AUSTRIA GLORIOSA DER BAROCKE FRIZSKIZNZYKLLWS ANTONIO BEDLZZIS IM NIEDEROSTERRETCHISCHEN LANDHAUS Von RUPERT FEUCHTMÜLLER „Der erste Eintritt in das niederösterreiehische Landhaus zu Wien ist der Saal, wo den Besuchern ein Bild der österreichi- schen Größe vor Augen zu stellen ist, damit das Gemüt im Wege der Sinne zur Achtung eines Volkes erhoben werde, welches vor anderen in Europa und Asien durch Ansehen und Macht blühenden Völkern schon lange hervorragt, denn mehr Land besitzen die Österreichischen Könige im westlichen Amerika, als das römische Reich in der übrigen Welt einstens erlangte; daher es ohne österreichische Schätze und Kräfte dahin gekommen wäre, daß die höchste Majestät der Kaiser schon längst aus ihrer Höhe herabgestürzt läge." So schreibt der um 1654- in Mailand geborene venezianische Conte Giovanni Comazzi, nach dessen Programm die Wölbung des niederösterreichischen Landtagssaales ihren Freskenschmuek erhielt. Comazzi, dem bereits mit 31 jahren der Titel eines kaiserlichen Historiographcn verliehen wurde, haue sich durch seine historischen Schriften, in denen er die l-leldenlalen Leo- polds I. verherrliehte, die besondere Gunst des Monarchen er- worben. Das Loblied auf Österreichs Größe, das er den Ständen für ihren Festsaal überreichte, war sein letztes Werk. Ein Jahr Abb. 1. Europa. Detail aus dem Dxkenfresko nach der künstlerischen Verwirklichung dieses Programmes starb er am 28. März 1711. Der Sitzungssaaal, dessen Neugestaltung damals beschlossen, nimmt nahezu den ganzen Quertrakt des Landhauses gegen den Minoritenplatz zu ein. Er befindet sich über der gotischen Tor- halle und war vermutlich noch von Anton Pilgram in seiner An- lage geplant worden. Die Wölbung wurde 1551 begonnen und die Renaissance-Dekoration zwei Jahrzehnte später fertigge- stellt. (lurten und kreisförmige Tondi unterteilten die weite nie- dere Wölbung dieses mächtigen Saales, dessen Decke nun für ein barockes Programm bestimmt wurde. „Im höheren und weiteren Raume der Wölbung", so fährt Comazzi fort, „welche im Angesiehte liegt, soll die Vor- sehung in Gestalt einer in Wolken thronendcn Königin ge- malt werden." „Zu den Füßcn der Vorsehung muß die Attstria im Markgrafen- mantel gemalt werden, mit gebeugten Knien und in einer huldi- genden, den Markgrafshut nehmenden Stellung, welcher durch ein geflügeltes Kind, nach der Sitte auf einem seidenen Kissen dargereicht wird; ein anderes Kind trage die Ehrenzeichen Oster- reiehs (nämlich Lerchen) im Schilde eingegraben; und es wird auch nicht unpassend sein, den Mantel mit gesticktcn Lerchen zu zieren, wie es dem Gesehmaeke des Malers gefallen wird." „Auch sind in der Luft zwei Genien anzubringen, einer, welcher die erzherzoglichen rot- und weißen Insignien, der andere, wel- cher den römischen Adler auf einer Fahne entfaltet; immerhin die größeren Geschenke der Vorsehung für Österreich." „Die markgraflichen Insignien sind vor dem Schmucke der Erz- herzoge, Könige und Kaiser zu halten, weil Österreich natür- lich an die Grenze Deutschlands gegen Ungarn gestellt ist; Österreich ist ein Grenzzeichen, was im Deutschen March ge- nannt wird, und was in Natur besteht, muß jenem vorgezogen werden, was wir durch Wissenschaft erlangen, oder was durch Zufall erreicht wird." „In den zwei kleineren, seitlichen Räumen desselben Gewölbes werden die Ehre und der R.uf, in Posaunen blasend, abgesondert gemalt, und es werde bei der Fama auf das Posauncntuch geschrieben: ,Ich setze keine Grenze den Dingen, noch der Zeit', und bei der Posaune der Honor werde gelesen: ,Ein Reich habe ich ge- geben, ohne Endef" „Damit wir den Österreichern nicht zu sehmeicheln scheinen, sind in den vier Ecken des Gewölbes die vier Wcltteile: Europa, Afrika, Asien und Amerika anzubringen, welche mit dem Finger auf Landkarten zeigen, was von den Österreichern in der Wirk- lichkeit, nicht der Fabel nach, besessen wird; und weil sie kein Reich in Asien besitzen, so zeige dieses auf das gestürzte Kreuz, und crflehe sich, in Ketten gefesselt, von österreichischen Kräf- ten die Freiheit, auf daß nicht Syrien, welches das Vaterland Gottes, des Menschen und unserer rechtgläubigen Religion ist, in der Sklaverei der Barbaren verbleibe." „Weil man aber auf den Karten von Europa, Afrika und Amerika die österreichischen Länder nicht herausheben und unterschei- den kann, wird es deutlicher sein, wenn die übrigen Räume des ganzen Gewölbes mit fliegenden Knaben ausgefüllt werden, welche Kronen und Hüte der Fürsten und Könige in den Händen zeigen, und auf jeder einzelnen der Name des Reiches oder des Landes geschrieben wird, welche wirklich der österreichischen Herrschaft unterstehen."