JAHRESBERICHT 1906.
In das abgelaufene Jahr fällt der Schluß 18. jänner einer vom Museum
inszenierten größeren Ausstellung, deren Bedeutung sich nur allmählich entfaltet
und erkennen läßt.
Wir meinen die I-Iausindustrieausstellung. Die zweite Abteilung dieser Aus-
stellung gibt im Zusammenhalt mit der fünf Monate vorher abgehaltenen ersten
Abteilung ein umfangreiches, ziemlich vollständiges Bild jener kunstgewerblichen
Hausindustrien Cisleithaniens, die ehemals geübt wurden, sowie jener, die sich bis
heute erhalten haben oder aber in den letzten Jahrzehnten eingeführt wurden.
Ein eingehender Katalog, um dessen Zustandekommen sich der Direktor des
Museums für österreichische Volkskunde Dr. Haberlandt sehr verdient gemacht
hat und eine bedeutende Zahl von photographischen Aufnahmen sowie ein in
Kunst und Kunsthandwer abgedruckter illustrierter eingehender Bericht halten
einen großen Teil des in der Ausstellung gebotenen Materials fest und werden dem
künftigen Studium die willkommene Grundlage geben. im Hinblick auf diesen
Umstand wurde dieser Katalog, der eine Anzahl von Monographien über die
heimische Hausindustrie enthält, an solche Schulleitungen und andere Institutionen
unentgeltlich abgegeben, die an der Förderung dieses Zweiges der Volkswirtschaft
mitzuwirken berufen und in der Lage sind.
Nachstehend seien einige praktische Ziele angedeutet, deren Erreichung die
Ausstellung und die sich an dieselbe schließenden Maßnahmen sichern kann.
Vor allem sei der Fülle von Formen und Farbenwirkungen Erwähnung ge-
tan, die dem Künstler und dem Kunsthandwerker in dieser Ausstellung die mannig-
fachste Anregung gaben. Es mag mit Befriedigung konstatiert werden, daß sich
beide schaffenden Gruppen die gebotene Gelegenheit sehr zu Nutzen machten und
die Erlaubnis zu skizzieren und Aufnahmen zu machen in zahlreichen Fällen er-
teilt wurde.
Von ganz besonderem Werte in Bezug auf die Ausnutzung der Ausstellung
erwies sich die seitens des Unterrichtsministeriums veranlaßte Einberufung einer
großen Zahl von Fach- und Gewerbeschui-Direktoren und Professoren zum
Zwecke des Besuches der Hausindustrieausstellung und zeigen sich heute bereits
die Früchte dieser Anregungen, welche die Fachleute auf dem gedachten Wege
empfingen.
In der ersten Abteilung der Ausstellung war es die Häkelspitze, die durch
die Exposition im Museum einen großen Aufschwung zu verzeichnen hatte. Die-
selbe wurde vor etwa fünf Jahren in Österreich eingeführt und bot die Haus-
industrieausstellung die erste Gelegenheit zur Vorführung eines vollständigen
Bildes dieser Produktion. Infolge dieser Ausstellung wies das Vorjahr einen Ab-
satz für rund 7o.ooo Kronen in dieser Spitzengattung auf und steht zu gewärtigen,
daß bei einer der Nachfrage entsprechenderen Organisation der Produktion dieser
Spitze ein noch weit höherer Umsatz zu erzielen sein wird. Tatsächlich wurden
durch diese Abteilung der Hausindustrieausstellung namhafte Abschlüsse mit
Kaufleuten des In- und Auslands in der Häkelspitze gemacht und beschäftigt
diese heute über aooo heimische Arbeiterinnen.
In derselben Abteilung waren ältere slawische Spitzen exponiert, die unseren
Zeichnerinnen vielfache Anregung gaben.
Was die Verwertung der Stickereiarbeit anlangt, so hat auch hier die Aus-
stellung gewisse Fingerzeige gegeben, die besondere Beachtung verdienen. Vor
allem muß konstatiert werden, daß die Weißstickerei die breiteste Basis für den
hausindustriellen Erwerb abgibt. Die Chrudimer Gegend allein beschäftigt an
3000 Frauen und Mädchen mit Weißsticken. Aber auch in anderen Gegenden
Böhmens und Mährens wird diese Technik als eine lohnbringende geübt.
Das Unterrichtsministerium hat vor Jahren über Anregung der Museums-
leitung eine tüchtige Kraft aus der Chrudimer Gegend zur Lehrerin ausbilden lassen
und werden von dieser nunmehr Wanderkurse im Weißsticken sowie in der
Häkelarbeit im Chrudimer Gebiet abgehalten. Zweck dieser Kurse, insoweit sie die
Weißstickerei betreffen, ist es, die Arbeiterinnen in einer besseren und mitunter
auch feineren Technik zu unterrichten und ihnen dadurch höhere Löhne zu
sichern. Das Chrudimer Museum hat sich für diese Aktion als Zentralstelle
konstituiert, während der Verein zur Hebung der Spitzenindustrie in Österreich mit
Erfolg bestrebt war, den besseren Arbeiterinnen Aufträge zu verschaffen und sie
mit Vorbildern, Schnitten und Mustern versah. Die Hausindustrieaustellung hat
auch diese Bestrebungen und einzelne ihrer Ergebnisse zur Schau gebracht und
zum Abschluß von Geschäften beigetragen. Angesichts des sehr bemerkenswerten
Imports von l-Iandweißstickereien aus der Schweiz und aus Ostbayem scheint die
Förderung der Weißstickerei, welche die Hausindustrieausstellung insbesondere
den feineren Qualitäten der Wäsche angedeihen ließ, von besonderem Belang."
Von besonderem Interesse zeigte sich die noch häufig geübte Durchbruch-
arbeit, die namentlich in der Gegend von Wall.-Meseritsch sowie in Bleiberg auf
einer gewissen Stufe der Vollendung steht. Auch hier haben die in der ersten
Abteilung der Hausindustrie exponierten Stickereien dieser Art den Verein zur
Hebung der Spitzenindustrie zu Aufträgen veranlaßt, während eine der ersten
Wiener Wäschefirmen durch die Exposition einer Gattung nationalen Kopfputzes
in Weißstickerei und Durchbrucharbeit zur Anfertigung von Wäscheaufputz an-
geregt wurde, dessen Herstellung nunmehr Hunderte von Arbeiterinnen beschäftigt.
Für eine Reihe von slawischen Stickereien würde sich, nach den Ergebnissen
der Hausindustrieaustellung zu urteilen, ein wenn auch nicht sonderlich großer
Absatz dann finden, wenn die Maße der Stücke" den Anforderungen der Konfek-
tionäre entsprechen würden. Ein gleiches gilt nach Ansicht der hiesigen Käufer
von den prächtigen Stickereien des Kanaletales in Dalmatien.
Die Ausstellung gab aufs neue den Anstoß zu einem Verkehr des Spitzen-
vereins mit dem bekannten Prager Hausindustrieverein Zadruha".
Für die Produktion und den Vertrieb der nationalen Stickereien wären in
den Zentren der Hausindustrie Genossenschaften zu gründen, die den Bezug guten
und preiswürdigen Rohmaterials Ausschluß unechter Farben, die einheitliche
Preisberechnung, die Erzielung einer Gleichartigkeit der Qualität und den Verkehr
mit einer Wiener Zentralstelle zum Zwecke haben müßten. Das Chrudimer
Museum hat denn auch über unsere Anregung den Versuch der Gründung von
Stickereigenossenschaften in der dortigen Gegend unternommen.
Die Einführung von Wanderkursen für den Unterricht im Weißsticken wir auch in anderen
Teilen Böhmens und Mäbrens mit Befriedigung zu begrüßen und wilrde es sich empfehlen, daß an
den k. k. Faehschulen fllr Stickerei der Weißstickerei eine erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber anderen
Stickarten, Nadelmalerei etc. geschenkt wllrde. Es möge damit unsern Lehranstalten dieser Richtung
gegenüber kein Tadel ausgesprochen, sondern angedeudet werden, daß der große Erwerb durch
Handstickerei nur auf dem Gebiet der Weißstickerei liegt.
In ähnlicher Weise beabsichtigt auch der Dalmatiner Verein vorzugehen,
von dessen Wirken man sich dann Gutes versprechen darf, wenn es sich auf
einzelne Gebiete beschränkt, die die Grundbedingungen für die gesunde Entwicklung
einer Hausindustrie aufweisen. Solche zeigen sich, wie die Hausindustrie-
ausstellung und die Mitteilungen der Kenner des Landes dartun, auf der Insel Pago,
auf einer Reihe kleinerer Inseln sowie im Kanaletal, nicht aber in jenen aus-
gedehnten Gebieten des Festlandes, in welchen der Taglohn für weibliche Arbeiter
durchschnittlich xi, Kronen beträgt.
Unter den Textilerzeugnissen der I-Iausindustrie ist ferner der Passementerien
aus Weipert zu gedenken. Diese zeigen durch die ausgestellte Kollektion mitunter
recht tadelnswerte Geschmacksverirrungen. Auch hier hat die Regierung mit
Maßnahmen begonnen, die auf eine Hebung des Geschmacks abzielen, indem der
dortigen Industrie eine künstlerische Kraft und durch das Museum einiges an
Vorbildern zur Verfügung gestellt wurde.
Eine Frage von vitalstem Interesse ist für gewisse Gegenden die der Hand-
weberei. Die I-Iausindustrieausstellung hat die Aufmerksamkeit kompetenter Per-
sönlichkeiten aufs neue diesem Gegenstand zugewendet. Es kann kaum einem
Zweifel unterliegen, daß die Lohnverhältnisse in einzelnen Gegenden Cisleithaniens
noch von der Art sind, daß sich die I-Iausweberei. sei es nun jene im strikten
Sinne des Wortes, sei es die Heimarbeit, als konkurrenzfähig mit der Maschinen-
weberei zeigt. Wir sahen eine Anzahl von Firmen aus Böhmen und Mähren
handgewobene Damastzeuge ausstellen, die an Qualität Hervorragendes bieten;
wir wissen, da! das steirische Birkfeld sowie einige Orte in Kärnten gute Bauern-
damaste liefern, die als I-landlinnen benannt, von einer nicht geringen Zahl von
Abnehmern dem auf dem mechanischen Stuhl erzeugten Gewebe vorgezogen
werden.
Wenn wir weiters der großen Zahl von Handstühlen gedenken, die in ein-
zelnen Gegenden Frankreichs, Englands, Irlands und Schottlands arbeiten, und
erfahren, daß dieses Produkt unter den Namen toile de menage, home spun, Irish
handloom linnen etc. bekannt und geschätzt ist, wenn wir weiters uns der sehr
malerisch wirkenden Wandbespannungsstoffe entsinnen, die auf deutschen Hand-
webestühlen in großen Mengen erzeugt und in Künstlerateliers sowie bei Aus-
stellungen verwendet werden, -so müssen wir mit Befriedigung die Intention der
Regierung begrüßen, welche die bei der I-Iausindustrieausstellung gemachten
Wahrnehmungen zum Ausgang neuer Forschungen machen will, die dartun
sollen, ob Verbesserungen auf dem Gebiet der Handweberei diese nicht in der
einen oder andern Gegend zu neuer Blüte gelangen lassen können. Für die
Beurteilung dieser hochwichtigen Frage liegt heute schon reiches Material vor.
Ein Abgeordneter, der die Verhältnisse im Waldviertel genau kennt, hat auf
Grund eines Ideenaustausches mit dem Museum eine Aktion zu Gunsten der dor-
tigen Teppichindustrie eingeleitet und passende Vorbilder, die das Museum bei-
stellte, an die Handweber abgegeben.
Die Waldviertler Produktivgenossenschaft in Wien hat Knüpfteppiche in der
Hausindustrieausstellung exponiert. Die Produktion dieses Genres von Teppichen
soll im Waldviertel nach Aussage des Vertreters der Genossenschaft nicht unbe-
deutend sein. Nach diesen Stücken zu urteilen, zeigt sich auf diesem Gebiet der
I-Iausindustrie ein weites Feld für Verbesserung. Das Rohmaterial sowohl als auch
dessen Behandlung entsprechen hier wohl kaum den primitivsten Anforderungen.
Die Materialbeschaffung wird allerdings durch die großen Teppichfirmen, welche
die Garnproduktion in der Hand haben, zu einer sehr schwierigen. Nicht ausge-
schlossen schiene es aber, daß die Teppichknüpferei im Waldviertel unter An-
lehnung an eine der Teppichfabriken erfolgen würde.
Mit Bezug auf die Blumenfabrikation der Schluckenauer Gegend sei bemerkt,
daß nach den vorliegenden, ziemlich eingehenden Berichten die große Kollektion
von französischen Blumen, welche auf Kosten des Hausindustriefonds im Frühjahr
beschafft und den dortigen Blumenmachern zur Verfügung gestellt wurden, bereits
ihre Wirkung getan und den Anstoß zu Verbesserungen in der Erzeugung der
Kunstblumen gegeben haben. Aus dem zur Verfügung stehenden Material geht
hervor, daß die Gründung von Rohmaterialiengenossenschaften und die Etablierung
von Wanderkursen sicher eine Hebung der dorügen Blumenmacherei im Gefolge
haben würde.
Für die Grödener Heiligenschnitzerei sind heute durch die k. k. Fachschule
zu St. Ulrich alle Maßnahmen getroffen, die seitens der Regierung für die Ent-
wicklung dieses Zweiges der Produktion ins Auge gefallt werden können. Um in
der Ausstellung die Grödener Heiligenschnitzerei in guter Weise repräsentiert zu
sehen, wurde einer der besten Grödener Schnitzer zur Herstellung einer Kopie
des gotischen Marienaltars zu Maria Laach veranlaßt und wurde diese Arbeit über
Befürwortung der Schule mit einem Zuschuß von 700 Kronen aus dem Haus-
industriefonds unterstützt. Eine größere Zahl von exponierten Heiligenschnitzereien
gab weiteres Zeugnis für das Talent der dortigen Kunstgewerbetreibenden und
deren richtige Unterweisung.
Die Zeichen- und Modellierschule zu St. Ulrich ist auf völlig moderner Basis
eingerichtet, ja sogar das bis zum Vorjahr strikte aufrecht erhaltene Verbot des Akt-
zeichnens und Modellierens wurde vom Fürstbischof von Brixen gelegentlich seines
letzten Besuchs in St. Ulrich zurückgezogen und der männliche Akt bewilligt. Es
bedeutet dies einen wesentlichen Fortschritt für die Heiligenschnitzerei und zeigte
sich derselbe in derHausindustrieausstellung namentlich in derexponierten Christus-
Schnitzerei.
EinegewisseStagnatiomzeitweisesogareinenRückschritt,zeigtdieSpielwaren-
industrie des hinteren Grödenertales, die ihren Sitz in St. Christina und Wolken-
stein hat. Die seitens der Regierung dort unternommenen Schritte behufs Wieder-
belebung dieser Hausindustrie waren von keinem Erfolg begleitet. Mangel an
Arbeitslust und Indolenz der Bevölkerung zum Teil auch gewisse Änderungen
auf dem Gebiet der Spielwarenindustrie haben auch die seitens der Regierung
vor Jahren intentionierte Gründung einer Genossenschaft in Christina verhindert.
Und doch sollte man meinen, daß auch hier der rapid zunehmende Fremden-
verkehr einen Aufschwung zum mindesten in der sogenannten Fremden-Haus-
industrie mit sich brächte; statt dessen sehen wir in dieser letztgenannten Gruppe
im Grödenertal an besseren Erzeugnissen fast nur solche aus der Schweiz und aus
Berchtesgaden zum Verkauf ausgeboten. Die Entsendung von ein paar jungen
Grödenern auf Staatskosten nach Brixen oder Berchtesgaden, woselbst sie zwei
bis drei Jahre hindurch als Arbeiter tätig zu sein hätten, könnte für Gröden gute
Erfolge bringen.
Auf dem Gebiet der Spielwarenindustrie hat eine Myrbach-Schülerin,
Fräulein Uchatius, in der Ausstellung Neues geboten. Die Tierstudien, die sie im
Auftrag des Museums im Schönbrunner Tiergarten, in Zirkus und Stall gemacht,
hatten als praktisches Ergebnis die Herstellung von Tieren aus nach übereinander
gelegten und verleimten Holzbrettchen. Bei völlig flachem Körper, wie dies die
Brettchen bedingen, zeigen diese Tiere eine höchst charakteristische Profillinie,
die das Tier in verschiedensten Posen wiedergibt, der Phantasie des Kindes aber
immer noch freien Spielraum läßt. Als besonderer Vorteil wird auch die raum-
ersparende Packweise, die diese Formen gestatten, hervorgehoben. Leider konnten
die Vorteile der Herstellung bei hausindustriellem Betrieb nicht ausgenützt
werden, sondern versprachen nur viel beim Großbetrieb. Die Versuche auf diesem
Gebiet wurden in der Grulicher Schule sowie in Oberleutensdorf durch-
geführt.
Was die sonstige Spielwarenindustrie der Oberleutensdorfer und Katharina-
berger Gegend anlangt, so lauteten die Äußerungen der kontinentalen und
amerikanischen Händler, welche unsere Ausstellung besuchten, ziemlich pessi-
mistisch und wurde namentlich bemerkt, daß der Preis der Marktware enorm
gedrückt sei, während Neuheiten in Genre der Uchatiusschen relativ lohnend
abgesetzt werden. Das Unterrichtsministerium hat anläßlich der durch die Haus-
industrieausstellung dargelegten Verhältnisse eine große Sammlung von Spiel-
waren ankaufen lassen und eine Fachkapazität mit der Durchführung einer Aktion
zur Förderung der Spielwarenindustrie betraut.
Die Coitinenser Kleinkunst empfing durch die I-Iausindustrieausstellung viel-
fache Erfolg versprechende Anregungen. Aus diesem Anlaß wurden der dortigen
Genossenschaft eine größere Zahl von Entwürfen für Intarsia, Tarcassiarbeit etc.
gegeben, die in ausgeführten Arbeiten in der Ausstellung vertreten waren und den
Grundstock für die Beteiligung Cortinas an der Londoner Ausstellung abgaben.
Besondere Erwähnung verdient die Filigranarbeit. Diese zeigte in den letzten
Jahren infolge der ausschließlichen Benutzung von veralteten, geschmacklosen
Modellen starken Verfall. Für den Zweck der Hausindustrieausstellung wurden
der Genossenschaft auf dem Wege der Schule eine Anzahl guter alter Vorbilder
sowie moderne Entwürfe zur Verfügung gestellt, was sich um so leichter tun ließ,
als Cortina kein bodenständiges Kunstgewerbe hat, die Wahl der Vorbilder sonach
eine weniger begrenzte war.
Die Ausstellung hat uns in guten Exemplaren das bemalte Bauernmöbel der
Alpenländer sowie der slawischen Länder, und zwar zumeist aus der Barockzeit
vorgeführt. Die Wiederbelebung dieser Art der Volkskunst schien ganz besonders
zeitgemäß und es begann das Museum mit dem Ankauf von Möbeln dieser Art
sowie von Kopien alter Entwürfe. Hiesige Möbelerzeuger und solche aus der Pro-
vinz begrüßten mit Befriedigung die Absicht, Vorbilder dieser Art hinauszugeben.
Auch der Bemalung von Wasserschaffen und Holzgefäßen, die in den Alpenländern
sehr gepflegt wurde, sei hier Erwähnung getan.
Eine Reihe von Techniken des Sattlergewerbes verdient eingehendesStudium.
Von besonderer Schönheit sind einzelne der mit Pfaufederkielen gestickten oder mit
Blei-Stiften inkrustierten Leibgürtel aus den Alpenländern. Heute noch an manchen
Orten geübt, könnte diese Technik vor allem Anwendung bei der Herstellung von
Artikeln der Fremdenindustrie finden. Ein gleiches gilt von der Lederverbrämung
der Körbe, die häuiig außerdem Pfaufedernstickerei tragen.
Eine aus den Mitteln der Hausindustrieausstellung anläßlich dieser Exposition
beschaffte Musterkollektion von Korbiiechtwaren hat, besonders in Körben japa-
nischen Genres, die besten praktischen Erfolge nach sich gezogen und zur Ein-
führung eines Wanderkurses für diese Spezialität geführt.
Mit den hier gegebenen Daten, die ja die von der Hausindustrieausstellung
ausgegangenen Anregungen durchaus nicht in ihrer Gänze wiedergeben, ist wohl der
Erweis der praktischen Nützlichkeit dieser Ausstellung erbracht, wenn schon, wie
gesagt, die Früchte derselben vielleicht nur langsam zu Tage treten werden.
Am 24. März 1906 fand die Eröffnung derSpitzen- und Porträtausstellung durch
Ihre k. u. k. Hoheit die durchlauchtigste Frau Erzherzogin Maria josefa statt.
Die Idee, unter den Auspizien Ihrer k. u. k. Hoheit der Frau Erzherzogin
Maria josefa, im k. k. Österreichischen Museum eine Ausstellung von Spitzen aus
Privatbesitz hauptsächlich Österreichs zu veranstalten, wurde mit um so
größerer Freude ergrilTen, als man hoflte, der bereits in mächtigem Aufschwung
befindlichen österreichischen Spitzenindustrie und dem Interesse des Publikums
SPITZ EN-
AUSSTELLUNG
für wirklich gute Spitzenarbeiten durch die Vorführung hervorragender Beispiele
neue Impulse geben zu können. In der Tat konnte so aus dem Besitz des Aller-
höchsten Kaiserhauses, aus altem Familienbesitz, aus zahlreichen hervorragenden
Privatsammlungen sowie aus öffentlichen Sammlungen außerhalb Wiens eine
Übersicht über fast alle wichtigen Spitzentypen seit ihrer Entstehung im Orient
und in Italien der Renaissance bis in die neueste Zeit gewonnen werden, und es
war sowohl der Besuch der Ausstellung ein außerordentlich reger als auch das
Studium speziell durch die Fachleute. Eine größere Anzahl von Führungen, die
durch das Museum veranstaltet wurden, suchten dieses Interesse noch zu ver-
tiefen. Wenn das k.k. Österreichische Museum mit seinen eigenen Spitzenschätzen
bei dieser Gelegenheit zuriicktrat, so geschah es aus dem Grunde, weil es seinen
Besitz auf diesem Gebiet ohnehin von Zeit zu Zeit öffentlich ausstellt und Fach-
männem stets zugänglich macht.
Bei den neueren Arbeiten, die auch von Fremdem Hervorragendes zeigten,
traten die heimischen Arbeiten von selbst in ihrer Bedeutung hervor.
Um die so selten sich ergebende Gelegenheit, eine solche Fülle sonst meist
verborgener Schätze genießen zu können, nach Möglichkeit auch noch für die
Zukunft zu erhalten, sah sich die Direktion des Museums veranlaßt, in der
Zeitschrift des Museums Kunst und Kunsthandwerk" einen ausführlichen reich-
illustrierten Bericht zu bringen; außerdem wurde eine Auswahl besonders inter-
essanter und mustergültiger Stücke auf 60 großen Lichtdrucktafeln und in zahl-
reichen Klischees in zwei Mappen vereinigt und mit einer geschichtlichen Einleitung
versehen unter dem Titel Die Wiener Spitzenausstellung 1906" Verlag von
K. W. Hiersemann, Leipzig der Öffentlichkeit zu übergeben.
Am Eröifnungstage wurde der Katalog der Ausstellung und ein Kaiserin
Elisabeth-Album, 3x Porträte weiland Ihrer Majestät der Kaiserin Elisabeth ent-
haltend, ausgegeben.
Am 28. April besuchte Seine Majestät der Kaiser diese Ausstellung. Zum
Empfang Seiner Majestät hatten sich nahezu sämtliche in Wien weilenden
Mitglieder des Haupt- und Subkomitees der Ausstellung im Säulenhof des
Museums eingefunden. Es waren erschienen Gräfin Elvira Wrbna, Gräfin Kälnoky-
l-lerberstein, Gräfin zur Lippe-Pallavicini, Gräfin Wurrnbrand-Menßhengen, Frau
v. Bernardt, Baronin Buschman-Giesecke, Frau Berta v. Jurie, Baronin Marianne
Konrad v. Konradsheim, Frau v. Czizek-Smidaich, Frau v. Lang-Littrow, Frau
Fanny v. Lehnert, Fräulein v. Merey, Baronin Sommaruga-Miller zu Aichholz,
Gräfin Wallis-Pälliy, Baronin Ida Walterskirchen, Gräfin Stephanie Wenckheim.
Der Monarch, welcher in Begleitung des Generaladjutanten G. d. K. Grafen
Paar und des Flügeladjutanten Major Grafen Schaaifgotsche erschien, wurde im
Foyer vom Direktor des Museums Hofrat v. Scala empfangen und in den Säulen-
hof geleitet, wo ihn die Präsidentin des Komitees l-ofdame Crescence Markgräiin
von Pallavicini ehrfurchtsvollst begrüßte. Markgräiin von Pallavicini überreichte
Seiner Majestät den Katalog der Ausstellung und stellte Allerhöchstdemselben die
beiden Vizepräsidentinnen Klementine Prinzessin Metternich-Sandor und Baronin
Buschman-Schöller vor. Vom Hofrat v. Scala wurden hierauf die Beamten des
Hauses, beziehungsweise Mitglieder des Komitees dem Monarchen vorgestellt
und zwar Vizedirektor Regierungsrat Dr. Leisching, Kustos Regierungsrat
Folnesics, Kustos Regierungsrat Ritter, Kustos Dr. Dreger, Kustosadjunkt
Dr. Schestag, Direktor des k. k. Zentral-Spitzenkurses Dr. Minkus, Professor
A. F. Seligmann, Bezirksrat Oskar Appel. An jeden der Vorgestellten richtete
Seine Majestät Fragen, die sein Interesse für die Ausstellung bekundeten.
Hierauf trat der Monarch, geleitet von Markgräfin Pallavicini, Prinzessin
Mctternich-Sändor, Baronin Buschman-Schöller und Hofrat v. Scala den Rund-
gang an, bei welchem in der Porträtabteilung die Komiteemitglieder Regierungsrat
Dr. Leisching, Kustosadjunkt Dr. Schestag und Professor A. F. Seligmann, in der
Spitzenabteilung Kustos Dr. Dreger die erforderlichen Erklärungen gaben. Vor der
Statue weiland Ihrer Majestät der Kaiserin von Professor Klotz, welche der
Kaiser bereits im Atelier des Künstlers gesehen hatte, äußerte Seine Majestät
wiederholt seine Anerkennung. Im Vorlesungssaal sprach sich der Kaiser
besonders lobend über das dort ausgestellte, für die Pfarrkirche St. Anton von
Padua in Favoriten bestimmte Meßgewand aus, das im Auftrag des Unterrichts-
ministeriums in der k. k. Kunststickereischule in Wien ausgeführt wurde. Im Tee-
salon wurde dem Kaiser Herr Leo Schmidt vorgestellt, welcher sich um die
Installation der Ausstellung wesentliche Verdienste erworben hat. Im Kaiserin
Elisabeth-Saal überreichte Markgräfin Pallavicini dem Kaiser ein Album, das
photographische Reproduktionen der hervorragendsten Porträte weiland Ihrer
Majestät der Kaiserin enthielt. Seine Majestät nahm das Album huldvollst
entgegen, ebenso ein Prachtexemplar des in der Ausstellung zum Verkauf
aufliegenden Kaiserin Elisabeth-Albums, welches Herr Rudolf Maaß überreichte.
Zum Schlüsse des Rundgangs erklärte der Direktor des Zentral-Spitzenkurses
Dr. Minkus dem Monarchen die Ausstellungsobjekte dieser Anstalt und ihrer
provinziellen Exposituren, wobei sich Seine Majestät über die Verhältnisse der
österreichischen Spitzenhausindustrie Bericht erstatten ließ und sich unter
anderem sehr für die Propagierung dieser Hausindustrie in Dalmatien interessierte,
welche sich bekanntlich des Protektorats und der Werktätigen Teilnahme der Frau
Erzherzogin Maria josefa erfreut.
Nach einstündigem Aufenthalt verließ Seine Majestät der Kaiser die Aus-
stellung, die den Monarchen sehr interessierte und bei Seiner Majestät zahlreiche
Reminiszenzen wachgerufen hatte, unter huldvollen Worten des Dankes und der
Anerkennung gegenüber den Funktionären des Museums und den Mitgliedern des
Komitees.
Die Ausstellung wurde ferner von Seiner k. u. k. Hoheit Erzherzog Franz
Salvator und von Ihren k. u. k. Hoheiten den Erzherzoginnen Marie Valerie,
Maria Theresia, Maria Annunziata, Isabelle, Gabriele, Marie Theresia Gemahlin
des Erzherzogs Karl Stephan, ferner von Ihrer königl. Hoheit der Prinzessin Gisela
von Bayern und von Seiner königl. Hoheit dem Prinzen Konrad von Bayern
besichtigt.
Die Ausstellung, welche 16.480 Personen besuchten, wurde am 5. Mai igoö
geschlossen.
Vom ro. bis inklusive z4.uni rgoü fand eine Ausstellung von Schülerarbeiten
derKunstgewerbeschule des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie
in den Räumen des Museums statt.
In 34 Abteilungen gegliedert, umfaßte sie im Parterre den Säulenhof und im
ersten Stockwerk die Galerie, alle Ausstellungsräume, den Sitzungssaal sowie einen
Teil des Vortragssaales.
Alle Abteilungen des vorbereitenden Unterrichts, dann die I-Iilfsdisziplinen
mit Übungsfächern, ferner alle Fachschulen, Spezialateliers und Kurse waren teils
durch Entwürfe der Schüler, teils durch ausgeführte Gegenstände vertreten.
Am zu. November 1906 wurde in Anwesenheit- Seiner Exzellenz des Herrn
Ministers für Kultus und Unterricht Dr. Gustav Marchet die Winterausstellung im
.k k. Österreichischen Museum eröffnet, die dann von Seiner k. u. k. Hoheit
Herrn Erzherzog Franz Ferdinand mit Gemahlin Frau Fürstin Sophie Hohenberg,
ferner von Ihren k. u. k. Hoheiten den Frauen Erzherzoginnen Isabelle und
Gabriele und von Ihren königl. Hoheiten der Frau Herzogin Thyra und der Frau
Prinzessin Olga von Cumberland besucht wurde.
NEU AUSGESTELLT
AUSWÄRTIGE
AUSSTELLUNGEN
Die Winterausstellung des Museums trug diesmal der Strömung der Zeit
Rechnung, indem sie eine Reihe von korrekt durchgeführten Interieurs in
historischen Stilen bot, während weiters einige Innenräume in sogenannter
moderner Weise komponiert waren eine Anzahl solher Räume vertrat, aber auch
ein Genre das eine glückliche Anlehung an Historisches verriet, gleichwohl aber in
gewissem Sinne als modern bezeichnet werden konnte. Es scheint uns als sollten
uns die Schöpfungen dieser letzteren Art einen Ausblick in die Zukunft gestatten,
wiewohl in den auch für uns maßgebenden Kulturstaaten Frankreich und England
mehr denn je an den reinen historischen Stilen festgehalten wird.
Die Winterausstellung enthielt außer zwei modernen lnterieurs und einer
kompletten von Portois ätFix ausgeführten Wohnung, deren Zimmer eine Anlehung
an historische Stile zeigten, eine gotische Stube nach Angaben Seiner Exzellenz
des Grafen Hans Wilczek entworfen vorn Architekten Humbert Walcher von
Moltheim, eine Bauernstube aus dem Alpachtale nach einem Entwurfe des seither
verstorbenen Professors Josef Tapper in Innsbruck, ein Renaissancewohnraum
verfertigt von Anton Pospischil, ein Jagdzimmer für ein kleines jagdschlößchen im
Stile der frühen Barockzeit von Schönthalers Söhne, ein Damensalon Louis XVI
von. Klöpfer, ein Herrenzimrner im Exnpirestile von Karl Bamberger, ein Speise-
raum im Stile der holländischen Renaissance aus dem Anfang des XVlI. Jahr-
hunderts, ausgeführt von der Firma Heinrich Röhrs in Prag, ein Wohnzimmer im
Biedermeierstil nach Originalen im Schlosse Wetzdorf von H. Irrnler und ein
Wohnzimmer in der Art des Biedermeierstils von Anton Pospischil, eine Halle
im Stile der Zeit der Königin Elisabeth von England von Sigmund jaray und ein
Frühstückszimmer im Stile Sheratons von demselben, schließlich einzelne Stücke
einer Empireeinrichtung ausgeführt von Portois Fix.
Wie in früheren Jahren so zeigten auch diesmal die sämtlichen Gruppen der
Kunstindustrie, etwa die juwelierkunst ausgenommen, gute Vertretung. Daß
an Schmuck nicht viel geboten wurde, erklärt sich durch den Umstand, daß die
Kreationen unsererI-Ierrenjuweliere nicht zahlreich genug sind, als daß diese außer
der Exposition im eigenen Geschäite um die Weihnachtszeit auch auswärtige
Ausstellungen beschicken könnten.
Seine königl. Hoheit Herzog Ernst August von Cumberland hat den seit einer
Reihe von Jahren im Museum exponiert gewesenen Reliquienschatz des Hauses
Braunschweig-Lüneburg, nachdem die Belassungsfrist wiederholt verlängert wurde,
zurückgezogen.
Neu ausgestellt wurden in den Sälen II und III des Museums Porzellane, die
aus fürstlich Metternich-Winneburgschen Besitz stammen und die als ein Teil
des Substitutionsvermögens dieses Fürstenhauses für längere Zeit im k. k. Öster-
reichischen Museum verbleiben sollen. Unter diesen Porzellanen, welche zahlreiche
chinesische und japanische Arbeiten umfassen, und wozu auch einiges Wiener
Porzellan, sowie ein Tafelservice aus Sevres aus der Zeit um x81o gehören, ist
namentlich ein großes Service, das nach x84o ebenfalls in Sevres ausgeführt wurde,
als Prachtleistung ersten Ranges zu bezeichnen. Das Service war ein Geschenk des
Königs Louis Philippe an den Staatskanzler Fürsten Clemens Metternich anläßlich
der am xo. Oktober 1846 stattgefundenen Hochzeit seines Sohnes Antoine Philippe
Louis von Orleans, Herzog von Montpensier mit der Infantin Marie Louise,
Schwester der Königin lsabella von Spanien.
In nachstehenden Kronlandsstädten wurde über Ersuchen der betreffenden
Museen eine Ausstellungvonkunstgewerblichen Objekten, welche auf der Weltaus-
stellung in St. Louis ausgestelltwaren, veranstaltet Troppau Kaiser Franz Joseph-
Museuin für Kunst und Gewerbe, Linz Museum Francisco Carolinum, Außer-
dem wurden einzelne Provinzmuseen durch leihweise Überlassung von kunstge-
werblichen Objekten zu Ausstellungszwecken reichlich bedacht. Desgleichen wurden
so wie in früheren Jahren zahlreiche Staatsgewerbeschulen und kunstgewerbliche
Fachschulen durch leihweise Überlassung mit Mustern und Vorbildern ver-
sehen.
Das k. k. Österreichische Museum für Kunst und Industrie erhielt im
Jahre 1906 u. a. folgende Geschenke Von Johann Fürst von und zu Liechten-
stein, Wien Zwei Teller, Porzellan. Ministerium für Kultus und Unterricht
Eine Plakettensammlung von P. Flötner. Dr. Albert Figdor, Wien Aufsatz mit
Gestell für Löffel, vier Becher, Körbchen, Tablette aus Rosenholz mit silbernem
Rand, l-Iandleuchter, alles aus Silber. Friedrich Graf Schönborn Seine Porträt-
plakette. Dr. Max Strauß Eine Kaffee-Ober- und Untertasse, Porzellan.
Walcher Ritter v. Moltheim Brokat, gegen 1700, Krüglein und großer Krug mit
blauer Glasur, 92 Stück Kachelformen.
Als bemerkenswerte Ankäufe älterer Kunstwerke seien hervorgehoben
Goldschmuck, deutsch, XVIII. Jahrhundert; Kassette, Silberfiligran mit
Korallen, ungarisch, XIX. Jahrhundert; Edelsteinwage, Bronze, Prager Arbeit,
XVIII. Jahrhundert; Leuchter, Silber, Wien x8xx; Grabkreuz, Eisen. XVIII. Jahr-
hundert; Taschenuhr von Brequet, Goldemail, französisch, XIX.Jahrhundert, erste
Hälfte, mit Kette; Anhänger, Stahl mit Email, XVIII. Jahrhundert; Brosche und
Ohrgchänge, Silber vergoldet, mit Rubinen; Tafelaufsatz, Silber, Wien 1807, von
I. Würth; Standührchen, Goldemail mit Perlen und Steinen, französisch,
XIX. Jahrhundert, erste Hälfte; Humpen, Krüge und Becher, rheinisches Steinzeug
des XVI. Jahrhunderts aus der Auktion Walcher, Majolikaofen, Rokoko, aus Graz;
eine türkisblaue Terrine, Sevres 1754; Schüssel aus dem Sulkowsky-Service und
Schokoladetasse, Meißen; Vase, Wien 1780; mehrere kleinere Objekte vor der
Marke, Wien; zwei Prachtkaffeetassen und eine Figur Fischhändlerin, Wien;
Dose, Wedgwood; Kanne, mit Muschelbecken, chinesisch;- gravierter böhmischer
Pokal, Glas, XVIII. Jahrhundert; Christus am Kreuze, Holz, geschnitzt von Aimong;
Kreuz, annamitische Arbeit; Holzbrettchen mit Perlmutterintarsia, Cochinchina;
Holzkassette, bemalt; Rahmen, Holz, geschnitzt, deutsches Rokoko; Zwei Wand-
tische, Empir, Mahagoni mit Bronzebeschlägen; ein großer älterer Teppich aus
Kleinasien; drei große venezianische Reliefspitzen aus der zweiten Hälfte des
XVII. Jahrhunderts; eine Sammlung von Mustern einer Stickereitechnik aus
der Zeit der Kaiserin Maria Theresia; eine große Anzahl volkstümlicher Stickereien
aus der Bukowina, aus Dalmatien, Bosnien und der Hercegovina und aus der
Slowakei.
Die illustrierte Monatsschrift des k. k. Österreichischen Museums Kunst
und Kunsthandwer vollendete ihren IX. Jahrgang.
Im Ansehluß an das in den Jahren 18g2-r8g6 vom k. k. Handelsmuseum
herausgegebene Werk Orientalische Teppiche" veröffentlichte das k. k. Öster-
reichische Museum im Berichtsjahre die ersten zwei Lieferungen eines großen
Tafelwerkes, welches unter dem Titel Altorientalische Teppiche" in vier Liefe-
rungen mit zusammen 25 farbigen Tafeln die bedeutendsten seit x896 aufgefundenen
altorientalischen Teppiche nebst beschreibendem Text wiedergeben soll. Das Werk
erscheint im Verlag von Karl W. Hiersemann in Leipzig, die Herstellung der far-
bigen Tafeln erfolgt in der k. k. Hof- und Staatsdruckerei.
Über die Spitzenausstellung hat das k. k. Österreichische Museum, wie
oben erwähnt, im Verlag von Karl W. Hiersemann in Leipzig ein Werk heraus-
gegeben Ornamentale und kunstgewerbliche Sammelmappe. Serie IX und
welches nebst einem Überblick über die Entwicklungsgeschichte der Spitzen" von
M. Dreger auf 60 Lichtdrucktafeln 206 der interessantesten und wertvollsten Spitzen
der Ausstellung enthält.
GESCHENKE
ANKÄUFE
ZEITS CHRIFT
SO NSTXGE
PUBLIKATIONEN
I0
BIBLIOTHEK
VORLESUNGEN
Die Büchersammlung wurde im Jahre 1906 um 296 Werke umgerechnet die
Fortsetzungen der Zeitschriften und zahlreichen Lieferungswerke vermehrt. Ihr
Bestand belief sich im Jänner 19o7 auf 14.272 Nummern. Hievon entfallen 59 auf
Geschenke, 237 auf Ankäufe. Die Zahl der Bibliotheksbesucher betrug im
Jahre 1906 17.437 und zwar 13.848 in den Tagesstunden und 3589 in den Abend-
stunden. Die Verleihungen von Büchern und Vorlagen nach auswärts, an Schulen,
Kunstgewerbetreibende und Private in Wien und in den Kronländern erreichten
die Höhe von 1656 Posten.
Die Kunstblättersammlung wurde im ahre 1906 um 519 Blätter vermehrt;
darunter sind besonders hervorzuheben Blätter farbig ausgeführte Wirkungs-
skizzen der Mosaikbilder in den Tympanonfeldern des mittleren und des seitlichen
Portals der Kirche Wien-Breitensee, entworfen von Professor Alfred Roller in
Wien und der Entwurf zu einem Mosaikbilde Professors Josef von Mehoffer in
Krakau Pegasus und die Musen" Geschenke des k. k. Ministeriums für Kultus
und Unterricht, ferner 44 Blätter orthochromatische Aufnahmen von altorien-
talischen Teppichen aus öffentlichem und privatem Besitz in Wien, London und
Paris, 36 Blätter Photographien von Möbeln und Bronzen aus dem k. u. k. Hof-
mobiliendepot in Wien, 38 Blätter photographische Aufnahmen aus der Winter-
ausstellung des k. k. Österreichischen Museums 1906-4907, 95 Blätter Photo-
graphien von Spitzen und Porträten aus der Spitzen- und Porträtausstellung im
k. k. Österreichischen Museum 1906 und 67 Blätter photographische Aufnahmen
von altägyptischen Korbflechtereien.
Zu den hervorragendsten Erwerbungen derBüchersammlung im Berichtsjahre
gehören die große Publikation des k. k. Österreichischen Museums Altorientalische
Teppiche", die Tafelwerke über orientalische Teppiche von F. R. Martin und
W. Griggs, das nur in einer Auflage von 1oo Exemplaren bei Goupil Co. in Paris
erschienene Prachtwerk von Nolhac Les Femmes de Versailles", das von Karl
Grafen Lanckororiski herausgegebene monumentale Werk über den Dom von
Aquileia Geschenk des Grafen Karl Lanckororiski, die reich illustrierte Publikation
von Alfred Walcher von Molthein über die Hafnerkeramik der Renaissance in
Österreich ob der Enns und in Salzburg, die Lichtdruckpublikation über Möbel
und Innenräume aus der Empire- und Biedermeierzeit von j. A. Lux und das Pracht-
werk von Laking über die Möbel in Windsor Castle, ferner die große Publikation
von Destree über Brüsseler Tapisserien und Skulpturen auf der Ausstellung in
Brüssel 1905, das reich illustrierte Werk von Eduard Leisching über die Bildnis-
miniatur in Österreich, die Tafelwerke über die Spitzensammlung des Musee des
Arts decoratifs in Paris und über die Wiener Spitzenausstellung 1906, das große
Tafelwerk von j. Lessing und A. Brüning über den Pommerschen Kunstschrank
Geschenk des Königlichen Kunstgewerbe-Museums in Berlin, Erwin Hintzes
Publikation über die Breslauer Goldschmiede und das Werk von Wilhelm Schmitz
über die mittelalterlichen Metall- und l-lolztüren Deutschlands.
In der Zeit vom 7. Februar bis 9. März 1906 wurden fünf Vortragszyklen zu
je zwei Vorträgen veranstaltet. Die Teilnahme an diesen Zyklen erfolgte auf
Grund einer Einschreibung, für welche eine Gebühr von zwei Kronen für jeden
Zyklus eingehoben wurde.
Nachstehend das Programm
1. Dr. Franz Winter, Professor an der k. k. Universität in Graz Antike
und Renaissance" mit skioptischen Demonstrationen, Durchschnittsfrequenz
220 Personen. a. Ph. Dr. Professor Wilhelm Franz Exner, k. k. Sektionschef Die
Tragödie der l-lausindustrie", Durchschnittsfrequenz 358 Personen. 3. Ph. Dr. W.
E. Braun, Direktor des Kaiser Franz Joseph-Museums für Kunst und Gewerbe in
ll
Troppau Über Kunstsammeln und Kunsthandel in alter und neuer Zeit", Durch-
schnittsfrequenz 178 Personen. 4. Dr. Hermann Muthesius, geheimer Regierungs-
rat im königl. preußischen Handelsministerium in Berlin Das englische Wohn-
haus", Durchschnittsfrequenz 422 Personen. 5. Architekt Julius Leisching, Direktor
des mährischen Gewerbemuseums in Brünn Das Porträt des XVIII. und XIX.
Jahrhunderts", Durchschnittsfrequenz 288 Personen.
Die Direktion hat ferner wie in den Vorjahren im Laufe der Monate Februar
und März an Sonntagnachmittagen zwei volkstümliche Museumskurse für Lehr-
personen und kunsthandwerktreibende Arbeiter veranstaltet.
Der erste Kursus, vierstündig am 4., 11., 18. und 25. Februar hatte den
Titel Zur Geschichte des Kunstgewerbes der neueren Zeit, XV. bis Anfang des
XIX. Jahrhunderts" Innendekoration, Hausrat, Möbel, Keramik etc. mit skiop-
tischen Demonstrationen, Vortragender Kustosadjunkt Dr. August Schestag,
Durchschnittsfrequenz 220 Personen; der zweite Kursus, vierstündig am 4., 11.,
18. und 25. März führte den Titel Kunstgeschichte Wiens vom Altertum bis
zur Mitte des XIX. Jahrhunderts" mit skioptischen Demonstrationen, Vor-
tragender Regierungsrat Dr. Eduard Leisching, Vizedirektor des k. k. Öster-
reichischen Museums, Durchschnittsfrequenz 430 Personen.
Samstag den 10. März 1906 hielt der Kurator des Museums Seine Exzellenz
Karl Graf Lanckoronski im Österreichischen Museum einen Vortrag über den Dom
von Aquileia, dessen gründliche wissenschaftliche Erforschung er vor Jahren ver-
anlaßt hat. Professor George Niemann hat das hochinteressante Bauwerk architek-
tonisch aufgenommen. Professor Dr. Heinrich Swoboda hat ihm ein eingehendes
Studium gewidmet, dessen Resultate in einem von Grafen Lanckoronski heraus-
gegebenen, im Verlag von Gerlach Wiedling in Wien erschienenen monumen-
talen Werke niedergelegt sind. Graf Lanckoronski gab in seinem Vortrag eine
Übersicht dieser umfangreichen Arbeiten und schilderte die wechselvollen
Schicksale Aquileias, worauf Professor Dr. Heinrich Swoboda an der Hand zahl-
reicher Lichtbilder die Schönheiten des Bauwerks und die reichen kunstwissen-
schaftlichen Ergebnisse der Forschungen erläuterte. Dem Vortrag wohnten Ihre
k. u. k. Hoheiten die Erzherzoginnen Maria Josefa, Maria Annunziata und
Gabriele bei.
Am 18. Mai 1906 hielt Frau Agathe Wegerif-Gravestein aus Apeldoorn
Holland im k. k. Österreichischen Museum einen interessanten Vortrag über die
geschichtliche Entwicklung, die Technik und die neuere Anwendung des Batik-
verfahrens. Dieser Vortrag diente zugleich als Einleitung für eine Ausstellung
hauptsächlich von der genannten Dame selbst angefertigter Arbeiten, die dann für
einige Wochen im Museum ausgestellt blieben.
Das Museum konnte auch Arbeiten dieses Unternehmens, die bereits vor
fünf bis sechs Jahren erworben worden waren, und einige ausgezeichnete indische
Originalstücke vorweisen, so daß man einen Überblick über die gesamte Entwicklung
dieses Zweiges der Kunst erhalten konnte. Die neueren Erzeugnisse sind zumeist
in jener kräftigen neueren holländischen Art ausgeführt, als deren Hauptvertreter
man das Ehepaar Wegerif schon auf der Turiner Ausstellung des Jahres 1902
kennen lernen konnte.
Die Zahl der Besucher des Museums betrug im Jahre x9o6 122.824
14.904". Davon kommen 99.854 auf die Sammlungen und Ausstellungen
14-449; s-ssa auf die Vorlesungen 338; 17-437 793 auf die Bibliothek.
13.848 808 am Tage und 3.589 15 am Abend; 5.376 1.538 zahlten
Eintrittsgeld.
und bedeutet mehr und weniger als im vergangenen Jahre.
X2
PERSONAL-
NACHRICHTEN
Besucher im Jahr 1905 Jahr 1906
jänner 12.485 12.361
Februar 15.252 10.525
März 13.172 9.864
April 372 11.323'
Mai 8.1 5.90
Juni 6.637 10.1401"
juli 3.283 3.532
August 2.5 66 3.702
September 4.519 5.400
Oktober 3.327 5.403
November 15.115 1a.5g3'"
Dezember 17.071 32.080
107.920 122.824
Seine k. u. k. Apostolische Majestät haben mit Allerhöchster Entschließung
vom 5. April 1906 dem Mitglied des Kuratoriums des k. k. Österreichischen
Museums und Kanzleidirektor des Oberstkämmereramts Hofrat Wilhelm Freiherrn
von Weckbecker das Komturkreuz des Franz Joseph-Ordens mit dem Sterne aller-
gnädigst zu verleihen geruht.
Das Ministerium für Kultus und Unterricht hat mit dem Erlasse vom
27. Jänner 1906, Z. 1493, den Rechnungsunterofiizier I. Klasse des Infanterie-
regiments Nr. 94 Anton Drexler zum Kanzlisten am k. k. Österreichischen Museum
für Kunst und Industrie mit r. Februar 1906 ernannt.
Erötfnung der Spitzen- und Ponrämusstellung.
Eröffnung der Ausstellung der Kunslgewerbeschule des k. k. Österreichischen Museums
für Kunst und Industrie.
Eröffnung der Wimerauastellung.