sich dicht und scheinbar ununterbrochen gegen Norden hin- ziehen, ein Schloß, ein kleines juwel österreichischer Architek- tur verborgen liegt. Erst wenn er einer abzweigendcn Wald- straße folgt, sieht er sich nach einiger Zeit an ein Tor heran-l geführt, durch das die Straße in den Wald hincinläuft. Die schlichten Torpfeilcr tragen jeder die steinerne Gestalt eines niedergetanen Hirsches; das stolz erhobene Haupt mit dem weit- ausgreifenden Geweih ist aufmerksam lauschend dem Ankömrn- ling zugewandt. Dieses Tor und ein neben der Straße stehen- des einfaches Heger- oder Pförtnerhaus kündigen an, daß der Weg nicht in die freie Wildbahn, sondern auf privaten Grund- besitz weiterführt. Aber noch zieht sich die Straße ein gutes Stück durch den Forst, den alten Tiergarten, ehe man nach geraumer Zeit die weißen Mauern des Schlosses zwischen den Baumstämmen erkennen kann. Ganz unvermittelt treten dann die Baume in einem sanften Halbkreis auseinander und auf einer großen Wiese liegt hell und freundlich das Schloß. Diese Zurückgezogenheit, dieser Wunsch sich inmitten der Wäl- der niederzulassen und zwischen seiner Behausung und der übri- gen Welt einen breiten, schützenden Gürtel unberührter Natur zu wissen, entsprach dem schwarmerischen Verlangen nach Na- turverbundenheit, das einen Wesenszug jener Zeit des aus- gehenden 18. jh. ausmachte. Ganz anders verhielt es sich mit den Schlössern der voran- gegangenen Epoche des Barock. Weiterhin sichtbar angelegt, zogen sie alle Aufmerksamkeit auf sich. Damals wurden un-t serer heimatlichen Kulturlandschaft die meisten der noch heute maßgebenden architektonischen Akzente verliehen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die „schöne" Lage oder die „schöne" Aus- sicht für die Wahl des Bauplatzes von geringer Bedeutung waren. Viel realere Bindungen verknüpften Herrensitz und Land. In jener Epoche waren die Schlösser in erster Linie Demonstra- tionen des Macht- und Standesbewußtseins. Sie wurden als Sitz des Grundherm auf seinem Herrschaftsgebiet errichtet. Mit kraftvoller, selbstsicherer Gebärde sind diese Bauten in die Land- schaft gestellt, um das beherrschte Land und Eigentum zu über- blicken und um den Untertanen glanzvoll vor Augen zu sein. Das gilt in gleicher Weise für den Sommersitz wie für das Jagd- sehloß. ja, dieses war in besonderem Maße ein Ausdruck iener Rechte und Privilegien, welche den Landständen vom Landes- herrn zugestanden worden waren. Denn das jagdrecht, als Regal ein dem Landcshcrrn vorbehaltenes nutzbares Hoheits- recht, wurde von diesem bloß an die Grundherrn übertragen. - Daß die barocken Schloßbauten sich in heherrschender und in unscrcm heutigen Sinne „sehöner" Lage befinden, ist somit nur cin akzidentelles Attribut. Als Kztrlslust erbaut wurde, hatten sich die Dinge grundlegend geändert. Das Zeitalter des Barock war vorüber. Abgelöst und „überwundcn" vom Rationalismus, dessen hauptsäehlichste For- derung nach vernunftbetontcr Natürlichkeit sich auf allen Le- bensgebieten durchsetzte. Das charakteristische Kunst- und Kulturphänomen dieser Epo- chc ist der Landschaftsgarten, der in England aufgekommen war und seit 1760 in ganz Europa Schule machte. Die Begeisterung, womit man auf diese neue Mode einging und die alten, fran- zösischen Gärten umgestaltete, zeigt, wie sehr dieses Zeitpro- dukt der kulturellen Situation entsprach und den in ihr wirk- samen Wünschen entgegcnkam. Der Park war nun nicht mehr cin streng nach architektonischen Grundsätzen angelegtes Kunst- werk, das der Mensch aus der Landschaft ausgeklammert und herausgezirkelt hatte. Nun umgab eine scheinbar paradiesisch unberührte, elysisch idealisierte Natur und Landschaft das Haus. In Karlslust ging der Bauherr allerdings noch einen wesentlichen Schritt weiter. Das jagdschloß liegt in einem wildreichen Revier und wird auf allen Seiten von Wald umgeben. Diese Situation erscheint uns heute selbstverständlich, war aber damals keines- wegs die übliehe. Die berühmten jagdschlösser der Barockzeit. z. B. Fischer von Erlachs Niederweiden (Engelhartstetten), um 1693, und Hildebrandts Schloßhof, um 1725-1729, waren stets von Parks nach französischer Art umgeben. Die Natur drang nicht so nahe bis an das Schloß heran, wie es in Karlslust der Fall ist. Hier wurde nun das herrschaftliche Schloß erstmals mitten in die „Wildnis" der unberührten Natur gestellt, die früher in respekvoller Distanz gehalten wurde. Auch der vielgerühmten und immer wieder betonten „Ver- edlung und Vereinfachung des Geschmacks", wurde bei diesem Bau ein sehr vernehmliches und deutliches Wort gesprochen. Der ganze Formenreichtum des Barock, lebensstark und fröh- Abb. 5. I Aquurull uns Schloß Kurlslusl. bcnlclmel: 16 Mars ms. F. PL-Fürsiin Jcllphllll Äudrlpnrg n. um". Slzhlahlmmer im Wlonnr Palnl: ulhrnnd nlncr Krank- mn, 9mm: v... Ilurcm (am-m, mm Km um. pnr du Kind. Ihr Großnoflo Vlnxnnx Äulrlplrg. - Obwohl das Blld zwanzig Jnhru ruch der Erbqu. unq von Kurlslusa IIIÖSQIIIÄ, lzßmmf In dlciem I'm. rlnur lmmlr noch 1m. kühl: Nüclullrnhcll xur G-l.