strielle Beschäftigungen dem männlichen sogar vorzuziehen. In den Städten ist die gewerbliche Thätigkeit der Mädchen zum Mindesten ebenso hoch anzuschlagen als die der Knaben. Wenn man vorerst den Volksschul-Unterricht in weiblichen Hand- arbeiten, im Zeichnen etc. etc. in Betrachtung zieht, so ist nicht zu ver- kennen, dass in den letzten Jahren sehr viel geschehen ist, jene Zweige des weiblichen Handarbeitsunterrichtes in der Volksschule zu heben, welche für die Bedürfnisse des Hauses berechnet sind. Viel weniger ist für jenen Theil des Unterrichtes geschehen, welcher die Mädchen für den gewerb- lichen Unterricht vorbilden soll. Die Frage des weiblichen Unterrichtes ist eine so junge, dass die Staatsgesetzgebung sich nur sehr wenig mit derselben beschäftigen konnte. Ueber die Bedeutung des Unterrichtes für Frauen ist die öffentliche Meinung in Oesterreich noch wenig unterrichtet. Scheint man ja nicht übel Neigung zu empfinden, den Mädchen nicht blos den Zutritt zu einer Hochschule und die entsprechende Vorbildung in Gymnasien zu verweigern, sondern lässt man es auch ruhig geschehen, dass alle Mädchen, welche eine höhere künstlerische Bildung anstreben, zur Auswanderung in das Ausland (München, Venedig, Paris) genöthigt wer- den, weil ihnen die Kunstanstalten Oesterreichs - mit Ausnahme der Kunstgewerbeschule des Oesterr. Museums - verschlossen sind. Und auch jenen Mädchen, die an dieser Anstalt ihren Unterricht in allen theoretischen und praktischen Fächern empfangen haben, in der Zeichenkunst zum Min- desten so erfahren sind, wie Professoren des Freihandzeichnens an Ober- realschulen, ist der Weg nicht vollständig geebnet, um eine Zeichenlehrer- stelle zu erlangen, da die auf dieses Eine Fach beschränkte Befähigung zur definitiven Anstellung nicht ausreicht. Die höhere Stickschule des Handelsministeriums steht ganz isolirt von den öffentlichen Unterrichts- anstalten. Grundsätzlich können wohl an Mädchenschulen und Lehrerinnen- bildungsanstalten auch weibliche Lehrkräfte angestellt werden -- aber der Weg vom Principe bis zur Durchführung ist ein weiter. Es nützt wenig, dass die Wiener Weltausstellung die Verwendung der weiblichen Arbeits- thätigkeit anschaulich gemacht, und Frau Aglaja von End eres eine lesens- werthe Brochure ') veröffentlicht hat. Die Frage des weiblichen Unter- richtes hat in den höheren Regionen der Unterrichtskreise keinen wesent- licben Fortschritt, im Gegentheile nur Rückschritte gemacht. Dass die Erfahrungen auf der Pariser Weltausstellung fruchtbringender sein werden, ist nicht sehr wahrscheinlich. Es wird wenig nützen, wenn man darauf hinweist, welche Fortschritte auch der höhere Unterricht der Mädchen in Nord-Amerika gemacht hat, dass im nCollege Mongeu in Paris der Unterricht in den unteren Gymnasialclassen von Frauen mit dem grössten Erfolge er- theilt wird, dass in der Kunst, insbesondere im Kunstgewerbe in Frankreich ') "Die Frauenarbeit und nationale Hausindustrie auf der Wiener Weltausstellung: Budapest 1874. (Wien bei Gorischek.)