Diese eigenthiimlichen Verhältnisse der Kieselsäure übertragen sich nun. auch auf ihre Verbindungen, ihre Salze, die Silicate. Die Zahl dieser ist überaus gross; sie wird Legion dadurch, dass sie die Fähigkeit haben, sich unter einander in den verschiedensten Mengenverhältnissen zu Doppeb, Tripel- und Polysilicaten zu verbinden, Verbindungen, deren ratio- nelle Classiiication den Mineralogen und Chemikern bis zur Stunde noch Schwie- rigkeiten nnd Verlegenheiten bereitet. Im Allgemeinen benennt man sie nach ihren hauptsächlichsten Basen, als: Kalb, Magnesiaq Thonerde-, Eisen-, Mangam, Alkali- etc. Silicate. Chemischerseits kann man sie zunächst in zwei grosse Gruppen unterbringen. Die zu der einen Gruppe gehörigen sind außerordentlich widerstandsfähig gegen Säuren, Salzsäure z. B., sie werden dadurch nicht verändert; die der andern da- gegen werden von dieser Säure zersetzt, "aufgeschlossen" wie man sagt, und sie lösen sich entweder ganz auf, was der seltenere Fall ist, oder, was häufiger ist, zum Theil. ' Was bei dieser Behandlung ungelöst bleibt, ist meist nichts als mehr oder weniger reine Kieselsäure. Immer hat die so ausgeschiedene Kieselsäure das spec. Gewicht 2,2; sie ist amorphe Kieselsäure. Die Grenze zwischen diesen beiden Gruppen, die durch die Anfschliessbar- keit mit Säuren gezogen ist, ist inzwischen nicht sehr scharf, denn man findet, dass die Dauer der Einwirkung der Säure, ihre Concentration und die beim Ver- such angewandte Temperatur sowie der dabei herrschende Druck die Zersetzung sehr wesentlich unterstützen. So wird z. B. Feldspath, mit Salzsäure gekocht, kaum verändert, mit concentrirter Schwefelsäure in Röhren eingeschmolzen und erhitzt ganz aufgeschlossen. Doch wächst im Allgemeinen die Schwierigkeit der Zersetzung mit steigen- dem Gehalt an Kieselsäure und einem grössern Gehalt an Basen jener Classe, die, wie die Thonerde, auf 2 Atome Metall 3 Atome Sauerstoff enthalten. Wenn man nun jene Silicate, die an} und für sich durch Sänrcmnicht zersetzt werden, stark glüht oder gar schmilzt, so findet man danach, dass ein- mal ihr spee. Gewicht kleiner geworden ist, und dass snderntheils sie sich nun mit Säuren leicht zersetzen. Wir erkennen hierin sofort das Verhalten der freien Kieselsäure wieder; oGenbar enthielten die nicht durch Säuren aufschliessbaren Silicate die Kiesel- säure in ihrer krystallisirten, dichten Form, und diese ist durch das Erhitzen in die amorphe, weniger dichte übergegangen. Wenn solche Silicate jemals in den Bereich eines Vulkans kommen, wenn sie im grossartigsten Masstabe nicht nur der Wirkung der Hitze desselben, son- dern auch der, mit vulkanischen Processen fast immer verbundenen Einwirkung freier Mineralsäuren bei hohem Druck und hoher Temperatur ausgesetzt werden, dann werden sie zersetzt, wie wir sie im Laboratorium zersetzen können; wie in einem riesigen bedeckten Schmelztiegel reagiren diese Agentien, Wärme, Säuren und hochgespannte Dämpfe, chemische und physikalische Kräfte auf sie , und so verändert werden sie von Vulkanen ausgeworfen und sie sind dann Laven oder Tuife, die nun dem Chemiker ihren Ursprung nicht mehr verbergen können, selbst wenn die vulkanische Thätigkeit seit Jahrtausenden schon erloschen ist. Indess ist vom Standpunkt chemischer Accuratesse eine solche vulkanische Reaction doch ein sehr nnsauberes, nur halb gelungenes Experiment; die Zer- setzung, die Schmelzung ist unvollkommen; die Hitze war oft nicht gross oder andauernd genug, um die ganze, dem vulkanischen Process verfallene Menge von Mineralien verschieden grosser Widerstandsfähigkeit zu schmelzen, und so findet