Der sich fortwährend steigernde Andrang zu den Abend-Lesestunden in der Biblio- thek bestimmte das Curatorium und die Direction des Museums zu dem Beschlusse, wah- rend der Wintermonate die Bibliothek an fünf (anstatt zwei) Abenden der Woche zu öffnen. Wie sehr diese Neuerung, welche mit Genehmigung des k. k. Ministeriums für Cultus und Unterricht im November 1877 eingeführt wurde, dem Bedürfnisse des Publicums entspricht, wird durch die Besuchsziffern dargethan, indem die Zahl der Bibliothekbesucher in den beiden letzten Monaten dieses Jahres auf 2355 und 2266 gegen x38o und 139g im vorigen Jahre stieg. Neben der permanenten Ausstellung im Saale VI wurden folgende Special-Aus- stellungen veranstaltet: Ornamentstiche der deutschen Schule; - Aufnahmen nach den Wandgemälden des Schlosses Runkelstein in Tirol, im Auftrage der k. k. Centralcommission für Kunst- und historische Denkmale von den Herren Maler Becker und Architekt Nordio ausgeführt; - Aufnahmen des sog. Fürstenschlösschens in Meran; - Aufnahmen des Palastes Diocletians in Spalato von Herrn Prof. I-Iauser; - Concurrenz-Entwürfe für das Grillparzer-Denkmal in Wien; - Concurrenz-Entwürfe für Statuen am Rathhause in Wien. Auch eine Weihnachts-Ausstellung wurde für 1877 arrangirt und am 2. De- cember eröffnet. Da sich voraussetzen liess, es werde vielen Industriellen, welche sich an der Pariser Ausstellung betheiligen wollen, erwünscht sein, ihre fertigen Arbeiten vorher dem Wiener Publicum zeigen zu können, wurde die Einrichtung getroffen, dass derartige Objecte auch nach dem allgemeinen Annahmstermin eingeliefert werden konnten, und zugleich von der Zuerkennung von Diplomen abgesehen, um in keiner Weise der künf- tigen Beurtheilung auf der Weltausstellung vorzugreifen. Für die Weihnachts-Ausstellung wurde wie gewöhnlich ein eigener Katalog ausgegeben, welcher 165 Aussteller nachwies. Durch a. h. Entschliessung vom 19. Mai v. J. wurde die Einführung einer Taxe für die Verleihung der k. k. Hoftitel allergnädigst genehmigt, und die eingehenden Beträge der Förderung der Industrie und des Kunstgewerbes gewidmet. Vorschläge für die Verwendung der eingegangenen Summen hat die Direction des Oesterr. Museums zu erstatten, bei welchem Institut auch die Taxen zu erlegen sind. Im Laufe des Jahres 1877 wurden 9125 H. eingezahlt und mit Genehmigung des k. k. Obersthofmeisteramts grössere kunstgewerbliche Aufträge mit Rücksicht auf die Pariser Ausstellung gegeben. Durch die Einsetzung der Centralcommission für die Weltausstellung in Paris, in welcher Körperschaft das Curatorium des Oesterr. Museums, die Direction desselben sowie der Aufsichtsrath und die Direction der Kunstgewerbeschule vertreten sind, wurde der Thätigkeit des Actionscomitäs ein Ziel gesetzt. Was das Museum anbelangt, so wird dasselbe mit seinen Zweiganstalten und in Verbindung mit den kunstgewerblichen Fach- schulen des Handelsministeriums in einem abgeschlossenen Raume ein Bild der Bestre- bungen für Hebung des Kunstgewerbes in Oesterreich herstellen. In das Jahr 1877 fällt auch die Vollendung des Baues der Kunstgewerbeschule. Durch die Uebcrsiedlung der Fachschulen in das neue Gebäude und durch die Herstellung des Verbindungsganges zwischen den beiden Gebäuden (an dessen Aussenseite durch die Llnterstützung des Stadterweiterungsfonds und der Commune Wien die Aufstellung des grossen Mosaikgemaldes aus der Kunsthalle der Wiener Weltausstellung - Pallas Athene nach F. Laufbergefs Composition von A. Salviati in Venedig ausgeführt -- und die Anlage eines Brunnens ermöglicht wurde) ist dem Museum die ersehnte Möglichkeit gewährt, einzelne Zweige der Sammlungen, welche durch die bisher ihnen angewiesenen Räumlich- keiten beengt waren, in angemessener Weise aufzustellen, wie die keramische und die Glassaimnlung, ferner ganze Zimmereinrichtungen zusammenzustellen. Andere wünschens- werthe Erweiterungen müssen auf den Zeitpunkt verschoben bleiben, wo auch für die Vorbereitungsschule eigene und ausreichende Localitäten zur Verfügung stehen werden. ll. Beziehungen des Museums nach Aussen. Das Museum betheiligte sich an der Historischen Kunstausstellung, mit welcher das neue Akademiegebäude in Wien eröffnet wurde, ferner an den Aus- stellungen in Leitmeritz, in Lemberg und in Graz; über die Ausstellungen in Leit- meritz und Lemberg wurde in den Mittheilungen ausführlich Bericht erstattet. An der internationalen Concurrenz in Amsterdam konnte dem Programm zufolge das Museum direct keinen Antheil nehmen, doch war es bei dem Unternehmen insofern interessirt, als Mitglieder des Instituts in die Ausstellungscommission und in die Jury berufen waren, und als der überaus glänzende Erfolg der österreichischen Kunstindustrie in jener Con- currcnz vorwiegend den Arbeiten jener industriellen Etablissements zu danken ist, welche