419 Litteratur - Bericht. Böse Zustände im Gewerbe Ende des 1.9. Jahrhunderts. Von Martin Kimbel. Breslau, A. Kurtze, 1894.. 8 . tt5 S. Der Verfasser hat mit seiner im vergangenen Jahre erschienenen Schrift nNothruf des Kuustgewerbesu in gewissen Kreisen großen Beifall gefunden, vornehmlich, weil er nicht nur vorhandene Uebelstände zur Sprache brachte, sondern deren Vorhandensein einfach dem gewerblichen Unterrichtswesen zur Last legen wollte. Das neue Heft ver- folgt nicht eine so einseitige Tendenz. Es zahlt eine Menge Schäden auf, die, in den verschiedensten Verhältnissen begründet, langst erkannt und hundertfach besprochen worden sind, leider im buntesten Durcheinander und ohne wnhldurchdachte und klar ausgedrückte Vorschläge zur Abhilfe zu bringen. Ohne Zweifel gehören ungenügende Aus- bildung, Lehrlingsausnützung, unlautere Concurrenz, Titelsucht etc. etc. bei den Gewerbe- treibenden selbst zu den Ursachen des unbefriedigenden Zustandes, erschweren Mangel an Energie in den lnnungen, Maschinenarbeit, socialistische Wühlereien, Submissions- wesen und Anderes auch dern thatigen und redlichen Gewerbsmanne das Leben. Aber mit dem Rufe, dass das Alles anders werden müsse, ist wenig gewonnen. B. e Vorlagen für Pferde-Constructionszeichnen von Louis Braun. 48 Tafeln gr. 49., darunter 4 Photochrom-Reproductionen nach Original-Oel- gemälden des Verfassers. In 6 Liefgn. Zürich, Orell Fiissli. M. 16. Der Verfasser führt die Figur des Pferdes, den verschiedensten Stellungen ent- sprechend, in Entwürfen vor, deren Hauptformen in einfache, fast ausschießlich gradlinig begrenzte Flächen aufgelöst sind. Er zeigt ferner, wie diese einfachen schematischen Liniengerüste zur Anordnung der nach der Natur studirten, detaillirt durchgeführten Umrisse verwendet werden können. Dem Ausübenden wird hiedurch die Anleitung zu einem Verfahren gegeben, die Erscheinung leicht in ihren großen Zügen festzuhalten und die auch nachtrlglich noch bequem durchzubildenden Einzelnformen beim ersten Entwürfe unberücksichtigt zu lassen. Die photochromen Copien bieten die Gelegenheit zur Uebung in der Wiedergabe von Farbe und Schatten als Vorstufe zum Studium nach dem lebenden Thiere. M-t. e Antike Handarbeiten. Von Louise Schinnerer, Lehrerin an der lt. lt. Fachschule für Kunststickerei in Wien. Mit einer historischen Eins leitung versehen von Prof. Dr. Alois Riegl. Wien, R. v. Waldheim, 1895. 4'. 25 S. Diesem Schriftchen gebührt die Bezeichnung einer wissenschaftlichen Leistung. Frau Schinnerer hat sich die Aufgabe gestellt, die Herstellungsweise der Handarbeiten unter den spatantiken Textilfunden aus Aegypten zu erklären und zu reconatruiren. Das Material für ihre Studien bot ihr die reiche Sammlung unseres Museums, die, wie sie die erste derartige in Europa war, auch diejenige blieb, von der die grundlegenden Untersuchungen über die antike Teztilkunst ausgingen. Unter den Handarbeiten -- Handarbeit im modernen Sinne, im Gegensatze zu den gewebten und gewirkten Arbeiten, aus denen die große Masse der agyptischen Funde besteht - bespricht die Verfasserin, indem sie die Stickereien bei Seite lasst, drei Gruppen: t. Durchbrochene Arbeiten, zu denen vor Allem die Mützen gehören, z. Borten und Bänder, 3. Strümpfe. Dass es der Verfasserin gelingt, die Techniken dieser Gruppen wieder aufzufinden und dadurch vielleicht den Anstoß zur Wiedereinführung derselben zu geben, ware an und für sich schon ein hübscher Gewinn, der aus den Bemühungen der Frau Schinnerer erwächst. Aber über dieses beschränkte, praktische Interesse hinaus beanspruchen die vorliegenden Ausführungen noch ein höheres, allgemeines. Frau Schinnerer ging bei ihren Unter- suchungen mit wissenschaftlicher Methode und wissenschaftlichem Spürsinn vor. Die richtige Erklärung und ungekünstelte Nachahmung der antiken Techniken wäre ihr wohl nicht gelungen, wenn sie dieselben nicht in der Volkskunst des slavischen Ostens wiedera gefunden hatte. Die eigenartige Durchbruchsarbeit mittelst Flechtens ist noch heute bei den Ruthenen in Galizien gang und gäbe, in Croatien in Spuren erhalten, war im Mittel- alter und, wie die zum Costüme einer siebenbürgischen Edelfrau aus dem t1. Jahrhundert gehörigen Hauben im Oesterr. Museum zeigen, noch vor zwei Jahrhunderten in der Uebung der städtischen Kreise. Die Herstellungsweise der Borten findet ihr Analogon in Bosnien. Je mehr sich nun auf allen Gebieten die Nachweise für das Fortleben an- tiker Techniken, Formen und Verzierungen in der Volkskunst von der Vereinzelung