322 ganz entschieden überflügelt hat. Wir würden es daher für eine ganz besondere Ehre erkennen, wenn eine Direction uns Gelegenheit geben wollte, das nördliche Deutschland mit den kunstindustriellen Erzeugnissen Oesterreichs bekannt zu machen." Derartige ehrende Aeusserungen sind zugleich ein laut redendes Zeugniss, dass man ein aufmerksames Auge auf alles Das hat, was auf kunstindustriellem Gebiete in Oesterreich ge- schieht. S0 offcn, wie das Wittenberger Ausstellungscomite, hat selten Jemand gesprochen; aber eben diese Offenheit gibt Zeugniss davon, dass man weiss, was im Norden Deutschlands fehlt uud dass man auch willens it, dem Uebel abzuhelfen. Die baieris ohe Regierung hat der Kunstgewerbesehule in Nürnberg gegenwärtig eine hervorragende Stellung angewiesen, welche diese Schule aus der theilweisen Isolirung herausreisst, in welche sie in früherer Zeit Missgunst verwandter Anstalten und das geringe Verständniss der Cen- tralregierung in München gebracht haben. In München speciell wird der kunstgewerbliche Unterricht geregelt, Baiern ist bemüht, auf dem Gebiete der Kunstindustrie in derselben Weise Schritte zu thun, wie dies auf dem Gebiete der grossen Kunst bereits geschehen ist. In Dresden ist eine gut eingerichtete Privatschule gegründet worden, welche die Heranbildung von Kunsthandwerkern zum Ziele hat; sie ist zweckmässig organisirt und mit guten Lehrkräften versehen. Ein Bericht des Herr-n Dr. Schwabe aus Berlin über das dortige Gewerbemuseum gibt uns weiteren Aufschluss über die Thätigkeit in der Hauptstadt Norddeutschlands, in Offenbach ist, wie unseren Lesern be- reits bekannt, eine Kunstgewerbeschule in's Leben gerufen worden; die Preussische Regierung hat einen Jahresbeitrag von 2000 Thalern zur Gründung einer kunstgewerblichen Zeichenschule in Köln bewilligt. Wir dürfen diese Bewegungen in den deutschen Ländern nicht unter- schätzen; sie sind gegenwärtig noch in den ersten Anfangen, allein es wird nicht lange dauern, so werden die Früchte davon an den Tag treten. Man darf nicht vergessen, dass der Volksunterricht und der höhere Unter- richt in Deutschland durchwegs ein besserer ist und dass die historischen Traditionen der deutschen Nation auf die Pflege der Kunstindustrie hin- weisen. Sehen wir es doch auch in Oesierreich, dass es nur die deutschen Stämme der österreichischen Monarchie sind, welche sich mit einigen Erfolgen an der kunstindustriellen Bewegung betheiligen. Es kommen der deutschen Nation vielfache Eigenschaften zu statten, um sie beson- der: zu befähigen, auf diesem Gebiete aufzutreten: die Liebe für Haus und Familie, das Verständniss dafür, was solchen Kreisen passt, Fleiss und Ausdauer, und das Bestreben nach solider Arbeit sind ganz vorzugs- weise geeignet, derzdeutschen Nation einen positiven Erfolg zu prognosti- ciren. Sie werden mit ihren Leistungen nicht blos den einheimischen Bedarf zu decken, sondern auch den Export auszudehnen im Stande sein.