376 mehr als 25 Pereent der Berufsarbeiten in den Vereinigten Staaten dem weiblichen Geschlecht überlassen. In keinem andern Land ist gleichwohl die Arbeit der Männer so hoch bezahlt, als in der Union, und nirgendwo nehmen die Frauen eine so geachtete Stellung ein, als dort. Wenn in Nordamerika die Verbreitung und günstige Stellung der Frauenarbeit zumeist ein natürliches Ergebniss der starken Nachfrage nach Arbeit auf dem riesenhaften Territorium des grossen westlichen Coloniallandes ist, so erscheint dagegen die in der Neuzeit erzielte höhere Werthung der weiblichen Arbeitskraft in England, wie in Europa überhaupt, schon theilweise als Resultat bewussten Strebens. Als es sich im Jahre 1860 herausstellte, dass in England mehr wie 2 Mill. Frauen auf Erhaltung durch eigene Arbeit angewiesen seien und allein in London 45.000 Näherinnen und 14.000 Erzieherinnen ihre Thätigkeit verwerthen müssen, da entstand auf Anregung des Lord Shaftesbury die „Gesell- schaft zur Beförderung der Frauenarbeit", an deren Spitze sich Glad- stone, der erste Staatsmann Englands, und die Bischöfe von London und Oxford stellten. Zuerst gründeten sie ein Nachweisungsbureau und einen Bazar. Eine Handelsschule und ein polytechnisches Institut folgten, wo Frauen und Mädchen im Copiren, Notenschreiben, Stenographiren, Malen und in der Buchführung unterrichtet wurden. Im Jahre 1861 gab es in London schon 130 Photographinnen; 2 Druckereien arbeiten ausschliessv lieh mit Setzerinnen; 4 Holzschneide-Anstalten, 5 Etablissements für An- streichen und Poliren von Möbeln und zahlreiche Geschäfte für Zimmer- decoration und Tapetenmalerei beschäftigen vorzugsweise Frauen, und schon seit dem Jahre 1848 besteht in London eine Werkstatt, worin (wie in Genf) die Produetion von Ketten für Chronometer, eine sehr schwierige und delicate Arbeit, von 500 Arbeiterinnen betrieben wird. Auch in den Telegraphen- und Eisenbahn-Bureaux sind viele Frauen und Mädchen beschäftigt. Die im Jahre 1864 in London gegründete Femal Medical Society sorgte in drei Jahren für die Ausbildung von 50 Doctorinnen für Frauen- und Kinderkrankheiten. - Von London ver- breiteten sich diese Bestrebungen nach den andern Städten des Reiches. Unter Anderm ward in Dublin eine unter dem Protectorat der Königin und der Prinzessin von Wales stehende "Gesellschaft zur Heranbildung und Beschäftigung erwerbsfähiger Frauen" in's Leben gerufen. Vor- sitzender derselben ist der Vicekönig von Irland; Vicepräsident war der (unlängst verstorbene) Lord Brougham. Durch die Bemühungen dieser Gesellschaft wurden im Jahre 1866 175 Frauen und Mädchen in der Telegraphie, Lithographie, dem Maschinennähen, Musterzeichnen und Be- malen von Photographien, der Kalligraphie, Buchhaltung und dem Ge- schäftsbetrieb unterrichtet. Bis zum Jahre 1866 hatten 782 Mädchen die Anstalt besucht und 483 derselben eine lohnende Beschäftigung erlangt. Auch in Frankreich gewähren die hochentwickelte Industrie und