395 leider das Loos der Mehrzahl, lässt leider nur zu oft den Geist verkümmern und das Herz versauern. Es ist bekannt, dass unser karger Boden bei Weitem nicht im Stande ist, die Inwohner zu ernähren; in der Fremde müssen unzählige Bursche und Männer Brod und Erwerb suchen. Die meisten wandern als Maurer in die Ferne, wenn „der holde Lenz er- scheint", und im Spätherbste kehren sie mit ihrem sauer verdienten Lohne zurück. Allein der Winter bietet ihnen meist keine Arbeit, keinen Verdienst. Wäre es nicht eine schöne Aufgabe, dafür zu sorgen, dass diese armen Leute auch im Winter Beschäftigung und Erwerb Fanden? Eine Gelegenheit dazu liesse sich unschwer entdecken. Der Oberinn- thaler zeigte stets entschiedenes Talent für Plastik. Bedeutende Bildhauer sind aus diesem armen Thale hervorgegangen, wie z. B. Jacob Auer, Ingenieur Lechleitner, Stephan Föger, Josef Anton Renn, Gottlieb Klotz und in neuester Zeit rechnet Oberinnthal mit gerechtem Stolze zu seinen Söhnen die Plastiker: J. Knabl, Grissemann, Jos. Müller, J. Trenkwald er, Pair und Petz in München, Renn in Speier und Renn in München. Eine ausgeprägte Anlage zum Schnitzen zeigt der Oberinnthaler Knabe, und die selbstgefertigten Krippen zeigen dies Talent oft in überraschender Weise. Sollteman dies Capital nicht verwerthen können? Wir lasen, dass eine hohe Regierung die Grödner mit einer Zeichnen- und Schnitzsehnle gnädig bedacht habe. Wir freuten uns neidlos über diese Nachricht, wünschten aber von Herzen, dass uns ein ähnliches Ge- schenk gespendet wiirde. Man errichte hier eine Winterabendschule, in welcher ein praktischer Unterricht im Zeichnen und Schnitzen gegeben werde, und die bescheidenen Auslagen dafür werden hunderttlaltige Früchte bringen. Nicht nur wird der junge Maurer bei einigem Zeiehnenunten" richte es dahin bringen, dass er im Reiche draussen als Pallier viel mehr verdienen kann, sondern es wird dadurch den Leuten Gelegenheit ge- boten werden, auch im Winter sich zu beschäftigen und zu verdienen. Wir sind überzeugt. dass bei der Anlage des Oberinnthalers zur Plastik sich bald ein neuer vielversprechender Industriezweig bilden würde, wenn ihm auch nur eine bescheidene Gelegenheit geboten würde, sein Talent etwas auszubilden. Wie an plastischen Talenten, haben wir auch an Zirbel- kiefern bedeutenden Vorrath, so dass wir geeignetes Material zu Schnitz- Werken hinlänglich besitzen. So gut wie Gröden könnte sich das arme Thal auf diese Weise ein hübsches Nebeneinkommen VGFSClIHGGII, und wie Manchen: wäre geholfen, wenn er im Jahre etliche Gulden bares Geld nebenbei verdienen könnte, um die Steuern u. dgl. damit zu bezahlen, und nicht genöthigt zu sein, um sich bares Geld zu verschaffen, ein Stück Vieh aus seinem Stalle zu geben. Möchte eine hohe Regierung unseren Wunsch, der nur ihrer Tendenz, Volk und Volkswirthscbaft zu heben, Entspricht, beherzigen, und man wird sehen, dass das dafür ausgelegte Capital Wucherzinsen tragen wird." 19'