mögen das Verständniss dafür anbahnen, dass die Schrift den Ursprung der Kleidung auf den Confiict der natür- lichen mit der übernatürlichen Ordnung zurückführt. Aus Gottes Hand empfangen die ersten Menschen ihre ausreichender-e Kleidung zugleich mit der Hinweisung verbunden, dass ein symbolisches Blutopfer der Natur erforderlich sei, um dem Menschen das schützende Thierfell zu geben. Damit ist zugleich ein allgemein religiöser Charakter dem Kleide als solchem zugesprochen und wir würden kaum auf die Idee verfallen, noch die autorative Fixirung eines solchen höheren Werthes zu suchen,