2B zeigte sich die bedeutende Collection von Goldberger, der zum ersten Male auf der Weihnachts-Ausstellung erschienen, auf gutem Wege. Daneben behauptet die Firma V. Meyer's Söhne ihre Eigenthümlichkeit in phan- tasievollem Prunkgeräthe. In der textilen Kunst ragten vor Allem zwei Collectionen hervor: von der Actiengesellschaft Haas St Söhne die reichen Prachtstoife von Seide, welche den großen Pavillon in der Mitte des Arcadenbofes um- hüllten, und die Spitzen von Bollarth, welch" letztere mit Vergnügen erkennen lassen, wie doch nach und nach die neuen, kunstvolleren Spitzenarbeiten und Spitzenarten aus dem unter Storck's Leitung stehenden Spitzencurse sich Anerkennung verschaHen. Die einzelnen Stickereien, durch verschiedene Firmen, Heller, Koltscharsch, Kunz und Mößmer u. A. vertreten, nahmen diesmal weniger Raum ein. Eine Neuerung auf dem Gebiete der Textilkunst waren die transparenten, farbig gemusterten Vorhänge von E. Thieben, wie uns scheint, eine sehr verwendbare Art der Fensterdecoration, da sie gleich den Glasgemälden das Licht nur dämpfen, nicht nehmen, und doch den Dienst farbiger Verzierung erfüllen. Wie alljährlich, so hatte sich auch diesmal ein wenig hohe Kunst auf der Weihnachts-Ausstellung eingefunden. Eine Grenze zwischen Kunst und Kunstindustrie gibt es ja nicht und so schreitet man leicht unbemerkt von einer zur anderen hinüber. Auf dieser Grenze befinden sich reizende Brunnenentwürfe von Professor O. König, der mit seiner eigenthümlichen, poetisch angelegten Begabung gerade für dieses Phantasie und Gedanken herausfordernde Feld der Kunst wie prädestinirt erscheint. Dass König die figürliche Plastik auch im Großen beherrscht, bewiesen seine Porträt- statue des polnischen Grafen Tiesenhaus im Erzgusse und der marrnorne Engel, welche zwei Ecken des Arcadenhofes in vorragender Weise zierten. Die Schule des Museums hatte auch sonst noch ihre Vertretung gefunden, einerseits in den Emailgefäßen der Schülerinnen Macht's, andererseits in getriebenen und ciselirten Metallgefäßen aus der Ciselir- schule des Professors Schwarz, die einen wie die anderen durch die voll- kommenste Ausführung ausgezeichnet. Wenn man noch die gleichen Arbeiten Sobotafs, eines ehemaligen Schülers der Kunstgewerbeschule, hinzunirnmt, so bildeten diese Gegenstände eine kleine, aber erwählte Collection, der Weniges auf der Weihnachts-Ausstellung gleichkam. Die Zeiten sind leider nicht danach, um viel Vorragendes hervorzurufen. Man muss sich an dem Guten genügen lassen, wenn man nicht Luxus und Schaugegenstände von erstem Range (sie fehlten ja doch nicht ganz) zu zeigen hat. Gut und brauchbar zugleich, das ist heute die signatura temporis. (Wr. Ztg.) J. v. Falke.