Iss Weltausstellung 1873 In Wien. Specialprogramm für die Gruppe 24. Objeete der Kunst und Kunstgewzrbe früherer Zeit, umgestellt von Kunxtliebhabem und Sammlern. (Exposition des amateurs.) Während alle anderen Gruppen der Weltausstellung die Aufgabe haben, den künst- lerischen und gewerblichen Fortschritt, die industriellen Leistungen der Gegenwart darzustellen, soll die Gruppe 24 eine Auswahl eigenthümlicher und schöner Gegenstände , der Vergangenheit und eben damit den Antheil bestimmter früherer Cultur-Epochen an der-lEntwicklung der Kunst und der Gewerbe zur Anschauung bringen. lndem dieser Theil der Ausstellung dem Beschauer ein Bild jener überraschenden und fesselnden Mannigfaltigkeit entrollen wird, welche unsere Vorfahren auf dem Gebiete der Kunstübung und der gewerblichen Thätigkeit entfalteten, soll er zugleich die unwider- legbarsten Beweise des Schönheitssinnes, der technischen Geschicklichkeit und des oft so feinfühligen Geschmackes vergangener Zeiten aufbringen und zusammenstellen. Das aber ist eben der Zweck dieser culturhistorisclien Rückschzu, dieser Exposition retrospectivz. Auf den aufmerksamen Besucher wird dieselbe nicht blos anregend, sondern auch belehe rend wirken. Der Kreis der Gegenstände, welche in Gruppe 24 aufgenommen werden können, ist nicht leicht zu bezeichnen. Nachdem das fernste Alterthum, dann das Mittelalter, ferner die Leistungen des Orientes und die Renaissance, ia selbst noch das letztvergangene Jahrhundert in kunst- lerischer und kunstgewerblicher Beziehung sich an dieser Gruppe betheiligen, kann an eine vollständige Aufluhrung aller in dieselbe einzureihenden Objecte nicht gedacht werden. Aber als Richtschnur lässt sich wohl der allgemeine Gesichtspunkt, von dem aus dieser Theil der Ausstellung in's Werk gesetzt wird, der Gedanke nämlich aufstellen, dass diese Ausstellung geeignet sein soll, den Geschmack zu bilden, die Kunstforschung zu fordern,- der Wissenschaft zu nützen. Wer aber könnte, und namentlich im Vorhinein, sagen, dass nur aus der Technik dieser oder jener Epoche, nur auf diesem oder jenem Felde der Kleinkunst noch etwas Neues zu lernen sei} Da eine solche Abgrenzung des Gebietes unausführbar ist, so handelt es sich also vor Allem darum, ein möglichst. grosses culturgeschichtliches Material aus allen Epochen bis zum Beginne unseres Jahrhunderts zusammenzubringen. Das allein schon wird der Kunstfreund gerne als ein Verdienst anerkennen. Durch die Besichtigung einer ganzen Reihe gleichartiger Kunstobiecte wird der Geschmack aller Beschauer genährt und gebildet werden und der Fachmann, der Kenner, wohl auch Zeit und Gelegenheit zu eingehen- deren Studien und zur Erzielung bleibender Resultate gewinnen. Diese Gruppe steht daher den so überaus wichtigen Ueherresten aus den vorgeschichtlichen Zeiten, sowie den antiken Kunstwerken selbstverstandlich ohne Ausnahme einer Kunstgattung oder eines Kunst- zweiges offen. Auch für die Gemälde alterer Meister besteht keine andere als eine chro- nologische Beschränkung: sie dürfen nicht in diesem Jahrhunderte gemalt worden sein. Seltene lncunabeln, Schrottblättcr, Holzschnitte, Kupferstiche, namentlich aus dem XV. Jahrhundert sind sehr willkommen. Die Gegenstände der Kunstgewerbe, auf deren reiche Vertretung ein hoher Werth gelegt wird, werden nach dem, den Sammlungen des k. k. Oest. Museums für Kunst und Industrie zu Grunde liegenden System gereiht werden. Es werden demnach alle Objecte aufgenommen, welche in eine der folgenden Classen gehören: l. Geflechte; ll. textile Kunst und ihre Nachbildungen; lll. Lnckir-Arbeiten; lV. Email; V. Mosaik; Vl. Glasmalerei (insoferne sie nicht zur Gruppe 23 gehört); Vll. Schrift, Druck und graphische Künste; Vlll. Aeussere Buchernusstattung; IX. Ledernrbeiten; X. Glas- gefässe und Glasgetäthe; Xl. Thongefässe und decorative Thonplastik; XII. Arbeiten aus Holz; XllLGeräth und kleinere Plastik in Horn, Bein, Elfenbein, Wachs u. dgl.;.XlV. Ge- fasse, Geräthe und Sculpturen in Marmor, Alabaster und sonstigem Stein; XV. Gefasse und Gerathe aus Kupfer, Messing, Zink und Zinn; XVl. Eisenarbeiten; XVII. Glocken und Uhren; XVlll. Bronzearbeitcn (Gefässe, Gerathe, Reliefs); XIX. Goldschmiedekuns! (edle Metalle); XX. Biiouterie (edle Steine); XXl. Graveurkunst. Um den Kunstliebhabern, durch deren Beiträge die Gruppe 24 gebildet werden soll, volle Beruhigung und Genugthuung in Betrcß" der Art und Weise der Aufstellung ihrer Kunstobjecte zu gewähren, werden die einem und demselben Besitzer gehörigen Gegen- stünde nicht getrennt, sondern vielmehr unter dem Namen des Eigenthumers vereinigt bleiben. im Uebrigen versteht es sich von selbst, dass für die unversehrt: Erhaltung und unbedingte Sicherheit der eingesandten Gegenstände die umfassendsten Vorkehrungen ge- trotfen werden. - ln Anbetracht der eben so verschiedenartigen als kostbaren Objecte dieser (knappe wird auch dafür Särge getragen werden, dass den zur Ausstellung geneigten Besitzern solcher Objecte oder den Directoren einschlägiger Institute, über die Modalitäten der Ein- f