Donnerstags-Vorlesungen. Mit Rücksicht auf die bevorstehende Wiener Congress-Ausstellung, für welche der Vorlesesaal be- nöthigt wird, werden die Donnerstags-Vorlesungen des k. k. Oesterr. Museums vom 2. Januar bis zum Schlusse der Saison statt im Vorlese- saale des Museums, im Vortragssaale der Kunstgewerbeschule abgehalten werden. Vorlesungen. Am 28. November v. J. hielt Prof. J. Kajetan einen Vortrag über perspectivisches Zeichnen unter Vorführung von Anschauungsbehelfen und Original- sowie Schülerzeichnungen. Derselbe verbreitete sich zunächst über die künstlichen Dar- stellungsarten räumlicher Objecte und zog gelegentlich dieser Ausführungen die ortho- gonale, die schiefwinkelige sowie die axonornetrische Proiection in den Kreis seiner Betrachtungen. Im Uebergange zu der natürlichen Darstellung der Körper führte er ein Modell vor, mit Hilfe dessen der perspectivtsche Riss eines Würfels auf einer Ebene anschaulich und in ungezwungener Art ermittelt werden konnte. Indem die Parallel- strahlen als materielle Linien an dem Modelle vorhanden waren, ließen sich die ersten, grundlegenden Satze der Perspective leicht ableiten. Dem Vortragenden schien durch diesen Vorgang ein einheitliches System im ganzen Gebiete der ciescriptiven Geo- metrie erzielt. Nach diesen, als Einleitung gedachten Vorführungen, kam er auf die Wichtigen perspectivischen Constructionsmethoden zu sprechen und benützte hiezu sein im großen Maßstabe vorhandenes Zeichenmateriale. Sodann besprach er die Durch- schnittsmethode, die Distanz- und die Diagonalmethode, sowie die frei perspectivischen Constructionsmethoden. Hinsichtlich der ersten Methode wendete er das französische Constructionsprincip an, nach welchem die Projectionsachse vertical, die Bildebene horizontal angetragen ist, und welche die Perspective eines durch Grund- und Aufriss gegebenen Objectes ohne Messungen, also ohne Gebrauch des Zirkels, liefert. Die Uebertragung der oberhalb oder unterhalb des Horizontes liegenden Punkte in das Bild geschieht in dem Falle durch zweckmäßigen Gebrauch des rechtwinkelig-gleichschenkeligen Dreieckes unter mäßigen Bewegungen der Schlagschiene. Nach einer kurzen Besprechung der Distanzmethode, gelegentlich welcher er es sich insbesondere angelegen sein ließ, zu zeigen, wie man unter Hindurchlegung der Bildßächtracen durch den Grundriss des betrachteten Objectes eine vergrößerte perspectivische Darstellung desselben erreichen kann, wendete er sich seiner Diagonalmethode zu. Dieses, von maßgebenden Fachmänner-n und praktischen Perspectivzeichnern be- merkte und günstig aufgenommene Zeichenverfahren ist eigentlich eine vereinfachte Distanzmethode, indem man im Allgemeinen mit einer einzigen, unter 450 gegen die Bild- flachtrace gelegten Geraden sein Auslangen findet - ganz besonders dann, wenn der Grundriss nach der Breite nicht zu ausgedehnt erscheint - und diese gleichsam als Bildachse auffasst, auf welche sodann jeder für das Bild selbst maßgebende Punkt durch Legen einer Horizontalen bezogen wird. Außer den zwei Elementarsätzen, welche die Fluchtpunktlinien von Geraden, die senkrecht zur Bildebene gerichtet sind, oder mit ihr Winkel von 45" einschließen, aussprechen, hat man bei Anwendung der Diagonalmethode mit Fixpunkten nur noch der in constructiver Hinsicht so bedeutungsvollen Wahrneh- mung Raum zu geben, laut der sich Originalgerade und perspectivische Flucht immer in einem Punkte der Fundamentallinie schneiden. Der Vortragende lieferte den Nachweis, dass durch dieses Zeichenverfahren selbst perspectivische Terrainkarten leicht herstellbar sind, und verwies auf den Nutzen solcher nicht nur für den Maler, sondern auch für den Interessenten der Militärwissenschaft. Sodann wendete sich derselbe den frei perspectivischen, also malerischen, Malschulen zu. Er zeigte, wie man bei gegebenem Augpunkte und einem perspectivisch rechten Winkel den Diagonalpunkt, die Theilungspunkte und die Distanz ermitteln könne, verwies auf die Nothwendigkeit der Beibehaltung der einheitlichen Distanz bei der Darstellung ver- schiedener perspectivischer Rechtwinkel, zeigte das Vergrößern perspectivischer Skizzen unter Zugrundelegung eines aliquoten Theiles der angetragenen Bilddistanz, besprach die Zurückführung perspectivischer Entwürfe u. dgl. m. Seine Ausführungen konnten bei der Zuhörerschaft den Glauben erwecken, dass es wohl möglich sei, Perspective, selbst in weiterem Kreise der Anwendung, in verhältnissmäßig kurzer Zeit zu lehren und zu bewirken, dass die Lernenden auch thatsachlich richtig und gewandt construiren können. - Am 5. December v. J. sprach Custos Dr. Leisching über die Plastik zur Zeit des Wiener Congresses. Der Vortragende schilderte zunächst die Aufgaben, welche der bevorstehenden Wiener Congress-Ausstellung gesetzt sind, und entwarf sodann ein Bild der geistigen und künstlerischen Strömungen, welche die Kunst des ersten Viertels des